Pharmakon
kolumbianischen Pathologen gegeben und war langweilig bis zur absoluten Verblödung. Adam bemerkte, daß eine Reihe von Ärzten dösten, und fragte sich, ob sie sich nur langweilten oder unter Drogen stünden. Der zweite Vortrag wurde von Dr. Goddard gegeben und war weit interessanter. Adam bemerkte, wie sich eine Reihe Ärzte in ihren Sitzen aufsetzten. Goddard faßte ein kürzlich durchgeführtes Experiment zusammen, das bewies, fötales Gewebe werde bei Injektion in Erwachsene nicht abgestoßen. Man vermutete, das fötale Gewebe habe noch keine Antigene entwickelt, die stark genug wären, um eine Antikörper-Reaktion auszulösen. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für die Therapie seien unermeßlich. Die Wiederansiedelung von Insel-Zellen in der Bauchspeicheldrüse von Diabetikern war nur eine der revolutionären Möglichkeiten.
In der Kaffeepause ging Adam in seine Kabine zurück, holte die Marlboro-Stangen und machte sich auf den Weg zum Promenadendeck. Er wartete, bis niemand mehr in Sichtweite zu sein schien, ging dann zu der Barriere und trat durch die Tür. Jose wartete bereits. Er trug eine Leinentasche über der Schulter, und die Stangen verschwanden darin in Windeseile. Zumindest er steht nicht unter Drogen, dachte Adam und gab ihm den Zehn-Dollar-Schein zurück.
Verwirrt betrachtete der Seemann die Note, als ob mit ihr etwas nicht stimme.
»Ich habe ein Geschäft vorzuschlagen, das Sie nicht abschlagen können«, sagte Adam. »Ich werde Ihnen Zigaretten beschaffen, wenn ich von Ihnen Essen und Wasser bekomme.«
Jose zog die Augenbrauen hoch. »Was ist denn mit dem Essen auf Ihrer Seite los? Ich dachte, es sei ziemlich phantastisch.«
»Ein Teil des Geschäfts ist keine Fragen«, sagte Adam. »Ich werde Sie nicht fragen, was Sie mit so vielen Zigaretten machen, und Sie fragen mich nicht, was ich mit den Lebensmitteln mache.«
»Einverstanden«, sagte Jose. »Wann wollen Sie mich wieder treffen?«
»Um vier Uhr heute nachmittag, ich hätte aber jetzt schon gerne etwas zu essen.«
Jose warf einen Blick über die Schulter und bedeutete Adam dann, ihm zu folgen. Sie gingen bis an die Schottüre vor, die Jose leise öffnete. Nachdem er sichergestellt hatte, daß sie alleine waren, führte Jose Adam zu seiner Kabine im Bauch des Schiffes hinunter. Sie war wie eine Gefängniszelle. Es gab eine Dusche und eine Toilette ohne Tür, und die Luft war schwer mit dem Geruch von Schweiß und schalem Zigarettenrauch.
Jose sagte Adam, er solle es sich bequem machen, und lachte über seinen eigenen Witz, als er die Kabine wieder verließ. Adam betrachtete die Koje und setzte sich darauf.
Innerhalb von fünf Minuten kehrte Jose mit einer Plastiktasche voller Lebensmittel zurück, einschließlich Brot, Käse, Obst und Saft. Er gab Adam das Ganze, der auf einen leeren Behälter in der Ecke des Zimmers deutete und Jose bat, ihn am Waschbecken aufzufüllen.
»Haben Sie hier das gleiche Wasser wie im übrigen Schiff?« fragte Adam.
»Weiß ich nicht«, sagte Jose. »Ich bin kein Ingenieur.« Er öffnete die Tür und spähte hinaus. »Wir müssen vorsichtig sein. Es gibt ein paar Leute, die die Tatsache nicht gerne sehen würden, daß wir Geschäfte machen.«
Adam verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und schlich sich zu seiner eigenen Kabine zurück, in der er den Koffer öffnete und die Lebensmittel versteckte. Er stellte die beiden Saftbehälter in den Schrank und bedeckte sie mit einem schmutzigen Hemd. Als er auf die Uhr sah, erkannte er, daß er zu spät zum dritten Vortrag kommen würde, und eilte zurück.
*
Als sie sich auf dem Untersuchungstisch in der Julian-Klinik ausstreckte, war Jennifer über ihre eigene Ruhe verblüfft. Die Entscheidung, zur Klinik zurückzukehren oder nicht, war weit schwerer gewesen als ihre tatsächliche Rückkehr in das Krankenhaus. Dr. Vandermer hatte sie zu einem frühen Termin eingeplant, und sie und ihre Mutter warteten auf seine Ankunft. Er ließ sie nicht lange warten, sah aber so aus, daß Jennifer zu dem Gedanken kam, die Amniocentesis-Verwechslung habe für ihn schlimmere Folgen gehabt als für sie selbst. Vandermers Gesicht war aufgedunsen, und seine Sprache knapp und unsicher, und doch führte er den Eingriff noch angenehmer als beim erstenmal durch. Das einzige Problem für Jennifer war die Tatsache, daß sie fühlte, wie sich ihr Kind bewegte, kurz nachdem die Nadel eingeführt worden war. Das ängstigte sie, aber Dr. Vandermer versicherte ihr, es gebe
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