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Picknick auf dem Eis (German Edition)

Picknick auf dem Eis (German Edition)

Titel: Picknick auf dem Eis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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seinen langen dunkelgrünen Mantel an. »Ruf mich in einer Woche an! Arbeit gibt es erst mal keine. Du kannst dir also ein stilles abgelegenes Plätzchen suchen und untertauchen!«
    Die Tür fiel zu. Die Schritte des Chefs verhallten, es wurde ganz still. Viktor wollte sich in die Stille, in eine beunruhigende Stille des Nachdenkens versenken, aber der genossene Sekt störte ihn dabei erheblich. Er stand im Flur vor der geschlossenen Wohnungstür und versuchte wieder, das Rätsel des nächtlichen Väterchen Frosts zu lösen, der die Nachricht und die Geschenke von Mischa-Nicht-Pinguin gebracht hatte.
    »Onkel Witja!« rief Sonja aus dem Wohnzimmer. »Onkel Witja! Der Pinguin hat mich geschubst!«
    Viktor schreckte hoch und lief ins Wohnzimmer.
    »Was ist passiert?« er erblickte Sonja auf dem Boden liegend.
    Sonja lächelte schuldbewußt.
    »Nichts, nichts…« sagte sie.
    Der Pinguin stand daneben und beäugte das Mädchen.
    »Ich wollte mir dein Geschenk ansehen, und er hat mich weggeschubst«, gestand sie schließlich. »Meine Geschenke habe ich nicht angeguckt. Ich wollte nur deins sehen…«
    »Komm, steh auf!« Viktor streckte ihr die Hand hin.
    Sonja stand auf.
    »Kann ich ein bißchen spazierengehen?«
    »Nein«, antwortete Viktor scharf.
    »Nur ein ganz bißchen, ein ganz kleines bißchen…«
    ›Warum eigentlich nicht‹, dachte Viktor. ›Es ist ja noch früh, unten spielen viele Kinder…‹
    »Na schön, aber nicht lange und bleib hier vor dem Haus!«
    Er zog Sonja ihr Pelzmäntelchen an, band ihr den Schal so um den Kopf, daß nur noch die Augen herausschauten, und ließ sie raus. Dann setzte er sich an den Küchentisch und begann nachzudenken. Gründe zum Nachdenken hatte er jetzt genug. Jeder Tag brachte neue Überraschungen, und man konnte sie schwerlich als angenehm bezeichnen.

32
     
    Die Panikattacke traf Viktor unerwartet. Er saß noch am Tisch, die Sektflasche war leer, die Wurst aufgegessen. Die leichte Beschwipstheit war vorüber, der Kopf war wieder frei, die Füße leicht.
    Viktor sah aus dem Fenster. Es schneite nicht mehr so stark, und unten bauten einige Kinder eine Schneeburg.
    Er stieg auf den Hocker, steckte den Kopf aus dem kleinen Fenster und rief: »Sonja! Komm nach Hause!«
    Die Kinder guckten zu ihm nach oben, blieben aber alle bei der Schneeburg stehen.
    Viktor konnte Sonja unten nirgends entdecken. Schnell griff er sich Pelzjacke und Mütze und rannte aus der Wohnung. Auf der Straße sah er sich um, entdeckte noch ein paar andere Kinder etwas weiter entfernt und lief zu ihnen, aber Sonja war auch hier nicht dabei.
    Er hörte hinter sich das Geräusch eines anspringenden Motors, drehte sich um, und sah einen alten Mercedes vom gegenüberliegenden Haus wegfahren. Er verspürte einen unerklärlichen Zwang, dem abfahrenden Wagen nachzustürzen. Völlig außer sich rannte er los, holte das Auto an der Ecke zur Chaussee ein, konnte sich nicht auf den Beinen halten und fiel mit beiden Armen auf den Kofferraum des Autos. Er sah in den Wagen hinein und begegnete einem erstaunten Blick des Fahrers. Außer dem Fahrer war niemand im Auto. Viktor stand wieder auf und kehrte nach Hause zurück.
    ›Bin ich bescheuert‹, dachte er. ›Wie konnte ich nur so blöd sein, sie aus dem Haus zu lassen nach allem, was mir der Chef erzählt hat…‹
    Als er die Treppen hochkam, erblickte er Sonja vor seiner Wohnungstür.
    »Wo warst du denn?« rief Viktor erleichtert.
    »Bei Anja, im ersten Stock«, antwortete Sonja schuldbewußt. »Sie hat mir ihre Puppe Sindi gezeigt.«
    Anfangs wollte Viktor mit Sonja schimpfen, aber allmählich beruhigte er sich wieder.
    »Willst du was essen?« fragte er sie.
    »Hat Mischa schon gegessen?«
    »Nein.«
    »Dann können wir zusammen essen!« rief Sonja fröhlich.
    33
     
    Nach dem Mittagessen rief Viktor Sergej Fischbein-Stepanenko an und bat ihn, schnell vorbeizukommen. Als er kam, ließen sie Sonja mit dem Pinguin im Wohnzimmer, gingen in die Küche und schlossen die Tür hinter sich.
    Zunächst wollte sich Viktor ein Märchen für Sergej ausdenken, aber dann kam ihm das völlig blöd vor. ›Wenn du willst, daß man dir hilft, darfst du nicht lügen‹, dachte er. Eine zusammenhängende Geschichte brachte er dennoch nicht zustande. Aber anscheinend verstand Sergej trotzdem, worum es ging.
    »Ich habe Zugang zu einem Wochenendhäuschen … das sind Landparzellen des Innenministeriums. Da gibt es eine Telefonzelle, und in dem Häuschen ist ein Kamin, ein

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