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Philosophenportal

Titel: Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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rebellischsten: »Wer jaget hinterdrein mit wildem Ungestüm? Ein schwarzer Kerl
     aus Trier, ein markhaft Ungetüm . . . Geballt die böse Faust, so tobt er sonder Rasten, als wenn ihn bei dem Schopf zehntausend
     Teufel fassten.« So dichtete der junge Friedrich Engels über den Studenten Marx. Seine politische Haltung verbaute ihm auch
     eine akademische Karriere. Also heuerte Marx nach seinem Studium als Journalist an. Die journalistische Arbeit beförderte
     die Entwicklung seiner politischen Philosophie, indem sie ihn zwang, sich intensiver mit den Problemen der Wirklichkeit auseinander
     zu setzen.
    Das frühe 19.   Jahrhundert erlebte ungeheure soziale und politische Umbrüche. Industrialisierung, Bevölkerungsexplosion und Landflucht führten
     immer wieder, in Folge der Französischen Revolution, zu Forderungen nach demokratischen Verfassungen und sozialen Reformen.
     Die Gesellschaft schien im Eiltempo neue Ressourcen und Reichtümer zu erschließen, aber auch eine Schicht neuer Lohnsklaven
     zu erzeugen: die Industriearbeiterschaft. Die »soziale Frage« wurde nun auch zum Thema der Philosophie.
    Hegel hatte bereits für die moderne, vom Privateigentum geprägte, arbeitsteilige Gesellschaft den Begriff »bürgerliche Gesellschaft«
     eingeführt und auch schon die zentrale Rolle der Arbeit für die Entwicklung dieser Gesellschaft gesehen. Doch er blieb, im
     philosophischen Sinne, ein »Idealist«, das heißt, er maß den ideellen, also den ideen- und kulturgeschichtlichen Entwicklungen
     in Religion, Kunst, Recht und Philosophie die entscheidende Bedeutung bei. Der »Geist« war für ihn der Akteur in der Geschichte.
     Für Marx dagegen lagen die Antriebskräfte der Geschichte in den »materiellen«, das heißt den ökonomischen Prozessen einer
     Gesellschaft. Nicht das »Bewusstsein« bestimmt nach Marx das »Sein«, sondern umgekehrt, |153| das »Sein« bestimmt das »Bewusstsein«. Marx wurde zu einem philosophischen »Materialisten«, der für sich in Anspruch nahm,
     Hegel vom Kopf auf die Füße gestellt zu haben.
    Um diesen Anspruch einzulösen, musste er sich in die ökonomischen Gesetzmäßigkeiten einarbeiten. Marx war das Kind eines wissenschaftsgläubigen
     Zeitalters, das sich auf die Fahne geschrieben hatte, metaphysische Spekulationen durch akribische empirische Forschung zu
     ersetzen. Den frühen Theoretikern des Sozialismus warf er deshalb vor, sie hätten ihre Theorien auf Utopien und Träumereien
     gegründet. Er hingegen wollte sich auf wissenschaftliche Analysen stützen.
    Nachdem Marx wegen politisch unliebsamer Artikel seine Arbeit als Redakteur in Preußen aufgeben musste, begann er mit seinen
     ökonomischen Studien Ende 1843 in Paris. Das erste wichtige Zeugnis dieser Beschäftigung sind die so genannten
Pariser Manuskripte
von 1844, in denen die Spuren der Hegelschen Philosophie noch sehr deutlich sind. »Arbeit« und »Entfremdung«, zwei Begriffe,
     die bei Hegel eine große Rolle spielten, werden bei Marx nun »materialistisch«, das heißt ökonomisch, gedeutet. Marx stellt
     die Bedeutung der freien und schöpferischen Arbeit für die menschliche Selbstverwirklichung heraus: In der Arbeit wird der
     Mensch erst zum Menschen. Die Lohnarbeit dagegen, die auf einem Verkauf der Arbeitskraft beruht, ist die Wurzel der menschlichen
     Entfremdung.
    Auch die messianische Idee einer Erfüllung der Geschichte übertrug er auf die Welt der Arbeit und der Produktion. Eines der
     berühmtesten Zeugnisse dieser neuen Geschichtsphilosophie ist das
Manifest der Kommunistischen Partei
, das Marx zusammen mit Engels verfasste und das im Revolutionsjahr 1848 erschien.
    Hier wird die Geschichte als eine Abfolge von Klassenkämpfen zwischen der jeweils herrschenden und der jeweils beherrschten
     Klasse dargestellt, die in jeder Gesellschaftsform neu entbrennen. Doch jede dieser Gesellschaftsformen erzeugt, nach Hegelschem
     Modell, aus sich heraus die Kräfte, die zu ihrer Überwindung führen. In der modernen kapitalistischen Gesellschaft ist dies
     die Industriearbeiterschaft, das Proletariat, das sich in einem Kampf mit dem |154| besitzenden Bürgertum, der Bourgeoisie, befindet. Dem Proletariat fällt die Rolle des neuen Messias zu. Mit der proletarischen
     Revolution, der Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft, entsteht nun nicht mehr eine neue Form der Unterdrückung und
     des Klassenkampfes, sondern sie führt zur Überwindung jeder Art von Klassenherrschaft in der

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