Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
zu. Er war so wütend, dass ihm die Augenklappe beinahe von der Stirn gerutscht wäre. »Kannst du verlauster Possenreißer mir vielleicht erklären, was das soll? Oder vielleicht Ihr, Bruder?«, ließ er seinem Hang zu cholerischen Ausbrüchen freien Lauf.
    »Ein Gastmahl, Admiral der Weltmeere – mehr nicht«, hatte Richwyn die Stirn, ihn ins Lächerliche zu ziehen. »Steht doch geschrieben: ›Kommet her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken!‹«
    »Noch mehr von diesem Papistengequatsche, und du kannst woanders anheuern!«, drohte der Kapitän, hochrot vor Zorn. »Damit ist wahrlich schon genug Unheil angerichtet worden!«
    Richwyns Augen verengten sich, und er hatte Mühe, seine gekünstelte Heiterkeit zu bewahren. »Eines, Beherrscher der Weltmeere, solltet Ihr meiner bescheidenen Meinung nach unterlassen«, kam sein Tonfall einem Knurren bedrohlich nahe. »Nämlich in Anwesenheit eines Mönchs und zweier Pilgerinnen den Namen des Herrn zu schmähen. Ist das ein für alle Mal klar?«
    Bruder Hilpert horchte auf. Ein Possenreißer, dem anscheinend nichts heilig war, als Streiter für die Sache des Herrn. Das Verwirrspiel an Bord der ›Charon‹ nahm kein Ende.
    »Täusche ich mich, oder habe ich von dir bislang keinen Pfennig für die Fahrt kassiert? Als Gegenleistung für das Versprechen, mir hin und wieder zur Hand zu gehen?«
    Fast wieder der Alte, huschte ein Lächeln über Richwyns Gesicht. »Freilich – das habt Ihr!«, bejahte er. »Seid versichert: Was Richwyn der Spielmann verspricht, hält er auch!«
    »Freut mich zu hören. Sonst wärst du auf meinem Schiff nämlich fehl am Platz.«
    »Euer Schiff?«
    Aus der wutverzerrten Fratze des Kapitäns war auf einmal jegliche Farbe gewichen, er sah bleich und verunsichert aus. »Wie meint Ihr das?«, fragte er verstört.
    »Wie ich es sage!«, trumpfte Richwyn auf, nur um anschließend Frohsinn pur zu mimen. »Aber lassen wir das. Derlei Dinge können warten. Wie also lauten Eure Befehle, Herr?«
    »Klarmachen zum Ablegen!«, flüsterte der Kapitän, überhaupt nicht bei der Sache.
    »Amen!«, versetzte der Spielmann, gab dem Schiffsjungen einen Wink, ihm zu folgen, und fügte mit demonstrativer Gelassenheit hinzu: »Tafeln und einen Schluck Spätburgunder trinken können wir ja noch später.«
    Doch der Kapitän hörte nicht mehr zu. Bevor Richwyn reagieren konnte, hatte er längst sein Messer gezückt, den Dorsch aus dem Eimer gekippt und so lange auf ihn eingestochen, bis außer Blut, Gräten und zerfetzten Schuppen nichts mehr davon übrig war.
    Dann erhob er sich, ließ die blutverschmierte Waffe in die Scheide gleiten und wandte sich dem Heckruder zu.
    Gerade so, als sei nichts gewesen.

     

NACH SONNENUNTERGANG
    Worin der Komtur der HENNEBURG grausame Rache übt und vom Burgkaplan mit einer Sühneleistung belegt wird.

     
    Er hätte diese Hure erwürgen können. Oder niederstechen. Oder in Stücke hacken. Aber er hatte sich anders entschieden. Wie pflegten die Ungläubigen doch zu sagen: ›Rache ist eine Speise, die man am besten kalt genießt.‹ Treffend formuliert. Denn genau darauf kam es ihm an: dabei zuzusehen, wie sie die Quittung für ihre Treulosigkeit bekam.
    Apropos Speise – oder Henkersmahlzeit. In der Stunde ihres Todes würde es ihr an nichts fehlen. So wie in all den Jahren zuvor. Jahre, die für ihn nicht mehr zählten. Das Einzige, was zählte, war seine Rache. Er würde keine Gnade kennen. Ehebruch war nun einmal Ehebruch. Dass ihm ein Pfaffe Hörner aufgesetzt hatte, wog natürlich besonders schwer. Weshalb es für sie nur eine Strafe geben konnte: den Tod.
    Doch noch war sie völlig ahnungslos.
    Oder schlauer, als er dachte?
    »Warum so einsilbig?«, fragte er, brach ein Stück Lammkeule ab und kaute nervös darauf herum. Das Essen wollte nicht so recht munden, kein Wunder. Dabei war er darauf bedacht gewesen, das Beste aufzutischen, was Küche und Keller hergaben. So zum Beispiel Aalpasteten, ihr Leibgericht. Und für ihn Hasenpfeffer und Koteletts. Kapaun, Hecht, Wolfsbarsch und Karpfen natürlich nicht zu vergessen. Dazu Birnen, Waffeln und geschälte Nüsse zum Dessert. Speziell am heutigen Tage durfte es an nichts fehlen.
    Insbesondere nicht an einer Karaffe Frankenwein.
    »Pure Einbildung!«, entgegnete sie, lächelte und spießte eine Aalpastete auf. »Du siehst Gespenster, liebster Gemahl.«
    »Wenn dem so ist – umso besser.« Er konnte sich nicht sattsehen an ihr. Nicht

Weitere Kostenlose Bücher