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Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition)

Titel: Philby: Porträt des Spions als junger Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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»Philby, ich komme Sie heute Abend um sechs abholen.« »Aber wir wollten doch erst Dienstag wieder spielen?«, sagte English verschlafen. Del Vals hysterisches Gackern drang aus dem Hörer. »Es geht hier nicht um Pelota, das Sie sowieso nie richtig lernen werden. Generalissimo Franco wird Ihnen für Ihre heldenhaften Taten auf dem Schlachtfeld im Kampf gegen den gottlosen Kommunismus einen Orden an die Brust heften.«
     
    English und ich stritten darüber, ob ich ihn begleiten sollte. Er bestand darauf, ich wollte nicht, gab dann aber nach, und wenn auch nur, um dem großen Führer, der die Monarchie in Spanien wieder einführen würde, die Hand schütteln zu können. Abends wartete del Val ungeduldig in seinem schwarzen Mercedes auf der elliptischen Hotelzufahrt, hinter sich einen ganzen Konvoi von Wagen mit Journalisten. Er schien leicht aus der Fassung gebracht, als er mich an Englishs Arm sah, aber ich kletterte schnell hinten in den Wagen, bevor er etwas sagen konnte. Mürrisch den Kopf schüttelnd, setzte sich del Val auf den Platz neben seinem Fahrer. Eine Polizeieskorte begleitete uns bis zu Francos Palast in Burgos, den er als Wohnung und Kommandozentrale nutzte. Am Ende rannten wir fast durch eine ganze Abfolge enorm großer Räume voller Armee- und Luftwaffenoffiziere, die wie Schulkinder an kleinen Tischen saßen, und kamen auch durch einen Ballsaal, in dem Künstler auf Gerüsten die Deckenfresken restaurierten. Endlich gelangten wir in eine Art Vorzimmer, in dem English von grob aussehenden Männern in völlig identischen schwarzen Anzügen durchsucht wurde. Mich durchsuchte eine Frau, deren Schild sie als Gesundheitsoffizierin auswies. (Es machte ihr nichts aus, mir vor all den Männern die Brüste abzutasten.) An den Wänden des fensterlosen Raumes, in den wir anschließend geschoben wurden, hingen militärische Karten. Eine Gruppe Journalisten sammelte sich hinter uns. Drei Männer in Uniform beugten sich über einen großen Tisch, auf dem ebenfalls eine Karte lag, und ich begriff, dass der Kleinste von ihnen Generalissimo Franco persönlich war. Del Val hustete in seine Manschette. Franco sah auf, unsicher, was von ihm erwartet wurde, worauf ein junger Offizier mit goldener Adjutantenlitze zu ihm trat und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
»Pensé que iba a venir mañana«,
sagte Franco mit lauter Stimme. Del Val sagte:
»Hoy, excelencia.«
Franco zuckte mit den Schultern:
»Entonces, ¡vamos!«
Der junge Offizier gab Franco eine kleine hölzerne Schachtel. Franco öffnete sie und holte ein rotes militärisches Verdienstkreuz heraus. Der Generalissimo kam quer durch den Raum zu English
,
stellte sich auf die Zehenspitzen und heftete ihm den Orden mit einigen Schwierigkeiten an die Brusttasche des Kordjacketts. Blitzlichtgewitter flammte auf, und Franco murmelte sich durch eine kurze Rede, von der ich nicht ein Wort verstand. English dankte dem Generalissimo auf Englisch. Del Val übersetzte seine Worte Satz für Satz ins Spanische. Franco nickte und schüttelte English die Hand. Wieder blitzte es. English wollte mich vorstellen: »Ich möchte Ihnen meine Freundin, die kanadische Filmschauspielerin Frances …«, aber da wandte sich Franco bereits wieder ab und ging zurück zu seiner Karte.
    Am Abend gab es eine improvisierte kleine Feier in der Kellerbar des Grand Hotels. Korrespondenten aus etwa einem Dutzend Länder drängten sich um English
,
jeder mit dem Exemplar einer lokalen oder regionalen Zeitung, auf der das Bild eines eindeutig verlegen grinsenden English prangte, der vom »Caudillo« dekoriert wurde. Bill Carney von der
New York Times
fragt English nach seinem Eindruck von Franco. »Um die Wahrheit zu sagen, war die S-S-Sache vorbei, k-k-kaum, dass sie angefangen hatte«, antwortete er. »Hatte nicht die Möglichkeit, mir einen Ei-Eindruck zu verschaffen.« Randy Churchill schlug English auf die Schulter. »Gut gemacht, alter Junge. Da werden Sie eine Gehaltserhöhung von Ihren Chefs beim SIS bekommen. Die werden begeistert sein, einen ihrer Leute Franco die Hand schütteln zu sehen. Das öffnet Türen, die bis dahin verschlossen waren. Die nationalistischen Generäle werden Sie in ihre Kartenräume holen und Ihnen die Stellungen ihrer Truppen zeigen. Beim Jupiter, jeder Geheimdienst dieser Welt würde das als großen Coup ansehen.«
    English tat die Andeutung, er könne für den SIS arbeiten, mit einem Lachen ab. »Ich arbeite für keinen Geheimdienst, schon gar nicht für den der

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