Pharmakon
mir ihr Knie in den Bauch, und plötzlich verlor ich das Interesse.«
»Was für eine Kreuzfahrt«, sagte Adam und nahm sein Paket auf.
»Was ist los?« fragte Jose. »Gefällt es Ihnen bei uns nicht?«
*
Als das Telefon klingelte, hatte Jennifer eine Vorahnung, es sei Dr. Vandermer. Sie hörte, wie ihre Mutter abnahm und nach einem Augenblick leise aufschrie. Da wußte es Jennifer. Sie machte sich auf den Weg nach unten, bevor sie ihre Mutter rufen konnte. Als sie die Küche betrat, hielt ihr Mrs. Carson wortlos den Hörer hin.
»Hallo, Dr. Vandermer«, sagte Jennifer und kontrollierte ihre Stimme.
»Hallo, Jennifer«, sagte er. Dann gab es eine lange Pause. »Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten.«
»Das habe ich erwartet«, sagte sie. Sie konnte spüren, wie sich Dr. Vandermer bemühte, die richtigen Worte zu finden.
»Die Fruchtwasseruntersuchung ist mit absoluter Sicherheit positiv«, sagte er. »Dieses Mal habe ich das Filtern des Fruchtwassers selbst überwacht. Die Möglichkeit eines Irrtums ist ausgeschlossen. Wir haben die gleiche durchschlagende chromosomale Abnormität vorgefunden. Ja, die Objekte sind nie wirklich vertauscht worden. Ich fürchte, Ihr Fötus muß bedeutende Abnormitäten in der Entwicklung der Geschlechtsorgane haben.«
»Oh, mein Gott«, sagte Jennifer. »Das ist ja schrecklich.«
»Das stimmt«, gab Dr. Vandermer zu. »Sehen Sie, wenn wir etwas unternehmen wollen, dann sollten wir schnell handeln.«
»Ich stimme Ihnen zu. Ich habe das alles bereits genau überlegt, und ich möchte eine Abtreibung haben. Je früher, desto besser.«
»In diesem Falle versuche ich, es für morgen zu arrangieren.«
»Danke, Dr. Vandermer«, sagte Jennifer. Dann legte sie auf.
Mrs. Carson legte ihre Arme um ihre Tochter und sagte: »Ich weiß, wie du dich fühlen mußt, aber ich glaube, du tust das Richtige.«
»Ich weiß, daß ich das Richtige tue. Ich hätte nur gern vorher mit Adam geredet.«
Mrs. Carsons Mund zog sich wütend zusammen.
»Mutter, er ist immer noch mein Mann, und ich möchte das nicht tun, ohne es ihm zu sagen.«
»Nun, Liebes, wie du es immer für am besten hältst.« Ihre Mutter verließ die Küche und ging nach oben, wahrscheinlich, um sich am anderen Telefon ihrem Gatten gegenüber über Adam zu beklagen.
Sobald sie wieder allein war, rief Jennifer in der Wohnung an, nur für den Fall, daß Adam zurückgekehrt sei. Sie ließ das Telefon zwanzigmal klingeln und wählte dann Arolen-Pharmaceuticals in Montclair, New Jersey. Als sich die Telefonzentrale meldete, verlangte sie Clarence McGuire zu sprechen. Man stellte sie nicht durch, bevor sie nicht mit seiner Sekretärin erprobt hatte, wer von ihnen die lautere Stimme besaß.
»Wie geht es Ihnen, Mrs. Schonberg?« sagte McGuire, als sie schließlich doch mit ihm verbunden wurde.
»Nicht sehr gut«, sagte Jennifer kalt. »Ich möchte wissen, wo sich mein Mann befindet.«
»Tut mir leid, aber das weiß ich selbst nicht. Er rief an und sagte, er müsse aufgrund einer familiären Angelegenheit die Stadt verlassen.«
»Sie würden mich nicht anlügen, nicht?« fragte Jennifer. »Ich dachte, Sie hätten ihn nach Puerto Rico geschickt.«
»Er hat das Angebot abgeschlagen«, sagte McGuire. »Und ich habe keinen Grund, Sie anzulügen.«
Jennifer legte äußerst verwirrt wieder auf. Sie war sich so sicher gewesen, Adam befinde sich auf einer Reise für Arolen und er habe es ihr nicht sagen wollen, daß sie Schwierigkeiten hatte, eine andere Möglichkeit zu begreifen. Spontan rief sie Adams Vater an.
»Es tut mir leid, sie zu belästigen, Dr. Schonberg«, sagte Jennifer, die den Mann noch nie zuvor angerufen hatte, »aber ich suche Adam, und ich dachte, Sie würden vielleicht wissen, wo er ist.«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, sagte Dr. Schonberg, »und Sie vor allen anderen sollten das wissen.«
Jennifer legte den Hörer auf, als ihre Mutter wieder in die Küche kam. Sie mußte Jennifers Gespräch mit McGuire gehört haben. »Sag deinem Vater besser nichts davon«, sagte sie. »Er glaubt bereits, Adam habe ein Verhältnis.«
*
Adam war nervös. Gegen sechs Uhr hatte man ihm eine weitere gelbe Kapsel gegeben, und die Stewards beobachteten ihn während des Essens überaus genau. Voller Angst, sie könnten herausfinden, daß er ihre Behandlung umging, versuchte Adam, möglichst viel von den Speisen in einer Serviette zu verstecken, damit es so aussehe, als ob er esse. Sobald wie möglich
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