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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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(was für ein fürchterlicher Ausdruck), nahmen sie die republikanischen Stellungen ein. Um die Kirchen de Santiago und Santa Teresa im Zentrum der Stadt tobten erbitterte Kämpfe. Francos
Dinamiteros
hielten heftigem Feuer stand, um die republikanischen T-26-Panzer, die sich um die Arena am Stadtrand herum eingegraben hatten, in die Luft zu sprengen. Als Teruel schließlich wieder in nationalistischer Hand war, organisierten Francos Presseleute einen kleinen Vergnügungsausflug an die Front.
    Teruel. Auch heute noch, so lange danach, lässt mir das Wort das Blut in den Adern gefrieren, nicht wegen der Schlacht, von der ich wenig mehr weiß, als in den Schlagzeilen stand. Nein, das Blut gefriert mir, weil ich fünf der Opfer vor Teruel persönlich kannte. Mit einem Mal wurde der abstrakte Bürgerkrieg so real, dass es einem den Magen umdrehte.
    Hier nun Englishs Bericht über den Ausflug nach Teruel Ende Dezember, den ich Dutzende Male gehört habe. Ich kann ehrlich sagen, bis sich unsere Wege trennten, etwa zwei Jahre nach unserem Kennenlernen, schien
English
den Tag – und vor allem die auf diesen folgende Nacht – nur überstehen zu können, wenn er wenigstens einmal von dem Ausflug berichtete: mir, den anderen Korrespondenten, durchreisenden Mitgliedern eines Parlamentsausschusses oder einem deutschen Botschaftsangestellten, nachdem dieser auf dem Klavier in der Bar
Die Wacht am Rhein
gespielt hatte.
    English fuhr zusammen mit vier Stammgästen aus der Hotelbar, Robson vom
Daily Telegraph,
Sheepshanks von
Reuters,
dem übergewichtigen und immer Diät haltenden Ed Neil von
AP
und dem sehr jungen und sehr amüsanten Fotografen Bradish Johnson von
Newsweek.
Sie kämpften sich zu fünft durch einen Schneesturm, der so dicht war, dass sie nur deshalb nicht von Straße abkamen, weil sie stur den Rücklichtern des Pressoffiziers folgten, der sich seinerseits an einen Versorgungslastwagen der Armee gehängt hatte. English trug den Mantel eines arabischen Prinzen, den ihm sein Vater geschenkt hatte. Das Ding war leuchtend grün und mit rotem Fuchsfell gefüttert. Eisige Winde heulten über das Ödland um Teruel, als die fünf durch Dörfer voller Soldaten auf dem Weg zur Front und Zivilisten auf der Flucht vor den Kämpfen fuhren. Die Gruppe legte eine Pause ein, um in der Feldküche eines Flugfeldes, das ein Stück Landstraße als Startbahn nutzte, zu Mittag zu essen. Aus dem Fenster der Toilette sah English
,
wie Soldaten das Eis von den Flügeln der Fiat-Kampfflugzeuge schlugen. Im Dorf Caudé, nordwestlich von Teruel, überredete English Francos Aufpasser, einen verwundeten Offizier interviewen zu dürfen. Als sie an einem Brunnen vorbeikamen, sah English hinein und stellte fest, dass er mit Toten gefüllt war. Ob es sich um Zivilisten oder Soldaten handelte, konnte er nicht erkennen, da sie mit Schnee bedeckt waren. Das kurze Gespräch, das er mit dem verwundeten Offizier führte, wurde vom Lärm der etwa hundert Meter entfernten Geschützbatterien übertönt, mit denen die Nationalisten die republikanischen Linien beschossen.
    Ein Stück hinter Caudé hielt English
,
der am Steuer saß, an einer Schneewehe, um sich neben einem toten Pferd zu erleichtern, dessen gefrorene Beine in den Himmel ragten. Seine Beschreibung, wie er sich die Hose mit den Handschuhen aufzuknöpfen versuchte, treibt mir immer noch die Tränen in die Augen. Am Ende zog er einen Handschuh aus, öffnete die Knöpfe und schlüpfte gleich wieder in den Handschuh hinein, weil er Angst hatte, die Finger könnten ihm erfrieren. Als er zurück zu ihrem zweitürigen Auto kam, musste English feststellen, dass sein Platz besetzt war. Bradish schüttete Rum in Blechtassen. »Komm raus aus der Kälte«, rief er. English ging auf die Beifahrerseite und quetschte sich hinter Sheepshanks Lehne hindurch auf die Rückbank neben Ed Neil. Offenbar war gerade eine Diskussion darüber im Gang, ob die Winter in Aragon kälter waren als eine Hexentitte, aber da noch niemand Erfahrung mit Hexentitten gemacht hatte, blieb die Frage unbeantwortet. Bradish ließ den Motor aufheulen, um die nicht sehr leistungsfähige Heizung zu aktivieren. Bevor er jedoch einen Gang einlegen konnte, wurde das Auto wie von einer Riesenhand in die Luft gehoben und zurück auf den Boden fallen gelassen. English hörte die Explosion der republikanischen Granate nicht, die neben der Motorhaube eingeschlagen war (wie ihm hinterher gesagt wurde). Er erinnerte sich später nur an die

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