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Philippas verkehrte Welt

Philippas verkehrte Welt

Titel: Philippas verkehrte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schroeder
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hierbleibst«, raunte ich Limette ins Ohr. So hatte ich wenigstens auch meiner Familie gegenüber einen guten Grund, jeden Tag in die Marillenstraße zu fahren. Auf diesen einen einzigen Punkt war meine Notfallliste für Limette nämlich inzwischen leider zusammengeschrumpft, und weil ich den mühelos im Kopf behalten konnte, hatte ich sie kurzerhand in viele kleine Schnipsel zerrissen und im Papierkorb versenkt.
    Bevor ich mich für meine letzte Nacht in diesem Bett rüstete, räumte ich mein Zimmer noch einmal richtig auf und sortierte dabei all die Dinge, die ich im Laufe der Zeit von Mariel geschenkt bekommen hatte oder die mich an sie erinnerten, in einen Schuhkarton – darunter das kleine süße Knuddelglücksschwein aus ihrem Italienurlaub und die abgerissene Kinokarte vom Hanni-und-Nanni-Film, den wir uns im Winter zusammen angeschaut hatten.
    Â»Du hast es nicht anders gewollt«, sagte ich und verstaute den Karton in der hintersten Ecke meines Kleiderschranks. Danach fühlte ich mich – zumindest ein bisschen – besser.
    Doch als ich eine gute halbe Stunde später im Dunkeln mit unter dem Kopf verschränkten Armen im Bett lag und in den Sternenhimmel hinaufstarrte, erging es meinem Herzen so wie nachmittags meiner Zunge: Es fühlte sich wie ein steinharter Felsklumpen an.
    Limettes leises Schnurren drang in mein Ohr und ich spürte ihren warmen Körper an meiner linken Wade.
    Â»Bitte, lieber Gott, lass es nicht das letzte Mal sein«, flüsterte ich. »Bitte, bitte!«

Ein Paradies auf Erden
    Ich gab es ja nicht gerne zu, aber die von Helsingsche Villa war wirklich der Hammer. Sie lag etwas abseits des Stadtteilviertels Kaiserswerth auf einer Anhöhe, inmitten eines gigantischen Parks und hatte ein kleines Wäldchen und eine malerische Burgruine im Rücken.
    Das Gästehaus befand sich ein wenig unterhalb der Villa. Es hatte eine eigene Zufahrt und einen eigenen Garten, der von einer mannshohen Buchsbaumhecke umgeben war.
    Mein Vater parkte den Transporter seitlich des Hauses an einem Nebeneingang, stellte den Motor aus und wandte sich zu uns um.
    Â»Wir werden übrigens nicht allein dort wohnen«, sagte er.
    Na toll! Ich war sehr gespannt, welche Details er uns noch so verschwiegen hatte.
    Â»Im Gästehaus gibt es drei Wohnungen«, fuhr er mit einem strahlenden Lächeln fort. »Und wir bekommen die größte.«
    Krister und Josefine sprangen jubelnd aus dem Auto, und während mein Bruder die hellgelb getünchte Fassade und die blank geputzten weißgerahmten Sprossenfenster bewunderte, flitzte Josi von einer Pflanzenstaude zur nächsten, um sie zu umarmen und ihnen den Kuschelmuschelhasen vorzustellen.
    Ich stieg etwas langsamer aus, setzte meine Füße zögernd auf den feinen grauen Kies und dachte an Limette, die vor einer Dreiviertelstunde noch nichts ahnend in unserem Innenhof mit einer Vogelfeder gespielt hatte.
    Â»Wer lebt denn noch hier?«
    Â»Eine Wohnung steht leer«, sagte Papa. »Für eventuelle Gäste, die nicht im Haupthaus untergebracht werden können. Und in der anderen lebt die Köchin mit ihren beiden Kindern.«
    O wow!, dachte ich. Diese Margarethe von Helsing schien ja ein großes Herz zu haben, wenn sie einen Teil ihres Personals auf ihrem Grundstück wohnen ließ. Hoffnung keimte in mir auf. Vielleicht war sie ja doch nicht so übel, wie ich befürchtet hatte.
    Â»Wie alt sind denn die Kinder?«, wollte Josefine wissen.
    Â»Ã„lter als du«, antwortete eine Stimme, und einen Lidschlag später trat ein dunkelhäutiges Mädchen aus dem Nebeneingang zu uns in die Sonne heraus. Sie trug Jeans, Flip-Flops und ein knallrotes ärmelloses T-Shirt. Bunte Perlenarmbänder türmten sich an ihrem rechten Unterarm bis fast zum Ellenbogen hinauf. Auf ihrem Kopf kringelten sich winzige schwarze Locken und ihre großen Zähne blitzten mit ihren dunklen Augen um die Wette.
    Â»Ist dir nicht kalt?«, fragte ich erschrocken.
    Â»Nein«, erwiderte sie, sprang auf mich zu und hielt mir ihre Hand entgegen. »Hey, ich heiße Nneka und ich bin letzte Woche zwölf geworden.«
    Â»Hey«, sagte ich und ergriff zögernd ihre Hand. »Und ich bin …«
    Â»Ich weiß: Philippa.« Sie lachte mich an. »Frau von Helsing hat uns schon ein bisschen über euch erzählt. Na komm«, forderte sie mich auf. »Ich zeige dir eure neue

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