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Phantom

Phantom

Titel: Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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Sicherheitsbeamten handelte. Er musterte mich mit undurchdringlicher Miene.
    »Woher wußte die Presse, daß ich hierherkommen würde?« fragte ich.
    »Wie bitte?« Die Sekretärin trug ein Tweedkostüm und sah aus wie eine englische Landadelige.
    »Woher haben die Reporter erfahren, daß ich eine Verabredung mit dem Gouverneur habe?«
    »Tut mir leid, das weiß ich nicht.«
    Ich ließ mich auf einem zierlichen Zweiersofa mit blaßblauem Seidenbezug nieder. Die Tapete war in dem gleichen Pastellton gehalten, das Mobiliar antik, gestickte Staatswappen zierten die Stuhlkissen. Zehn qualvolle Minuten vergingen. Dann öffnete sich eine Tür, und ein junger Mann kam lächelnd auf mich zu.
    »Dr. Scarpetta, der Gouverneur läßt bitten.« Er stellte sich als Norrings Pressesprecher vor, ein feingliedriger, blaßhäutiger, hellblonder Mann, der einen blauen Anzug trug. »Ich bedauere, daß Sie warten mußten. Das Wetter ist wirklich unglaublich. Soviel ich gehört habe, sollen die Temperaturen in der kommenden Nacht auf zehn Grad unter Null sinken. Die Straßen werden morgen früh spiegelglatt sein.«
    Er führte mich durch mehrere geschmackvoll eingerichtete Räume, in denen Sekretärinnen an Computern saßen und Hausboten geduldig auf Arbeit warteten. Dann klopfte er an eine imposante Tür, drehte den polierten Messingknopf nach rechts, trat beiseite und schob mich, die Hand leicht auf meinem Rücken, in das Allerheiligste des mächtigsten Mannes von Virginia.
    Gouverneur Norring saß hinter einem Schreibtisch aus Nußbaumholz in einem Ledersessel. Ihm gegenüber standen zwei Stühle, und ich wurde aufgefordert, auf einem davon Platz zu nehmen, während der Gouverneur die Lektüre des Schriftstücks fortsetzte, das er in der Hand hielt »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« fragte mich der Pressesprecher.
    »Nein, danke.«
    Er verließ das Zimmer und zog lautlos die Tür hinter sich zu. Der Gouverneur legte das Schriftstück auf den Tisch und lehnte sich zurück. Er war ein distinguiert wirkender Mann mit einem interessanten Gesicht – eine imponierende Erscheinung. George Washington maß in einer Zeit, als die Männer im allgemeinen sehr viel kleiner waren als heute, einen Meter achtzig, und auch Gouverneur Norring überragte die meisten seiner Zeitgenossen, und er besaß zudem in einem Alter, da andere Männer grauhaarig oder kahl werden, volles dunkles Haar.
    »Dr. Scarpetta, ich habe über einen Weg nachgedacht, dieses Feuer zu löschen, bevor es außer Kontrolle gerät.« Er sprach in den weichen Kadenzen des geborenen Virginiers.
    »Ich hoffe sehr, daß es einen gibt, Gouverneur.«
    »Dann erklären Sie mir bitte, weshalb Sie nicht bereit sind, mit der Polizei zu kooperieren.«
    »Ich möchte mich vorher von einem Anwalt beraten lassen, wozu ich bisher noch keine Gelegenheit hatte. Ich würde das nicht als mangelnde Kooperationsbereitschaft betrachten.«
    »Das ist selbstverständlich Ihr gutes Recht«, sagte er langsam, »aber der Wunsch nach anwaltschaftlichem Rat macht die Wolke des Verdachts, die über Ihnen schwebt, noch dunkler. Darüber müssen Sie sich klar sein.«
    »Im Augenblick wird ohnedies alles, was ich tue, gegen mich verwendet, und ich bin entschlossen, mir Beistand zu holen.«
    »Haben Sie Zahlungen an Ihre Assistentin Susan Story geleistet?«
    »Nein, Sir, das habe ich nicht. Ich habe mir nichts vorzuwerfen.«
    »Dr. Scarpetta«, er beugte sich vor und faltete die Hände auf dem Tisch, »soviel ich weiß, weigern Sie sich, die Unterlagen herauszugeben, anhand derer die Richtigkeit Ihrer Aussage überprüft werden könnte.«
    »Ich bin nicht davon unterrichtet worden, daß ich eines Verbrechens beschuldigt werde. Es hat mir niemand meine Rechte vorgelesen, und ich habe auf keines meiner Rechte verzichtet. Ich hatte, wie gesagt, noch keine Möglichkeit, mir anwaltschaftlichen Rat zu holen, und ich habe im Moment nicht die Absicht, mein berufliches und privates Leben vor der Polizei oder sonst jemandem auszubreiten.«
    »Mit anderen Worten: Sie lehnen es ab, Einblick in die relevanten Unterlagen zu gewähren.«
    Wenn ein Staatsbediensteter des Interessenkonflikts oder einer anderen Form unethischen Verhaltens beschuldigt wird, hat er nur zwei Möglichkeiten: die Offenlegung des geforderten Materials – oder die Kündigung. Letzere gähnte vor mir wie ein Abgrund, und ich war sicher, daß der Gouverneur vorhatte, mich in die Tiefe zu stoßen.
    »Sie sind Chief Medical Examiner dieses

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