Phobia: Thriller (German Edition)
die alte Mrs. Livingstone erzählt hatte, musste Wakefield selbst einmal Patient des Royal Marsden Hospitals gewesen sein. Dort hatte man sich auch an einen ehemaligen Patienten erinnert, auf den die Beschreibung des Narbenmannes zutraf – laut Aussage des Personals sei sein Name John Reevyman gewesen –, doch rätselhafterweise gab es weder eine Krankenakte noch eine Eintragung in die Patientendatei der Klinik.
Auch sonst schien es einen Mann dieses Namens nie gegeben zu haben. Ein John Reevyman tauchte in keinem Personenstandsregister auf. Aufgrund der fehlenden Fingerabdrücke, die wie alle übrigen Verbrennungen an seinem Oberkörper von einem schweren Unfall herrühren mussten, gestaltete es sich weiterhin schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die wahre Identität dieses Mannes herauszufinden. Denn es gab auch keine Vermisstenmeldung, die auf einen Mann mit seiner Beschreibung zutraf.
Ja, es war, wie Hiob selbst gesagt hatte: Er war ein Niemand – und offenbar hatte er alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, dass dies auch so blieb.
Was die junge Frau auf dem Foto betraf, das Hiob Sarah hatte zukommen lassen, liefen die Nachforschungen noch. Man hatte das Bild in der Presse veröffentlicht, aber bislang hatte sich niemand gemeldet.
Nach einer Weile kehrte Sarah in die Küche zurück und trat zu Mark ans Fenster. Auf ihrem Gesicht stand Erleichterung zu lesen.
»Wie geht es ihm?«
Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Er ist über den Berg, sagt der Doktor. Seit heute Morgen ist er wieder bei Bewusstsein. Wenn es so gut weitergeht, kann er vielleicht schon nächste Woche aus dem Krankenhaus entlassen werden.«
»Das freut mich«, sagte Mark und berührte sie an der Schulter.
Sarah nickte, griff nach seiner Hand und sah dann zu Gwen und den Kindern in den Garten hinaus.
»Wenn ich doch nur wüsste, was ich jetzt tun soll«, sagte sie leise. »Ich fühle mich so zerrissen. Wie soll ich mich Stephen gegenüber verhalten? Ich bin so maßlos wütend auf ihn. Und gleichzeitig habe ich Mitleid mit ihm. Was muss er durchgemacht haben … Ich glaube, ich liebe ihn noch immer. Trotz allem. Klingt das verrückt?«
Mark drückte ihre Hand. »Nein, überhaupt nicht. Ihr solltet miteinander reden, sobald es ihm besser geht. Versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden.«
»Das hätten wir schon viel früher tun sollen.« Sie sah zu Harvey hinaus, der lachend auf dem Rücken lag und mit Armen und Beinen einen Schneeengel formte. »Viel leicht wäre dann all das nicht passiert. Wenn wir wirklich eine glückliche Familie gewesen wären, hätte uns dieser Verrückte vielleicht in Ruhe gelassen. Dann hätte es für ihn keinen Grund gegeben, sich in unser Leben einzumischen.«
»Da wäre ich mir nicht sicher«, sagte Mark.
»Wieso?«
»Er wollte unbedingt an Stephens Stelle sein. Selbst als er sich das Leben genommen hat, trug er Stephens Kleidung. Als ob er dadurch in die Haut deines Mannes schlüpfen und seine Rolle einnehmen konnte. Ihr hattet etwas, worum er euch beneidet hat. Und wer weiß, vielleicht habt ihr es ja noch immer?«
Sie ließ ihn los, wandte sich von ihm ab und ging zur Küchenzeile. Mark sah, wie sie sich mit dem Handrücken über die Augen wischte, ehe sie sich wieder zu ihm umdrehte.
»Möchtest du noch Tee?«, fragte sie, um das Thema zu wechseln.
»Nein danke«, sagte er und stellte die leere Tasse auf dem Tisch ab. »Ich werde mich jetzt wieder auf den Weg machen. Mein Flug geht in ein paar Stunden, und ich muss noch meine Sachen packen.«
»Was wirst du tun, wenn du wieder in Deutschland bist?«
»Es gibt einige Dinge, die ich noch in Ordnung bringen muss, und dann werde ich mir einen neuen Job suchen.«
»Wirst du in Frankfurt bleiben?«
»Offen gestanden, habe ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Aber ich glaube, ein Tapetenwechsel würde mir ganz guttun.«
Sie lächelte ihn an. »Vielleicht kommst du ja nach London zurück? Unsere Tür steht jederzeit für dich offen, das weißt du.«
Er ging zu ihr und küsste sie auf die Wange, woraufhin Sarah ihn in die Arme nahm. Aus dem Garten drang das Lachen der Kinder zu ihnen, und wieder musste Mark an ihre gemeinsame Jugend denken. An den Tag, an dem sie ihm von ihrem Stipendium erzählt hatte. Von dem Neuanfang, den ihr der Brief der Universität versprochen hatte.
Nun war es ähnlich.
»Danke«, flüsterte sie. »Danke für alles.«
»Ich bin immer für dich da.«
Sarah begleitete ihn zur Tür, wo sie sich
Weitere Kostenlose Bücher