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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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gerippten Rollkragenpullover trug und dazu eine hochgeschnittene Hose wie Marlene Dietrich in Edna Chases
Vogue.
Es war unten in der Bar des Hotels, und er trug einen bequemen Kordanzug mit Krawatte, saß am Klavier und schmetterte Cole Porters
Let’s do it, let’s fall in love.
Eine Traube Auslandskorrespondenten samt Freundinnen stand um ihn herum. Wer das Lied kannte, sang einige Zeilen mit:
Moths in your rugs do it, what’s the use of moth balls?
Als sich das Meer der Leute teilte, fiel sein Blick auf mich. Das Lied brach ab. English stand auf und schob sich zu mir durch. »Ich bin dafür b-b-bekannt, eine ganz p-p-passable Parodie unseres guten Monarchen George VI. zu liefern. Wir stottern b-b-beide. Soll ich mal?«
    »Nein.«
    »Ah, Vorsicht vor Schauspielerinnen, die einen Groll gegen dich hegen. Ihnen hat das mit der Armeslänge und dem Fingerverbrennen kürzlich nicht gefallen.«
    »Nein, hat es nicht.«
    »Kann ich das wiedergutmachen? Mit einem
Snake Bite?
«
    »Einem Schlangenbiss?«
    »Das ist ein Drink. Aus einem Glas. Mit einem Strohhalm, wenn Ihnen das lieber ist.« Er hielt mir seine Pfote hin. »Philby. Kim Philby.«
    Ich sah auf seine Hand, als wäre sie die Schlange, die mich beißen wollte, gab dann aber lachend nach und nahm sein Angebot an. »Randy Churchill hat mir erzählt, wer Sie sind. Sie schreiben für Geoffrey Dawson. Ich erinnere mich an Ihren Artikel über Francos Einnahme von Gijon. Der Sonderkorrespondent, der diesen Artikel geschrieben hat, das waren doch Sie? Es ging um Handtücher, die als Zeichen der Kapitulation in den Fenstern hingen, um leere Läden und eine stumme Bevölkerung. Man hätte meinen können, Sie wären dabei gewesen.«
    »War ich auch. Ich habe nur beschrieben, was ich gesehen habe.« Ihm wurde bewusst, dass er immer noch meine Hand hielt, und er ließ sie abrupt los. »Ich weiß auch, wer Sie sind«, verkündete er etwas ungeschickt. »Frances Doble, von ihren Freunden ›Bunny‹ genannt, um die fünfunddreißig, wenn auch niemand zu wissen scheint, ob noch drunter oder schon drüber. Verwöhnte Tochter eines kanadischen Bankers, Exfrau eines nachgeordneten Baronets und umschwärmte Film- und Theaterschauspielerin, die an der Seite von Matinee-Liebling Ivor Novello die Hauptrolle in Noël Cowards
Sirocco
gespielt hat. Laut
Picture Show
haben Sie eine ganz ausgezeichnete Figur.« Er gönnte sich einen langen, frechen Blick auf meinen Körper. »Ich würde sagen die
P-P-Picture Show
hat die Sache voll erfasst.«
    »Ihre Hausaufgaben haben Sie gemacht.«
    Er lächelte. Von uns beiden hatte English das gewinnendere Lächeln, ein Lächeln, mit dem er auch den eisigsten Groll zum Schmelzen bringen konnte. »Hausaufgaben sind mein Beruf«, sagte er.
    Ich wollte die Unterhaltung unbedingt in Gang halten und fürchte, dass ich zu faseln anfing. »Ivor hat mich in
Sirocco
um den Tisch gejagt, zu Boden gestreckt und sich mit leidenschaftlich kreisenden Hüften auf mich gelegt. Lieber Gott im Himmel, sie hatten mir gesagt, dass er auf Jungs stehe, aber auf der Bühne hatte ich einen anderen Eindruck. Ich konnte seinen Pfannenstiel zwischen den Beinen spüren.«
    »Sie müssen mir unbedingt mehr über Ivor Novellos Pfannenstiel erzählen«, sagte English
,
fasste meinen Ellbogen und schob mich auf einen leeren Tisch in der hinteren Ecke der Bar zu.
    Ein Mann, den ich noch nie gesehen hatte, pöbelte English an. Er stellte sich ihm in den Weg und legte ihm seine bebende Hand auf die Brust. »Sie sind ein Strolch, Philby«, sagte er ziemlich laut. Er stank nach Alkohol und lallte etwas. »Ich habe Ihre Artikel gelesen, in denen Sie behaupten, Guernica sei von Republikaner-Minen und nicht von den Brandbomben der Faschisten zerstört worden. Sie verraten Ihre Freunde aus Cambridge, die in den republikanischen Schützengräben sterben. Sie verraten die große demokratische Idee dieses Jahrhunderts. Sie stehen auf der falschen Seite der Geschichte.«
    Ich sah, wie sich Englishs rechte Hand zur Faust ballte, und dachte, er werde dem Mann einen Schlag versetzen. Er sagte aber nur: »Sie sind betrunken.« Er blieb ruhig, schob sich an ihm vorbei und zog mich hinter sich her. Wobei er sich noch einmal kurz umdrehte: »Ich bin noch genau der, der ich immer war«, sagte er.
    »Und wer soll das sein?«, rief uns der Mann nach.
    »Der Sohn meines heiligen Vaters«, sagte English so leise, dass nur ich es hören konnte.
    »Tut mir l-l-leid«, sagte er, als wir einander

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