Picknick mit Bären
Nicht, daß ich wüßte. Wir nehmen nur Trockennahrung mit, Wasserflaschen und höchstens eine Garnitur Ersatzkleidung. Wir können unser Gepäck auf zwei bis drei Kilo reduzieren. Und alles« – er wedelte hocherfreut mit der Hand in dem leeren Beutel – »kommt hier rein.« Sein Gesichtsausdruck war ein stilles Flehen, ihn mit Beifall zu überschütten.
»Hast du je einen Gedanken daran verschwendet, wie lächerlich du mit dieser Tasche aussiehst?«
»Ja. Aber das ist mir egal.«
»Hast du je in Erwägung gezogen, was für ein nie versiegender Quell der Heiterkeit du für alle Menschen zwischen hier und Katahdin darstellen wirst?«
»Mir alles scheißegal.«
»Also gut. Hast du je daran gedacht, was ein Ranger wohl dazu sagen wird, wenn er dich mit einer Zeitungstasche auf den langen Marsch durch die Hundred Mile Wilderness aufbrechen sieht? Weißt du, daß sie das Recht haben, jeden zurückzuweisen, den sie physisch und psychisch für ungeeignet halten?« Das war eine glatte Lüge, aber es zeichnete sich eine vielversprechende Falte auf Katz’ Stirn ab. »Und hast du dir auch mal überlegt, daß der Grund dafür, warum Zeitungsboten keine Knochenbrüche haben, vielleicht darin liegt, daß sie die Tasche nur ungefähr eine Stunde pro Tag tragen müssen? Daß es vielleicht nicht allzu bequem sein dürfte, sie zehn Stunden am Stück bergauf zu tragen? Daß sie unentwegt gegen deine Beine schlackert und daß der Gurt dir deine Schultern wundscheuert? Guck doch mal, er kratzt dir ja jetzt schon am Hals.«
Er blickte verstohlen hinunter zu dem Gurt. Das einzig Positive an Katz’ großartigen Ideen ist, daß man sie ihm sehr schnell wieder ausreden kann. Er zog den Gurt über seinen Kopf und legte die Tasche wieder hin. »Also gut«, räumte er ein, »scheiß auf die Taschen. Aber diesmal nehmen wir nur leichtes Gepäck mit.«
Damit war ich einverstanden. Mehr noch, es war sogar ein absolut vernünftiger Vorschlag. Wir packten mehr ein, als Katz sich gewünscht hatte – ich bestand darauf, daß wir Schlafsäcke, warme Kleidung und unsere Zelte mitnahmen, auch wenn das eine größere Belastung für Katz darstellte, als ihm lieb war –, aber ich erklärte mich damit einverstanden, den Kocher, die Gaskartuschen, Töpfe und Pfannen zu Hause zu lassen. Wir konnten uns von mir aus von Trockennahrung ernähren – hauptsächlich Snickers, Rosinen und einer unverderblichen Salami, die sich Slim Jim nannte. Wir würden in den 14 Tagen schon nicht verhungern. Außerdem konnte ich keinen Nudeleintopf mehr sehen. Alles in allem sparten wir damit ungefähr zwei bis zweieinhalb Kilo pro Person ein, eigentlich lächerlich, aber Katz freute sich kindisch. Es kam nicht oft vor, daß er seinen Willen bekam, wenn auch nur teilweise.
Und so brachte uns meine Frau am nächsten Tag mit dem Auto bis tief in den schier endlosen Wald im Norden von Maine, von wo aus Katz und ich zu unserer Hundred-Mile-Wilderness-Tour aufbrechen wollten. Maine ist trügerisch. Es ist der zwölftkleinste Bundesstaat, aber er hat mehr unbesiedeltes Waldgebiet – vier Millionen Hektar – als jeder andere Bundesstaat außer Alaska. Auf Fotos sieht es immer friedlich und verlockend aus, wie ein einziger großer Park, mit Hunderten kühlen, tiefen Seen und einer welligen, nebelverhangenen Gebirgslandschaft, so weit das Auge reicht. Nur der Katahdin bietet mit seinen nackten Felshängen unterhalb des Gipfels und seiner überraschend brachialen Erscheinung einen einschüchternderen Anblick. In Wahrheit ist aber alles ziemlich anstrengend.
Die Waldhüter in Maine haben eine gewisse natürliche Begabung dafür, die steinigsten Anstiege und die gefährlichsten Hänge für den Trail auszusuchen, und von denen besitzt Maine eine atemberaubende Menge. Auf seinen 455 Kilometern durch Maine verlangt der Appalachian Trail von dem Wanderer, der von Süden nach Norden geht, 30.000 Höhenmeter Kletterei, also dreimal den Everest rauf und runter. Mittendrin liegt die berühmte Hundred Mile Wilderness, die von dem kleinen Ort Monson bis zu einem Campingplatz in Abol Bridge reicht, ein Stück hinter dem Mount Katahdin. Es sind genau 160,44 Kilometer Waldwanderweg, ohne ein Haus, einen Laden, ein Telefon oder eine asphaltierte Straße – der abgelegenste Abschnitt des gesamten AT. Wenn einem hier etwas passiert, ist man auf sich allein gestellt und kann schon an einer infizierten Blutblase sterben.
Die meisten brauchen eine Woche bis zehn Tage, um diese
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