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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Hause fahren. Michael, wir treffen uns in etwa einer Stunde wieder im Kommissariat. Ich komm dann mit meinem Auto hingefahren.«
    »Warum?«, fragte Schauß verwundert.
    »Warum ich mit meinem Auto fahre?«
    »Quatsch, warum du jetzt nach Hause willst.«
    »Weil ich eine Idee habe.«

17
    Eigentlich war Tannenberg der Überzeugung gewesen, seinen Mitarbeitern in ausreichendem Umfang signalisiert zu haben, dass er für eine Weile ungestört sein wollte. Aber die anhängliche Profilerin ließ sich von seinem deutlich zur Schau getragenen Rückzugsbegehren nicht sonderlich beeindrucken; denn als er gedankenversunken im Korridor in Richtung Aufzug schlenderte, tauchte sie wie aus dem Nichts plötzlich hinter ihm auf und bat ihn inständig, ihn begleiten zu dürfen. Zunächst dachte er daran, ihren Wunsch entschieden zurückzuweisen, schließlich war er grundsätzlich nicht bereit, solche vorsätzlichen Eingriffe in sein Selbstbestimmungsrecht zu akzeptieren. Dann brachte er es aber doch nicht übers Herz, die sichtlich angeschlagene Profilerin mit einer schroffen Ablehnung zu brüskieren.
    Vielleicht hing seine moderate Reaktion auch damit zusammen, dass er selbst, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, psychisch mehr als nur angeknackst war. Der unglaubliche Stress und Frust der vergangenen Tage und Wochen war auch an ihm nicht spurlos vorübergegangen. Es war nicht nur der häufige Schlafentzug, dem er immer stärker Tribut zollen musste, es war auch diese permanente innere Unruhe, die stetig im Untergrund seiner Psyche wütete und die zunehmend Spuren in seiner Persönlichkeit hinterließ.
    Die aus den schrecklichen Ereignissen resultierenden enormen Belastungen schienen auch in Tannenbergs Familie immer stärker Einzug zu halten, denn als der Streifenwagen ihn und seine Begleiterin in der Beethovenstraße absetzte, wäre ihnen fast seine helmlos auf ihrem Scooter heranbrausende Nichte ins Auto gefahren.
    »Bist du denn verrückt geworden, hier so rumzurasen?«, schimpfte der SOKO-Leiter gleich drauf los, als er ausgestiegen war.
    »Ach, Onkel Wolf, da wird man doch wahnsinnig!«, gab Marieke motzig zurück. »Wegen diesem Verrückten darf ich seit Wochen mit meinem Scooter nicht mehr als 100 Meter von unserm Haus wegfahren – das ist gerade mal hier um die Ecke.«
    »Vielleicht haben wir ihn ja schon bald!«, versuchte Tannenberg Trost zu spenden.
    »Das wär echt spitze! Dann würd ich dir auch noch mal meinen Scooter leihen. Ist das die Frau, die dir den Riesen-Knutschfleck verpasst hat?«, rief Marieke frech, nachdem sie mit ihrem Roller einen genügenden Sicherheitsabstand zu den Erwachsenen hergestellt hatte, und knatterte wieder los.
    Aber nicht nur die Tochter seines Bruders schien in dieser warmen Sommernacht irgendwie vom Hafer gestochen worden zu sein, auch der Rest der Großfamilie benahm sich äußerst merkwürdig. Tobias zum Beispiel wollte, gleich nachdem er die weibliche Begleitperson Tannenbergs erblickt hatte, ebenfalls wissen, ob es sich bei der mitgebrachten Dame um die Verursacherin dieses Mega-Knutschflecks – wie er sich wörtlich ausdrückte – handelte. Mutter Margot ihrerseits versuchte die Peinlichkeit der Situation mit geradezu groteskem, hektischem Herumgewusele zu überspielen. Was ihr aber nicht gelingen konnte, denn die beredte Körpersprache, mit der sich der deutlich angesäuselte Heiner mit seiner Ehefrau verständigte, war so auffällig, dass Tannenberg nichts anderes übrig blieb, als selbstbewusst in die Offensive zu gehen.
    »Jetzt beruhigt euch endlich mal wieder. Das ist ja schlimmer als im Kindergarten! Kann man hier denn nicht mal mit einer Frau aufkreuzen, ohne diese pubertären Albernheiten zu erzeugen. Das ist ja richtig peinlich; für euch muss man sich ja wirklich schämen.« Um dem Gesagten noch mehr Ausdruck zu verleihen, legte Tannenberg eine kurze Besinnungspause ein, bevor er fortfuhr. »Darf ich vorstellen: Dr. Eva Glück-Mankowski vom LKA aus Mainz. Und allein schon wegen der gebotenen Gastfreundlichkeit kann ich doch wohl erwarten, dass meine Kollegin hier von erwachsenen Menschen zivilisationsgerecht behandelt wird!«
    Der Rüffel hatte gesessen. Normalität kehrte wieder ein.
    »Mutter, du hast früher doch oft Schlager gehört«, sagte der Kriminalist, während er seiner Begleiterin einen weißen Plastikstuhl vom Stapel neben der Treppe am Nordhaus holte und ihn an den großen Gartentisch stellte.
    »Ja, Wolfi, nicht nur, auch

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