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Philosophenportal

Titel: Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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»Victor Eremita« an. Es bezeichnet die Existenz des Einzelnen,
     der alle sozialen Bindungen zugunsten einer unmittelbaren Beziehung zu Gott opfert.
     
    Mit
Entweder   – Oder
, so schrieb Kierkegaard später, wollte er zeigen, dass man auch auf Dänisch ein bedeutendes Werk schreiben kann. Und in der
     Tat machte das 1843 erschienene Buch in Kopenhagen derart Furore, dass Kierkegaard von der Presse den Spitznamen »Entweder   – Oder« erhielt. In der dänischen Öffentlichkeit wurde er eine bekannte, zuweilen belächelte, aber auch eine wegen seiner
     spitzen Feder gefürchtete Figur.
    Entweder   – Oder
ist das berühmteste Buch Sören Kierkegaards und das Eingangsportal zu seiner Philosophie geblieben. Es wurde |148| zum Auftakt einer Reihe dicht aufeinander folgender Schriften, die alle in dem Jahrzehnt von 1840 bis 1850 entstanden. Während
     sie in Dänemark heftige Diskussionen auslösten und großen Einfluss auf das geistige Leben des Landes ausübten, wurden sie
     im übrigen Europa erst im frühen 20.   Jahrhundert entdeckt. Nun sah man in dem dänischen Theologen des frühen 19.   Jahrhunderts den Modernen, der die Verantwortung des Menschen für sein Leben betont, aber sich auch mit jenen Widersprüchlichkeiten
     und Zerrissenheiten der menschlichen Existenz beschäftigt hat, die inzwischen ins öffentliche Bewusstsein gedrungen waren.
    Besonders einflussreich wurde Kierkegaard für die Existenzphilosophie. Seine These, dass der Mensch ein Selbst, eine Identität,
     nur durch ein Bewusstsein der Freiheit und ein bewusstes Verhältnis zur Zeit entwickeln kann, wurde nicht zuletzt in Martin
     Heideggers berühmtem Werk
Sein und Zeit
aufgegriffen. Auch die französischen Existentialisten wie Jean-Paul Sartre und Albert Camus hatten ihren Kierkegaard im philosophischen
     Gepäck. Dass eine dichterische Philosophie wie die Kierkegaards auch Einfluss auf die Literatur hatte, verwundert nicht: In
     Ibsens Dramen, in den Gedichten Rilkes und den dunklen Parabeln Kafkas hat sie unter anderem ihre Spuren hinterlassen.
    Mit
Entweder   – Oder
hat Kierkegaard nachdrücklich in Erinnerung gebracht, dass das Leben kein rein theoretisches Problem ist und dass der einzelne
     Mensch mit seinen Lebensentscheidungen nicht aus der Philosophie ausgeblendet werden darf.
     
    Ausgabe:
    SÖREN KIERKEGAARD: Entweder   – Oder. Übersetzt von H.   Fauteck. München: dtv 2000.

|149| Das Buch vom Wa(h)ren Wert
    KARL MARX: Das Kapital (1867-1894)
    Die Karriere eines philosophischen Buches ist ebenso wenig vorhersehbar wie der Werdegang eines Menschen. Wie oft stehen wir
     staunend vor der Tatsache, dass der unscheinbare und nur mäßig intelligente Banknachbar unserer Schulzeit wie ein Komet aufgestiegen
     und ein allseits präsenter Prominenter geworden ist? Wie oft registrieren wir überrascht, dass ein ehemals belächelter Außenseiter
     nun im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht? Bei vielen Menschen entgehen uns offenbar auf den ersten Blick Eigenschaften
     und Fähigkeiten, die einen vorher kaum für möglich gehaltenen gesellschaftlichen Erfolg begründen können.
    Auch philosophischen Klassikern sieht man den Grund ihres Erfolges und ihrer Wirkung nicht immer gleich an. So ist
Das Kapital
, das voluminöse Hauptwerk von Karl Marx, beim ersten Hinsehen eher geeignet, Leser abzuschrecken als anzuziehen. Wie konnte,
     so fragt man sich, ein dreibändiges, zweitausendfünfhundert Seiten starkes Werk, in dem es um komplizierte ökonomische Zusammenhänge
     geht und das gespickt ist mit Tabellen, Kalkulationen und Zahlen, ein Buch also, das sich anscheinend hervorragend zum Ladenhüter
     eignet, zu einem der einflussreichsten und meist diskutierten Bücher der Moderne werden?
    Das Kapital
machte in der Tat große Karriere: Es wurde im späten 19. und im gesamten 20.   Jahrhundert nicht nur zur Grundlage der Philosophie des Marxismus, sondern legte auch das theoretische Fundament einer politischen
     Massenbewegung, die unter den Fahnen der sozialistischen und kommunistischen Parteien eine radikale Veränderung der Gesellschaftsordnung
     anstrebte.
    |150| Es ist wohl genau diese politische Sprengkraft, die dieses Werk einzigartig gemacht und wesentlich zu seinem Erfolg beigetragen
     hat.
Das Kapital
sollte nicht nur Theorie, sondern auch praktisches Werkzeug, eine Waffe im politischen Kampf sein. Es atmet nicht den Geist
     eines reflektierenden Denkers, sondern den eines militärischen Strategen, der einen Angriff

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