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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathilda Grace
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Mum hat sich die letzten Monate ständig mit ihm und auch mit Oma gestritten. Sie wollte mir nie sagen, warum, aber sie hat immer geweint, wenn sie von ihnen nach Hause kam. Eines Tages hat sie zu mir gesagt, dass ich, was immer auch passiert, zu dir gehen soll und nicht zu ihnen. Sie meinte, dass du bestimmt böse auf sie sein würdest, aber dass du mich nicht wegschicken würdest, wie Oma und Opa.“ Kilian begann mit einem losen Faden an seiner Jeans zu spielen. „Ich hab' das nicht verstanden, bis nach ihrem Tod dieser Mann kam und das Testament vorgelesen hat. Mums Anwalt. Ich wusste nicht mal, dass sie einen hatte. Sie haben ihn angesehen und dann angeschrien. Wie das sein kann, dass ihre Tochter einem Schwulen das Sorgerecht übertragen will... Ich bin aus dem Zimmer gerannt. Sie waren so wütend auf Mum und...“ Kilian schüttelte den Kopf und starrte zu Boden. „Der Anwalt kam später zu mir auf die Bank im Park, wo Mum früher immer mit mir spielen war, und fragte mich, ob ich das überhaupt möchte. Ob ich zu dir will.“ Kilian sah ihn an. „Und ich hab' ja gesagt. Da hat er gesagt, dass er dafür sorgen wird, dass ich zu dir kann, und er hat dafür gesorgt.“
    „Kilian?“, fragte David leise, weil Colin kein Wort rausbekam, so entsetzt war er. „Was ist mit den Bildern passiert?“
    „Als wir wieder nach Hause kamen, waren Oma und Opa beim packen. Sie sagten, sie müssten sich darum kümmern, dass Mums ganze Sachen wegkommen, weil das viel Geld kosten würde, je länger es hier sei. Danach hat Mums Anwalt mich nach draußen geschickt und mit ihnen gestritten. Ich habe nicht alles verstanden, aber er nannte sie pietätlos und gefühlskalt und dass sie sich schämen sollten. Dann nahm er mich mit zu sich nach Hause, wo seine Frau sich um mich gekümmert hat. Er hat mit einer Frau vom Jugendamt telefoniert und ihr alles erzählt und ich blieb bei ihm. Drei Tage. Dann sind wir zurück zu Mums Wohnung gefahren, damit ich ein paar Sachen packen kann.“ Kilian wischte sich trotzig eine Träne aus dem Gesicht. „Sie hatten eine Tonne im Garten aufgestellt und alles verbrannt. Fotos, die Poster aus meinem Zimmer, Zeitungen und irgendwelche Papiere. Dafür lag in der Küche ein Brief. Mums Anwalt nannte es Abtrittserklärung. Er hat geflucht, als er sie gefunden hat und ist telefonieren gegangen, während ich meine Tasche gepackt habe. Am nächsten Abend hat er mich in ein Flugzeug gesetzt, mit einem Stapel Papiere für dich und etwas Geld.“
    Colin war fassungslos. „Kilian...“
    „Er wollte dich anrufen und dir Bescheid sagen, aber sie hatten ja alles verbrannt. Nur deine Adresse konnte er herausfinden, mehr nicht. Also habe ich ihm gesagt, dass ich dich finde und das habe ich.“ Kilian schniefte leise. „Sie wollten mich nicht haben. Auch wenn Mum gestorben wäre und nicht den Unfall gehabt hätte.“
    Colin kam ein furchtbarer Verdacht. Er wusste aus den Akten, dass Gwen auf regennasser Fahrbahn ins Rutschen gekommen und dann einen Abhang hinuntergestürzt war. Aber Kilians Worte hatten ihn stutzig gemacht. „Kilian? War sie krank?“
    Kilian sah ihn nur kurz an, starrte dann wieder auf den Boden und nickte. „Sie hat es mir nicht erzählt, aber ich habe die Tabletten gefunden und im Internet nachgelesen, warum sie sie nehmen musste. Außerdem habe ich den Anwalt mit seiner Frau darüber reden hören. Mum hatte Leukämie und so wie sie geredet hat... Ich glaube, dass sie auch ohne den Unfall bald gestorben wäre, und Mum wusste es. Sie wollte zuerst, dass ich bei Oma und Opa lebe, aber die wollten mich nicht haben. Keiner wollte mich haben, außer dir.“

- 5. Kapitel -

    Kilian war aus dem Wohnzimmer verschwunden, bevor Colin reagieren konnte und hätte Isabell nicht auf seiner Brust gelegen, wäre er seinem Neffen sofort nachgerannt. Doch er musste gar nichts sagen, denn David war bereits aufgestanden und Kilian hinterher, während Adrian ihm Isabell abnahm. Colin nickte dem Anwalt zu und machte dann ebenfalls, dass er Kilian nachkam. Auch wenn er keine Ahnung hatte, was er zu Kilian sagen sollte, sobald er ihn fand, aber das würde sich schon finden, hoffte Colin. Und er hoffte auch, dass er irgendwie und irgendwann eine ruhige Minute finden würde, um das, was er eben gehört hatte, sacken zu lassen. Im Moment wollte, oder besser gesagt konnte Colin sich nicht damit befassen. Seine Eltern wären mit ihrer viel zu strengen, katholischen Erziehung für ihn ohnehin nie Eltern des Jahres

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