Pharmakon
bekomme.
Der Aufsichtsbeamte nahm Adams Ticket und sah, ohne ein Wort zu sagen, im Computer nach. »Wir tun unser Bestes, aber, wie ich schon sagte, der Flug ist ausgebucht.«
Adam wußte nicht, was er tun sollte. Jacob würde offensichtlich um seinetwillen keine außerordentlichen Anstrengungen machen. So stand Adam da und versuchte zu überlegen, was er nun tun könne. Dann lief er zur Telefonzelle zurück und rief Harvey Hatfield, einen alten Freund aus seinen College-Tagen, an. Harvey hatte sein Jura-Studium beendet und arbeitete bei einer großen Wall-Street-Gesellschaft. Ohne in Details zu gehen, erzählte Adam Harvey, seine Frau würde eine Abtreibung durchführen lassen, und er wolle sie daran hindern.
Harvey schien zu glauben, er mache Spaß. »Weshalb rufst du dann eine Gesellschaft an, die sich in Gesellschaftsfusionierungen spezialisiert hat?« fragte er.
»Gott noch mal, Harvey, ich meine es ernst.«
»Nun, du wendest dich besser an jemanden, der sich in Prozeßfragen spezialisiert hat. Versuch doch mal Emmet Redford. Er ist ein Freund meines Vaters.«
»Danke«, sagte Adam, als sein Flug, der Flug, auf dem er zu sein hoffte, über Lautsprecher angekündigt wurde. Er legte den Hörer auf und rannte zum Schalter zurück, wo er sich praktisch auf die Dame warf, die er zuerst angesprochen hatte.
»Bitte, Fräulein, ich muß einfach mit diesem Flugzeug fliegen. Meine Frau bekommt ein Baby, und es wird sterben, wenn ich New York nicht rechtzeitig erreiche.«
Zum erstenmal hatte Adam den Eindruck, daß jemand Mitleid mit ihm empfinde. Das Mädchen starrte in seine verzweifelten Augen und sagte: »Ich setze Sie ganz oben auf die Standby-Liste.«
Adam gestattete sich ein wenig Hoffnung, aber ein paar weitere Passagiere kamen außer Atem an und bekamen ihre Bordkarten ausgehändigt. Dann tauchte ein stattlicher Mann mit einem Walkietalkie auf. Er ging durch die Einstiegstür und zog sie hinter sich zu.
»Mr. Schonberg«, rief Carol, die Dame der Fluglinie.
Adam stürzte zurück zu dem Schalter, aber Carol schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber das Flugzeug ist absolut voll. Es gibt überhaupt keine Standby-Tickets.«
Niedergeschlagen ließ sich Adam auf einen Sessel fallen. Er konnte draußen das Heulen der Jetmaschinen hören. Dann öffnete sich die Tür zum Einstiegskorridor wieder, und eine Stewardeß erschien, die einen Finger hochhielt.
Das Mädchen wandte sich Adam zu. »Scheint so, als ob es doch einen freien Platz gibt, er ist aber im Nichtraucherteil. Wollen Sie ihn nehmen?«
*
Unglücklicherweise war die Empfangsdame, die Jennifer in der Julian-Klinik begrüßte, das gleiche Mädchen, die geholfen hatte, Cheryl Tedesco einzuweisen. Als sie Karen Krinitz in ihrer weißen Bluse und dem blauen Pullover sah, erinnerte sich Jennifer wieder an die ganze schreckliche Geschichte. Karen jedoch verhielt sich so, als ob sie sich nie gesehen hätten. Sie begrüßte Jennifer und ihre Mutter mit dem gleichen mechanischen Lächeln.
»Hallo! Ich bin Karen. Ich bin Ihnen zugewiesen worden. Ich bin dazu da, Ihnen zu helfen, wenn Sie irgendwelche Fragen oder Probleme haben. Wir möchten, daß Ihr Aufenthalt so angenehm wie möglich wird, also rufen Sie mich bitte, wenn Sie irgend etwas brauchen.«
»Nun, ist das nicht nett«, sagte Mrs. Carson, aber Jennifer hatte das seltsame Gefühl, sie habe diese gesamte Ansprache schon einmal gehört - Wort für Wort.
Karen fuhr fort und erklärte ihnen die Grundsätze der Julian-Klinik. Als sie fertig war, dankte ihr Mrs. Carson enthusiastisch und sagte: »Ich bin mir nicht sicher, daß ich hiernach je wieder mit dem Englewood-Memorial-Krankenhaus zufrieden sein werde. Man kümmert sich hier so sehr um den Patienten.«
Jennifer nickte. Die Klinik kümmerte sich gewiß um die Patienten. Und dennoch störte Jennifer Karens Sprache. Sie hatte das Gefühl, ihre Rede sei ein bißchen zu vorbereitet gewesen, als sie sie das erste Mal gehört hatte.
Jennifer seufzte. Sie kam zu der Einsicht, die Geschichte mit Cheryl rege sie immer noch zu sehr auf. Wen interessierte es schon, wenn eine Frau eine Begrüßung auswendig aufsagte, die sie bei allen Patienten hersagen mußte?
»Geht es dir gut, mein Liebes?« fragte Mrs. Carson.
»Ich bin in Ordnung, Mutter«, sagte Jennifer, während sie beobachtete, wie Karen den Korridor hinunterging. »Danke, daß du heute mit mir gekommen bist. Das ist für mich sehr wichtig.«
Mrs. Carson rückte zu ihr hinüber und
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