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Phönix

Phönix

Titel: Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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nach unten. Tatsächlich, meine Handfläche blutete immer noch, und das Blut lief an Bannbrecher herab, der mir aus der linken Hand baumelte, und tröpfelte langsam auf die weißen Fliesen. Ich drehte die Handfläche nach oben, und Bannbrecher erwachte zum Leben, wie er es schon dann und wann getan hatte, und reckte sich auf wie ein Yendi kurz vorm Zuschlagen. Ein Klingeln lief mir durch die Hand den Arm hinauf, und während ich zusah, hörte die Wunde auf zu bluten und schloß sich zu einer leicht rosafarbenen Narbe.
    Ich hatte keine Ahnung, daß Bannbrecher so was konnte.
    Sorgfältig wickelte ich ihn mir wieder um den linken Arm und fragte: »Soll ich hier mal wischen?«
    »Vielleicht später.«
    Ich suchte nach Anzeichen von Humor in ihrem langen, merkwürdigen Gesicht, doch fand ich keine. Allerdings erkannte ich, was ihr Gesicht so alt aussehen ließ: ihre Augen lagen zu hoch. Nicht viel, müßt ihr verstehen, aber ihr Nasenrücken lag so ein kleines bißchen niedriger im Gesicht als bei einem Menschen oder Dragaeraner. Je länger ich hinsah, desto eigenartiger wirkte es. Ich wandte mich ab.
    »Warum bist du hergekommen?« fragte sie.
    Ohne sie anzusehen antwortete ich: »Um Fragen zu stellen.«
    »Mancher mag das für anmaßend halten.«
    »Je nun, so bin ich halt.«
    »Anscheinend. Dann frag!«
    Ich drehte mich zu ihr um. »Göttin, ich habe schon einmal gefragt, warum Ihr mich zur Ermordung des Königs von Grünewehr ausgesucht habt. Vielleicht habt Ihr mir ausreichend geantwortet, vielleicht auch nicht. Nun frage ich: Warum war es notwendig, daß er stirbt?«
    Ihr Blick hielt meinem stand, und gegen meinen Willen zitterte ich. Falls sie mich einschüchtern wollte – das ist ihr gelungen. Wenn sie mich aber dazu bringen wollte, die Frage zurückzuziehen, dann klappte das nicht. Schließlich sagte sie: »Zum Nutzen der Bewohner des Imperiums, sowohl Dragaeraner als auch Ostländer.«
    »Quatsch«, sagte ich. »Geht es nicht genauer? Bisher kam dabei der Tod der Besatzung eines dragaeranischen Frachters heraus und die Verhaftung zahlreicher Ostländer, meine Frau eingeschlossen.«
    »Was?« fragte sie mit hochgezogenen Brauen. Ich glaube, ich hatte keine richtige, echte Angst verspürt, bis ich bemerkte, daß sie davon überrascht war. Da verknotete sich mir der Magen, und ich kriegte einen trockenen Hals.
    »Die Organisation, in der meine Frau Mitglied ist –«
    »Was ist mit ihnen? Sind alle verhaftet worden?«
    »Die Anführer zumindest. Dieser Kelly, meine Frau, mehrere andere.«
    »Warum?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich vermute, weil sie sich der Einberufung widersetzt haben, und –«
    »Der Einberufung widersetzt? Dieser Narr. Der ganze Sinn war doch –« Sie unterbrach sich abrupt.
    »War was?«
    »Das ist unwichtig. Ich habe die Arroganz dieses Mannes unterschätzt.«
    »Na, das ist ja ganz toll«, sagte ich. »Ihr habt die Arroganz –«
    »Schweig«, sagte sie und schoß das Wort wie einen Pfeil an mein Ohr. »Ich muß überlegen, was zu tun ist, um meinen Fehler auszumerzen.«
    »Was wollt Ihr denn überhaupt machen?«
    Sie starrte mich an. »Ich wünsche im Augenblick nicht, dir davon zu erzählen.«
    Ich fragte: »Es war alles in erster Linie auf Kellys Leute gerichtet, nicht wahr?«
    »Kelly ist, wie ich schon sagte, ein Narr.«
    »Mag sein, aber wenn man sich anschaut, was er bisher gemacht hat, weiß er, was er tut.«
    »Gewiß weiß er das, in einem begrenzten Gebiet. Er ist ein Sozialwissenschaftler, wenn man so will, und in gewisser Hinsicht ein sehr fähiger. Er hat studiert – aber das ist jetzt unwichtig.«
    »Sagt es mir.« Keine Ahnung, was in mich gefahren war, daß ich anfing, sie wie einen Söldner zu verhören, den ich mir vom Hals schaffen wollte, aber ich tat es.
    Ihre Mundwinkel zuckten. »Na schön. Während des Interregnums, als deine Leute – Ostländer – wie Jheregs über dem Kadaver eines Dragons geschwärmt sind –«
    »Hmm, lecker.«
    »Schnauze.«
    »– wurden viele Gewölbe aufgedeckt, die so lange begraben und vergessen waren, daß du dir die Zeit nicht vorstellen kannst. In einigen davon lagen die Berichte, die das Haus der Lyorn bewahrte, denen die Fähigkeit gegeben ist, Dinge zu erhalten, die man eigentlich verwittern lassen sollte. Oder vielleicht sollten wir sie deswegen nicht beschuldigen – es wurde schon mal gesagt, daß man Ideen nicht töten kann.«
    »Was für Ideen wurden ausgegraben?«
    »Viele, mein lieber Attentäter. Es war eine

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