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Philosophenportal

Titel: Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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Band   1885 und den dritten 1894 herausgab.
    Das Kapital
ist keine einfache, aber auch keine trockene Lektüre. Als Philosoph spürt Marx überall den Gesetzmäßigkeiten hinter den Erscheinungen
     nach, zieht Vergleiche zu anderen Lebensbereichen und würzt seine Darstellung mit teilweise deftigen Kommentaren. Er erweist
     sich als begnadeter Polemiker und als versierter Stilist, der den Leser immer wieder mit anschaulichen Bildern und mit Zitaten
     aus der Literatur verblüfft. Vor allem der erste Band, der auch als der philosophisch wichtigste und einflussreichste gilt,
     zeigt die unverwechselbare Handschrift des Schriftstellers Marx.
    Marx beschreibt eine Gesellschaft, die vom Gegensatz zwischen der Arbeiterschaft, dem Proletariat, und den Kapitalisten, der
     Bourgeoisie, bestimmt ist. Der Proletarier schafft durch seine Arbeit Werte, der Kapitalist eignet sie sich an und macht mehr
     daraus, er »verwertet« sie. Der Proletarier ist in der Geschichte der Arbeit ein neuer Typ. Er ist in dem, was er arbeitet
     und wie er arbeitet, nicht mehr an mittelalterliche Zunftregeln gebunden und – im Gegensatz zum traditionellen Handwerker
     – verfügt er auch über keine Produktionsmittel mehr. Er besitzt nichts außer seiner Arbeitskraft, die er auf dem Markt verkaufen
     muss. Der Kapitalist hingegen ist im Besitz aller Produktionsmittel, wozu neben Fabriken, Maschinen, Rohmaterial usw. auch
     die Arbeitskraft des Proletariers gehört.
    Diese Gesellschaft, in der Arbeiter und Produktionsmittel getrennt werden, ist nach Marx die Folge von Entwicklungen, die
     sich über mehrere hundert Jahre in Europa vollzogen haben. Das Proletariat entstand, indem große Teile der Landbevölkerung
     nach und nach enteignet wurden, in die Städte abwanderten und sich dort ein neues Reservoir an Arbeitskräften bildete. Andererseits
     sammelte sich aus Pacht, Handel, aus den Erlösen des Kolonialismus, aber |157| auch durch ein von Banken finanziertes Kreditwesen ein Grundkapital in den Händen weniger, das die industrielle Produktion
     im Großen ermöglichte. Beide Vorgänge bezeichnet Marx mit dem Begriff der »ursprünglichen Akkumulation«, das heißt einer Anhäufung
     von freien, ungebundenen Arbeitskräften auf der einen und von privatem Kapital auf der anderen Seite.
    An den Beginn seines Buches setzt Marx eine Analyse der Ware, die er als die »ökonomische Zellenform« des Kapitalismus bezeichnet.
     Die kapitalistische Gesellschaft ist eine Warengesellschaft. Nur durch Warentausch und Warenzirkulation kann der Kapitalist
     seine Profite erwirtschaften. Hinter der Art und Weise, wie Warenwerte entstehen, verbirgt sich das Geheimnis des Kapitalismus:
     »Eine Ware«, so Marx, »scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, dass sie
     ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeiten und theologischer Mucken.« Jede Ware hat nach Marx einen
     Gebrauchswert und einen Tauschwert. Der Gebrauchswert bemisst sich an ihrer Nützlichkeit, also an dem Material, aus dem sie
     besteht, und ihrer Verwendbarkeit.
    In der kapitalistischen Marktgesellschaft wird die Ware jedoch vornehmlich an ihrem Tauschwert bemessen, der sich in Geld
     ausdrückt. Der Tauschwert ist der eigentliche Warenwert. Im Tauschwert, das heißt im Verhältnis von Waren zueinander, spiegelt
     sich nach Marx in »phantasmagorischer Form« das Verhältnis, in das die Arbeiter durch ihre Arbeitsleistung zueinander treten.
     Die Ware wird damit zu einer Art Fetisch, weil ihr Eigenschaften zugesprochen werden, die im Grunde Eigenschaften menschlicher
     Verhältnisse sind.
    Marx schildert den Weg, den das Arbeitsprodukt, die Ware, in der kapitalistischen Gesellschaft zurücklegt, wie einen religiös-mystischen
     Wandlungsprozess, einen Prozess, den das
Kapital
entschleiern und aufklären will. Der Weg von einer Ware zur anderen führt über das Geld. Die Ware wird verkauft und mit dem
     Erlös wird eine andere Ware gekauft. Der Kapitalismus zeichnet sich nun dadurch aus, dass das Geld selbst zu einer Ware wird,
     die in den Warenaustausch eingebracht wird und sich dort vermehrt. Geld schafft einen Wertmaßstab, |158| der sich auf alle Waren ausdehnen lässt und damit den unmittelbaren Tauschhandel zwischen konkreten Produkten überflüssig
     macht, eine Rolle, die schon Mephistopheles im zweiten Teil von Goethes
Faust
ironisch kommentiert:
    Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt,
    Ist so bequem, man

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