Phönix
Jetzt haben wir keine Ausrede mehr.«
»Seit wann brauchen wir denn eine Ausrede?« erkundigte ich mich.
Sie wich meiner Frage aus. »Bitte, Brad«, sagte sie leise. »Wir wollen uns nicht streiten. Außerdem bin ich müde.«
Ich sagte kein Wort mehr. Ich winkte ein Taxi herbei, setzte sie vor dem Hotel ab, ging zu meiner Garage und fuhr heim ...
Kurz vor zehn betrat ich das Haus. Marge las Zeitung. Durch die Art, wie sie mich ansah, wußte ich, daß sie verärgert war. Ich beugte mich über den Stuhl, um sie auf die Wange zu küssen, aber sie drehte ihr Gesicht zur Seite.
»He!« protestierte ich mit gespielter Unbefangenheit. »Ist das eine Art, einen müden Krieger nach dem Kampf zu begrüßen?«
»Kampf?« fragte sie kühl. Ich merkte, daß sie ihre eigenen Gedanken damit verband und entschloß mich, es zu übergehen.
Ich mixte mir einen kleinen Whisky mit Wasser. »Ich habe wirklich hart gearbeitet. Ich glaube, wir haben jetzt eine Außenseiterchance.«
»Wir?« fragte sie sarkastisch. »Was heißt das? - Mrs. Schuyler und du?«
»Moment mal, Marge«, sagte ich und starrte auf sie hinab. »Was ist dir denn über die Leber gelaufen?«
»Vermutlich warst du mit Mrs. Schuyler zu sehr mit Pläneschmieden beschäftigt, um mich anzurufen und mir zu sagen, daß du nicht zum Essen kommst.«
Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. »Mein Gott! Das hab ich vollkommen vergessen.« Ich lächelte sie an. »Liebes, es tut mir leid. Ich hatte einfach so viele Dinge im Kopf.«
»Für sie warst du aber nicht zu beschäftigt. Da hattest du nicht zu viele Dinge .«
»Hör auf, Marge!« fuhr ich ärgerlich dazwischen. »Gestern hast du mir vorgeschlagen, ich sollte sie um ihre Hilfe bitten. Heute, wo sie mir diese Hilfe anbietet, bist du ärgerlich. Nun entschließ dich mal, was du eigentlich willst.«
»Ich will überhaupt nichts!« brauste sie auf. »Mir gefällt einfach die Art nicht, wie du dich benimmst.«
Ich streckte meine Hände aus. »Und wie soll ich mich benehmen?« fragte ich. »Bei mir geht's um Kopf und Kragen, und du machst mir Vorwürfe wegen eines Telefonanrufs.«
Sie stand auf. »Wenn dir das so wichtig ist, verschwende ich nur meine Zeit«, sagte sie kühl.
Jetzt platzte mir der Kragen. »Wer, zum Teufe, bin ich denn eigentlich?« schrie ich. »Ein Kind, das sich alle zehn Minuten bei dir melden muß? Laß mich in Ruhe! Ich hab' genug Ärger!«
Einen Augenblick stand sie bewegungslos da, alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Dann machte sie kehrt und ging wortlos hinauf in unser Zimmer.
Ich murkste noch eine Weile im Wohnzimmer herum, machte mir noch einen zweiten Whisky und ging dann auch hinauf. Ich legte meine Hand auf die Klinke und drückte gegen die Tür. Nichts rührte sich. Ich drückte nochmals die Klinke 'runter. Die Tür war verschlossen. Ich klopfte an. Sie gab keine Antwort.
Ich klopfte noch mal. Drinnen rührte sich noch immer nichts.
Hilflos starrte ich auf die Tür und wußte nicht, was ich machen sollte. Es war das erste Mal, daß sie mich ausgesperrt hatte.
Nach ein paar Augenblicken, in denen ich mir reichlich albern vorkam, ging ich ärgerlich hinunter in unser Gästezimmer.
In der Unterwäsche schlafend, verbrachte ich eine ungemütliche Nacht.
21
Der Rasierapparat im Gästezimmer funktionierte nicht, der Wasserdruck der Dusche war unregelmäßig, das kalte und das warme Wasser ließen sich nicht regulieren, und ich mußte mich mit einem kleinen Gästehandtuch abtrocknen.
Ich zog den Bauch ein, schlang das Handtuch, so gut es eben ging, um die Taille und ging barfuß durch die Diele in unser Schlafzimmer. Es war leer. Meine Sachen lagen nicht wie gewöhnlich ausgebreitet auf meinem Bett. Ich wühlte in Schubladen und Schränken, bis ich etwas gefunden hatte, was einigermaßen zusammenpaßte. Rasch zog ich mich an und lief die Treppe hinunter.
Ich setzte mich in unsere Frühstücksecke. Mein Orangensaft stand nicht auf dem Tisch, und die Zeitung lag in einzelnen Blättern vor Marges Stuhl. Ich sammelte sie ein und setzte mich wieder hin. Gerade wollte ich den Finanzteil studieren, als mein Blick auf die Gesellschaftsspalte fiel.
»Mrs. Hortense (Elaine) Schuyler, die Nichte des Stahlindustriellen Matt Brady und ein prominentes Mitglied der Washingtoner Gesellschaft, ist nach der furchtbaren Tragödie des letzten Jahres endlich wieder aus ihrer Zurückgezogenheit hervorgetreten. Unsere Leser werden sich gewiß noch an den tragischen Tod ihres Mannes und ihrer
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