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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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gegenübersaßen.
    »Passiert das oft?«
    »In B-B-Bürgerkriegen kochen die Gefühle hoch, und ansonsten vernünftige Leute bringen sich wegen ein paar Quadratmetern Erde gegenseitig um.«
    »Wie steht es mit Ihren Gefühlen?«
    »Ich bin da leidenschaftslos. Ich w-w-werde dafür bezahlt zu beschreiben, was ich sehe. Wie ist es mit Ihnen?«
    »Ich bin eigentlich keine Nationalistin, sondern eine Königstreue. Wenn ich dafür bin, dass Franco gewinnt, dann nur, weil ich erwarte, dass er die Bourbonen wieder einsetzt.«
    »Quatsch. Wenn
el Caudillo de la Última Cruzada,
zu dem sich Franco so gerne stilisiert, die Monarchie zurückbringt, hievt er seinen eigenen Arsch auf den Thron.«
    »Ich kann nur hoffen, dass Sie seine Absichten missdeuten.«
    »Was hat Sie nach Spanien verschlagen?«
    »Der Zufall. Es muss kurz nach Beginn seines Exils 1931 gewesen sein, als ich König Alfonso in London kennenlernte. Er tauchte nach einer Theateraufführung bei einer meiner Champagnerfeiern auf. Er hatte das Gesicht eines Tieres, aber das Herz eines Spaniers und redete nonstop von spanischen Stieren, spanischer Musik und spanischen Frauen. Meine Faszination für dieses Land ist aus meiner Freundschaft zu Alfonso entstanden. Als das Thema dann letztes Jahr wieder aufkam, meinte er, ich solle mir doch selbst ein Bild machen. Ich habe ihn daran erinnert, dass in Spanien ein Bürgerkrieg tobt, aber da hat er nur gelacht und gemeint, auch die Gewalt sei typisch für dieses Land. Um es kurz zu machen: Ich bin seinem Rat gefolgt und seitdem hier. Was ist mit Ihnen? Wie hat es Sie an die Küsten dieses Landes gespült?«
    »Genauso, wie es mich vor Jahren nach Wien verschlagen hat. Einige meiner Freunde aus Cambridge haben mich dazu angestiftet. Ich hab meine Bücher und meine Schallplatten verkauft, um g-g-genug Geld in der Tasche zu haben, und zunächst ein paar Monate als freier Journalist berichtet. Einer meiner Artikel ist meinen Chefs bei der
Times
aufgefallen, und sie haben mir daraufhin den Job hier angeboten. Deshalb streiche ich um Francos militärisches Hauptquartier in Salamanca herum.« English sah mich an, wie ich bisher nur selten angesehen worden war. »Und deshalb sitze ich jetzt mit der schönsten Frau Spaniens an einem Tisch.«
    »Ich wette, das sagen Sie zu allen«, hörte ich mich murmeln.
    Er lächelte unschuldig. »Zu manchen, aber bei Ihnen entspricht es der Wahrheit.«
    Wie von Zauberhand landeten Daiquiris auf unserem Tisch.
English
musste sie bestellt haben, bevor er mich zu seinem
Snake
Bite
eingeladen hatte. Hinter seinem schüchternen Lächeln verbarg sich also ein selbstgefälliger Bursche. Ich erinnere mich, dass ich ihn fragte: »Darf ich annehmen, dass Sie nicht länger fürchten, sich die Finger zu verbrennen?«
    »Das fürchte ich immer noch, aber ich lebe g-g-gerne gefährlich.«
    »Randy hat mir von Ihrem gefährlichen Leben erzählt«, sagte ich. »Er meinte, in Córdoba wären Sie beinahe an die Wand gestellt und erschossen worden.«
    »Randolph liebt es zu übertreiben.
    »Was ist in Córdoba passiert?«
    »Ich bin aus einer Laune heraus hingefahren, sah ein Plakat für einen Stierkampf und habe den Fehler gemacht, mich nicht um den erforderlichen Passierschein zu kümmern. Die Arena lag in einem Sperrbezirk. Später am Abend kamen prompt zwei mit Gewehren und Bajonetten bewaffnete Kerle von der G-G-Guardia Civil in mein Zimmer gep-p-platzt und haben meinen Koffer und meine Sachen durchsucht. Ich musste mich anziehen, und dann haben sie mich in ein Gefängnis gebracht, wo mir ein Offizier, der gar nicht gut auf die Engländer zu sprechen war, weil wir die Ehre verschmäht haben, in diplomatische Beziehungen mit Francos Nationalisten einzutreten … wo mir also dieser Offizier befahl, meine T-T-Taschen auszuleeren. In dem Moment erinnerte ich mich an ein Stück Reispapier mit Geheimcodes, das ich in der Dose mit den Verdauungspillen von Arm & Hammer bei mir trug. Hätten sie das gefunden, hätte ich ziemlich in der Tinte gesessen.«
    »Was um Himmels willen haben Sie dann gemacht?«
    »Ich habe meine Brieftasche hervorgeholt und sie auf den Tisch geworfen, und während die Kerle mit meinen Presseausweisen, Empfehlungsschreiben und so weiter zu tun hatten, habe ich das Reispapier zwischen den Fingern zu einem kleinen Ball zusammengerollt und in den Mund gesteckt, als wäre es eine Verdauungspille, auf der ich herumlutschte, bis sie sich auflöste.«
    Ich nippte an meinem Daiquiri. »Natürlich

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