Philadelphia Blues
sie schon kannte. Devin und Mikael waren in der Hinsicht die berühmten Ausnahmen, denn sie wussten etwas mehr über ihn. Na gut, Frank und Sally ahnten mit Sicherheit auch eine Menge und Adrian... Darüber, was dieser Anwalt alles wusste, wollte er jetzt lieber nicht genauer nachdenken. Schluss mit der Feigheit, entschied Colin und klopfte. Dass Kilian wieder wach war, hatte er bereits beim Hochkommen gesehen, da Licht durch den Türspalt fiel und deswegen wollte er nicht einfach ins Zimmer platzen.
„Ja?“, fragte Kilian und Colin öffnete die Tür.
„Kannst du nicht mehr schlafen?“ Kilian zuckte als Antwort die Schultern, was Colin einfach als positives Zeichen wertete und ins Zimmer trat, um hinter sich die Tür zu schließen und dann auf das Buch zu deuten, das Kilian in den Händen hielt. „Was liest du da?“
„Anne Rice.“
„Interview mit einem Vampir?“, fragte Colin und Kilian schüttelte den Kopf, bevor er das Buch hochhielt, sodass er den Einband sehen konnte. „Ah, Königin der Vampire. Ich fand Brad Pitt besser.“
„Pfft“, machte Kilian grinsend und klopfte neben sich aufs Bett, worauf Colin innerlich ein Stein vom Herzen fiel. „Marius ist cool und viel besser als Louis.“
Colin legte sich neben Kilian. „Und was ist mit 'Der Fürst der Finsternis'?“, fragte er weiter und schnappte sich das Buch, was von Kilian mit einem empörten „Hey!“ kommentiert wurde, bevor sein Neffe grinste und sich auf die Seite drehte.
„Ja, das habe ich auch schon gelesen. Kennst du Biss?“
„Die Glitzerfunkelvampire?“ Colin rümpfte die Nase und machte ein würgendes Geräusch, das Kilian zum Lachen brachte. „Die Teile kann Adrian gern zum verheizen in seinem Kamin haben.“
Kilians Augen leuchteten auf. „Meinst du, er macht ihn mal an?“
„Frag' ihn doch morgen einfach“, schlug Colin vor und sah auf das Buch. „Wo warst du?“
„Da.“ Kilian tippte auf den dritten Absatz der rechten Seite.
„Okay“, nickte Colin und sah Kilian von der Seite her an. „Ich hab' dir früher schon mal vorgelesen, aber ich schätze, das weißt du nicht mehr.“
Kilian schüttelte den Kopf. „Nein. Wie alt war ich da?“
„Fünf.“
„Fünf“, murmelte Kilian und rückte ein Stück näher an ihn heran. „Als ich ein Baby war, warst du da. Dann als ich fünf war und dann nochmal als ich zehn war.“ Kilian sah ihn fragend an. „Wieso alle fünf Jahre?“
Colin zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Es hat sich einfach so ergeben. Ich habe nie wirklich darauf geachtet.“
Kilian nickte. „Ich habe immer gedacht, dass du uns nicht magst, weil du nicht öfter gekommen bist.“ Colin wollte widersprechen, aber Kilian war schneller. „Es lag an Oma und Opa, nicht?“
„Ja“, gab Colin leise zu und sah zur Decke, weil er Kilians Blick nicht standhalten konnte. „Wir verstehen uns nicht, deswegen bin ich damals aus Irland weggegangen.“ Colin sah wieder zu Kilian und schüttelte den Kopf. „Aber das hatte nie etwas mit dir oder deiner Mum zu tun. Ich will, dass du das weißt.“ Kilian nickte schweigend und Colin lächelte verlegen. „Es tut mir leid, dass ich dich heute so angebrüllt habe.“
Kilian grinste schief. „Das hat David mir schon erklärt, weil ich ihn gefragt habe, ob du sauer auf mich bist.“
Colin stöhnte innerlich auf, ließ sich aber nichts anmerken. „Wir müssen dringend lernen, nicht mehr aneinander vorbeizureden.“
„Du meinst, ich soll dir lieber sagen, was Sache ist, statt dich anzuzicken?“, fragte Kilian und lachte leise, als Colin daraufhin die Augen zur Decke verdrehte. „Aber nur, wenn das auch für dich gilt.“
„Ich zicke nicht“, murrte Colin.
„Nein, du sagst gar nichts“, meinte sein Neffe daraufhin trotzig, was ihn stutzen ließ. Er kam aber nicht zu einer Antwort. „Und ich weiß nie, was ich davon halten soll, wenn du so bist.“
Oh. Colin kam ins Grübeln. Da hatte Kilian nicht Unrecht, musste er zugeben, das Problem war nur, Colin kannte nichts anderes. „Ich weiß nicht, wie ich mit dir reden soll, weil ich immer denke, dass du mich falsch verstehst und sauer wirst.“
Sein Neffe sah ihn irritiert an. „Und wie sollen wir dann lernen, uns nicht mehr misszuverstehen?“
„Gute Frage“, meinte Colin und im nächsten Moment grinsten sie sich beide an. „Wir sind schon zwei Idioten, oder?“
„Scheint so“, nickte Kilian und zog an der Decke, bis Colin sich ein Stück aufrichtete, damit sein Neffe sie unter ihm
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