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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Theologie, war ein ebenso weit gereister wie hochgelehrter Mann. Und ein neugieriger dazu. Kein Wunder, dass er sich mit den Auskünften nicht begnügte: »Und wie heißt er?«
    »Hilpert von Maulbronn.«
    »Welch ein Zufall.« Husine č ließ die Feldflasche sinken, aus der er hatte trinken wollen, und verfiel in tiefes Brüten.
    »Soll das heißen, der Strolch ist Euch bekannt?«, brach der Kapitän schließlich das Schweigen.
    »Vorsicht, mein lieber Jan. Wenn Hilpert von Maulbronn eines nicht ist – dann ein Strolch.«
    »Aber ein Papist.«
    »Zugegebenermaßen, das ist er. Wenn auch einer der besonderen Art.«
    »Einmal Papist, immer Papist. Diese Kuttenträger sind doch alle gleich!«, entschied Hlavá č ek barsch. »Oder etwa nicht?«
    »Mag sein.«
    »Aber?« Der Kapitän runzelte die Stirn, argwöhnischer denn je.
    »Wie dem auch sei: Vor ihm müssen wir uns in Acht nehmen«, wich Husine č aus. »Wenn jemand unsere Pläne vereiteln kann, dann Hilpert von Maulbronn.«
    »Und weshalb?«
    »Ein Mann, der es weit gebracht hat. Hochgelehrt. Bewandert in allem, worauf es heutzutage ankommt. Spricht mehrere Sprachen. Unter anderem auch die unsrige. Studiosus der Universitäten zu Prag, Heidelberg und Paris. Unterwegs in päpstlicher Mission. Visitator und Inquisitor. Und so weiter, und so fort.«
    »Folglich ein alter Bekannter.«
    »Kann man so sagen«, erwiderte Marek Husine č , hob die Feldflasche zum Mund und nahm einen kräftigen Schluck. »Kann man so sagen.«
    »Und woher?«
    »Das, lieber Jan, wirst du noch früh genug erfahren«, lautete die Antwort des Predigers, bevor er das Brot in zwei Hälften teilte. »Und nun lass uns beten. Damit uns der Herr und Hilpert von Maulbronn gnädig sein mögen.«

     
    H

     
    »An Eurer Stelle hätte ich das Schwei… hätte ich dieses verlotterte Subjekt krepieren lassen!«, empörte sich Rosalindes Tante, während sie Bruder Hilpert einen Becher mit Kräutersud überreichte. »Zu viel der Ehre, von Euch aus dem Main gefischt zu werden. Und zu viel des Guten.«
    »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«, erklärte Bruder Hilpert lapidar, hob den Becher und roch daran. »Hm! Köstlich! Eine Rezeptur ganz nach meinem Geschmack.«
    »Dann mal prost!«, erwiderte die Matrone und ließ sich auf der Treppe vor dem Achterkastell nieder. Das Trittbrett ächzte unter ihrem Gewicht, was sie geflissentlich ignorierte. »Auf dass es Euch besser gehen möge.«
    »Das tut es bereits«, antwortete Bruder Hilpert, nippte am Becher und stellte ihn rasch wieder ab. Woraufhin er ergänzte: »Ein Schluck von Eurem Wundertrank, und schon ist man kuriert. Ich muss gestehen, dass Ihr eine Meisterin Eures Handwerks seid.«
    »Handwerk?«, echote Rosalindes Tante und blickte verständnislos drein. »Wieso?«
    Bruder Hilpert setzte ein treuherziges Lächeln auf. »Weil jemand, der ein solch himmlisches Aroma zu kreieren versteht, entweder eine Heilkundige oder ein verkapptes Genie sein muss. Oder habe ich etwas Falsches gesagt?«
    Die Matrone kniff die Augen zusammen, ob aus Argwohn oder Begriffsstutzigkeit, war nicht zu erkennen. »Wie man ’ s nimmt«, erwiderte sie und rückte ihre Haube zurecht, mit dem Ziel, die rot gefärbten Strähnen vor Bruder Hilpert zu verbergen. Ihrem Gesicht nach zu urteilen, das in ein massives Doppelkinn mündete, war sie dem einen oder anderen Becher Frankenwein nicht abgeneigt. Bruder Hilpert schätzte sie auf 40, möglicherweise älter. Außer dem gefärbten Haar, der Warze am Kinn und den Äderchen, die ihr Gesicht durchzogen, war es vor allem die burschikose Art, welche die Matrone unverwechselbar machte. Schwer vorstellbar, dass es sich bei ihr um eine fromme Pilgerin handelte. Obwohl sie nichts unversucht ließ, Bruder Hilpert vom Gegenteil zu überzeugen.
    »Dann seid Ihr also eine Heilerin?«, machte Bruder Hilpert den erneuten Versuch, Näheres über sie in Erfahrung zu bringen.
    »Kann man so sagen«, hielt sich ihre Redseligkeit jedoch in Grenzen, weshalb er rasch das Thema wechselte. »Und Rosalinde?«, warf er ein, darauf bedacht, möglichst entspannt zu wirken. »Geht es ihr wieder besser?«
    »Aus welchem Grund wollt Ihr das wissen?«, fragte die Matrone in argwöhnischem Ton.
    »Weil ich mir Sorgen mache – darum.«
    »Und weshalb, wenn man fragen darf?«
    Die Hände auf den Knien, beugte sich Bruder Hilpert nach vorn und starrte seine Gesprächspartnerin ungläubig an. »Eure Gelassenheit in allen Ehren,

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