Philosophenportal
weiß doch, was man hat;
Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen,
Kann sich nach Lust in Lieb’ und Wein berauschen.
Geld ist nicht nur ein bequemes Zahlungsmittel, es ist der Hexenmeister des Kapitalismus. »Da dem Geld nicht anzusehn, was
in es verwandelt ist«, schreibt Marx, »verwandelt sich alles, Ware oder nicht, in Geld.« Der Kapitalismus ist das System,
in dem für Geld alles zu haben, in dem also alles käuflich ist. Wenn man versteht, wie die durch Arbeit geschaffenen Werte
sich unter dem Mantel des Geldes wundersam vermehren, ohne dass derjenige, der arbeitet, davon profitiert, hat man durchschaut,
was in der Hexenküche des Kapitalismus passiert.
Entscheidend ist dabei die Verwandlung von Geld in Kapital, in einen, wie Marx sagt, »selbst verwertenden Wert«, der sich
im Prozess der Warenzirkulation ständig vermehrt. Nicht der Kreislauf W-G-W, also Ware-Geld-Ware, sondern der Kreislauf G-W-G,
Geld-Ware-Geld, ist für den Kapitalismus typisch. Der Kapitalist kauft Ware und verkauft sie wiederum für mehr Geld. Dieses
sich ständig vermehrende, sich »selbst verwertende« Geld nennt Marx »Kapital«. Der Sinn oder Unsinn des Kapitalismus besteht
in der rastlosen und unendlichen Kapitalvermehrung. Der Wert des Kapitals, so Marx, »hat die okkulte Qualität erhalten, Wert
zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.«
Den Mehrerlös aus dem Verkauf einer Ware, also die Grundlage für die ständige Vermehrung des Kapitals, nennt Marx »Mehrwert«.
Doch wo liegt sein Ursprung? Natürlich kann man eine Ware immer teurer verkaufen, als man sie eingekauft hat. Marx hat aber
eine Ware im Auge, die immer und konstant mehr wert ist, als sie kostet. Diese |159| Ware ist die Arbeitskraft, die sich der Kapitalist auf dem »freien« Arbeitsmarkt kauft. In ihr und nicht im Markt liegt der
Quell aller Warenwerte.
Auf den ersten Blick sind der Kauf und Verkauf der Arbeitskraft nichts anderes als eine Vereinbarung zwischen zwei gleichwertigen
Partnern: Der eine gibt etwas, der andere bezahlt dafür. In Wahrheit jedoch gibt der Arbeiter mehr, als er an Lohn zurückerhält.
Der Kapitalist bezahlt für die geleistete Arbeit gerade so viel, dass sich der Arbeiter seine eigene Arbeitskraft erhalten
kann. Doch in der vom Arbeiter hergestellten Ware steckt mehr Wert, als der Kapitalist für die Ware Arbeitskraft bezahlt hat.
Es gibt einen Wertüberschuss, einen Mehrwert, den sich der Kapitalist aneignet. Dieser Mehrwert ermöglicht die Kapitalbildung,
indem die Ware für einen höheren Preis auf dem Markt verkauft wird. Der Arbeiter verkauft dem Kapitalisten also, um in dem
von Marx gewählten Bild zu bleiben, ein Huhn, aber er erhält dafür nur den Preis einiger Eier. Im Mehrwert drückt sich die
Ausbeutung des Arbeiters aus. »Der Arbeiter«, so Marx, »produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, (als
eine) ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht.«
Die Abhängigkeit der kapitalistischen Warenproduktion von jeweils privaten Profitinteressen führt nach Marx dazu, dass im
Rahmen der gesamten Volkswirtschaft nicht planmäßig, sondern anarchisch produziert wird. Produziert wird nicht in erster Linie
das, was gebraucht oder als sinnvoll erachtet wird, sondern das, was die meisten Profite verspricht. Das Kapital ist auf unablässiger
Suche nach neuen Absatzmärkten. Der Kapitalismus ist wie ein gefräßiges Tier, das nicht mit normalen Mahlzeiten zufrieden
ist, sondern jeden Happen verschlingt, der ihm vor die Zähne kommt.
Dabei überfrisst sich das Tier regelmäßig und muss deshalb von Zeit zu Zeit Diät halten, sprich: Der Kapitalismus ist gekennzeichnet
durch Phasen mittlerer Produktionstätigkeit, aber auch durch Phasen der Überproduktion und Konjunkturerhitzung, denen wiederum
Phasen der Stagnation folgen, in denen die Produktion gedrosselt werden muss und zahlreiche Arbeiter entlassen werden. Es
ist ein System, das ständig seine eigenen Krisen produziert. In einem entwickelten |160| Stadium, so Marx, treten diese Krisen etwa alle zehn Jahre auf. Die Gesetze des Kapitalismus sind die Gesetze eines beständigen
Auf und Ab, bei denen der Mensch nicht Akteur seines eigenen Geschicks, sondern Opfer ist.
Doch diese Krisenzyklen allein führen noch nicht zum Ende des Systems. Entscheidend ist vielmehr der grundsätzliche Widerspruch
zwischen der Art, wie produziert wird,
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