Phillips Susan Elizabeth
war.
Das Leben wäre um einiges einfacher gewesen, wenn sie einen Bruder wie Aaron gehabt hätte. Mehr als alles hatte sie sich immer einen großen Bruder gewünscht, der auf sie aufpassen würde.
In den letzten Stunden war sie viel zu beschäftigt gewesen, um sich Gedanken darüber zu machen, was sie Georgie erzählt hatte, aber als sie in der Tür stand und alles um sie herum ruhig war, merkte sie, dass sie gar nicht die erwartete Panik empfand. Georgie war so etwas wie ihr schlimmster Feind, aber selbst Georgie hatte nicht gesagt, Chaz sei eine fürchterliche Person. Wenn schon ihre ärgste Feindin sie nicht als Schmutz betrachtete, vielleicht sollte dann auch Chaz ihren Blickwinkel verändern. Eins war jedenfalls sicher. Sie konnte keine Lügen mehr über ihre Vergangenheit erzählen und so tun, als wäre das alles nicht passiert, nicht, nachdem sie vor der Kamera die Wahrheit ausgeplaudert hatte. Chaz rechnete fest damit, dass Georgie das Video in You Tube stellen würde.
Und wenn sie es tat?
Chaz dachte lange über all das nach, was sie durchgemacht hatte. Immerhin hatte sie überlebt. Sie lebte noch und hatte diesen großartigen Job. Wenn sie alle die Nase rümpften, dann war das deren Problem, nicht das ihre. Die ganze Zeit über hatte sie sich vorzumachen versucht, es habe die Vergangenheit nicht gegeben, aber sie hatte stattgefunden. Offenbar war sie bereit, sie nicht länger zu verbergen, denn sonst hätte sie nicht mit Georgie gesprochen.
Sie schielte auf das Bücherregal, wo sie die ungeöffneten Arbeitsbücher zur Vorbereitung auf die GED-Tests verstaut hatte, die Bram ihr gegeben hatte. Er hatte ihr erklärt, dass viele Menschen nur mit einem GED-Abschluss aufs College gingen. Er selbst habe es auch so gemacht, nur dass kaum jemand wusste, wie viele Kurse er über die
Jahre belegt hatte. Aufs College zu gehen, hatte Chaz nicht vor, aber sie wollte unbedingt die Restaurant- und Kochfachschule besuchen, und dazu musste sie die GED-Tests bestehen.
Offenbar hatte sie mehr Lärm gemacht als gedacht, denn Aaron regte sich. Wenn er doch nur nicht so ein Dickschädel wäre. Wenn er ihre Ratschläge annähme, dann würde Becky ihn sicher mögen, dessen war sie sich sicher.
»Was willst du?«, brummelte er.
Sie trat ans Bücherregal. »Ich konnte nicht schlafen. Ich brauch was zum Lesen.«
»Dann nimm es und geh.«
Sie fand es gut, dass er endlich wie ein richtiger Mensch und nicht mehr wie ein Trottel sprach. »Das ist meine Wohnung.«
»Geh schlafen, hörst du.«
Anstatt sich das Buch zu holen, setzte sie sich ihm gegenüber in den Sessel und schlug ihre nackten Füße unter. »Und wenn wir nun SARS kriegen?«
»Das ist höchst unwahrscheinlich.« Er setzte sich auf, gähnte und rieb sich ein Auge. Bis auf seine Schuhe war er noch immer vollständig angezogen. »Aber schaden kann es nicht, das Geschirr, das Lance und Jade benutzen, zu desinfizieren.«
Sie schlang ihre Arme um die Knie. »Ich kann gar nicht glauben, dass Lance Marks und Jade Gentry im Haus sind.« Aaron setzte seine Brille auf und steuerte ihre Küche an. Sie stand auf und folgte ihm. »Die einzige Berühmtheit, die Bram je einlädt, ist Trevor. Er ist ein ganz toller Typ und alles, aber ich möchte mehr berühmte Leute wie ihn kennen lernen. Ich wünschte mir, Megs Papa würde mal vorbeikommen.«
Er nahm sich ein Glas Wasser. »Und was ist mit Georgie?«
»Die ist mir doch egal.«
»Du bist so verdammt eifersüchtig.«
»Ich bin nicht eifersüchtig!« Sie drehte sich zur Tür um.
»Ich denke nur, sie sollte zu Bram etwas netter sein.« »Er ist derjenige, der netter zu ihr sein sollte. Sie ist so toll, aber er weiß das gar nicht zu schätzen.«
»Ich gehe jetzt zu Bett. Iss mir nicht mein Essen weg.«
»Du glaubst, ich könnte schlafen, nachdem du mich aufgeweckt hast?«
»Das ist dein Problem.«
Am Ende schauten sie sich gemeinsam einen von Trevors Filmen an. Sie hatte ihn bereits drei Mal gesehen und schlief deshalb an die Couchlehne gekuschelt ein.
Als sie am Morgen wach wurde, entdeckte sie Aaron, der am anderen Ende schlief. Für einen Moment lag sie einfach nur da und überlegte, wie großartig es war, sich sicher zu fühlen.
Georgie graute vor dem Morgen, weshalb sie, als Bram, ihr nicht alkoholkranker Ehemann, aufstand, ihr Gesicht im Kissen vergrub. Er riss eine der Balkontüren auf, um die Morgenluft hereinzulassen, aber selbst als er ihr Hinterteil tätschelte, rührte sie sich nicht. Warum einen Tag
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