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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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»Da vorne muss es sein. Und wie du siehst, brennt sogar Licht.«
    »Ob das aber im Biologiebau ist, muss sich erst noch herausstellen«, gab Eva Glück-Mankowski skeptisch zurück.
    Tannenberg hatte recht gehabt, es handelte sich tatsächlich um den Biologiebereich im dritten Stock, in dem zwei Fenster hell erleuchtet waren. Da er vermutete, dass um diese Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit die Eingangstüren verschlossen waren, startete er erst gar nicht den Versuch, seine Hypothese zu verifizieren, wie man an einer Universität wohl sagen würde, sondern stellte seinen BMW direkt unter die mit großen B-I-O-Buchstaben beklebten Fenster und hupte anschließend mehrmals.
    Die Profilerin zuckte erschreckt zusammen.
    Aber nichts tat sich.
    Tannenberg hupte erneut – diesmal SOS. Warum er dreimal kurz, dreimal lang das Signalhorn betätigte, wusste er auch nicht. Er tat es einfach.
    »Sind Sie verrückt!«, schrie plötzlich ein junger Mann aus einem abrupt geöffneten Fenster. »Ich ruf gleich die Polizei!«
    »Brauchen Sie nicht, die ist schon da«, antwortete Tannenberg wahrheitsgemäß.
    »Das kann ja jeder sagen! Seit wann fährt denn die Polizei mit BMW-Cabrios durch die Gegend?«
    »Hören Sie, es ist total wichtig. Wir brauchen auch nur eine kurze Auskunft, dann verschwinden wir sofort wieder und lassen Sie in Ruhe weiterarbeiten. Bitte, es ist wirklich sehr, sehr wichtig!«
    »Was wollen Sie denn wissen?«, gab der Mann sich geschlagen.
    »Gehören Sie zum Fachbereich Biologie?«
    »Ja.«
    »Arbeitet bei Ihnen ein Lars Mattissen?«
    »Ja. Der ist akademischer Oberrat.«
    »Mit was beschäftigt der sich?«
    »Im Moment, glaub ich, nur mit seinem Mountainbike. Der hat nämlich schon seit drei Wochen Urlaub und müsste jetzt eigentlich irgendwo in den Alpen bei einer Riesentour sein.«
    »Haben Sie seine Adresse und seine Telefonnummer?«
    »Vom Urlaub? Geht ja …«
    »Quatsch, von seiner Wohnung hier!«, schrie Tannenberg dazwischen.
    »Die Sachen stehen doch in jedem Vorlesungsverzeichnis.«
    »Mann oh Mann! Ich hab aber gerade keins dabei. Bitte schauen Sie nach und schreiben Sie mir die Daten auf einen Zettel«, bat Tannenberg eindringlich.
    Der junge Mann verschwand vom Fenster und kehrte wenig später mit einem großen Blatt in der Hand zurück, das er zusammenknüllte und in Richtung des feuerroten BMWs warf.
    »Konrad-Adenauer-Straße 9, das ist nicht weit von hier«, rief Tannenberg. »Da fahren wir jetzt gleich hin.«
    Bevor der Leiter der SOKO ›Pilze‹ sich in seinen Wagen setzte, rief er kurz seine Mutter an und führte anschließend noch ein Telefongespräch mit Kommissar Schauß, den er aufforderte, Mertel umgehend zu verständigen und ihn mitsamt seines lautlosen Schlüsseldienstwerkzeugs in die Konrad-Adenauer-Straße zu beordern. Außerdem nötigte er seinen jungen Mitarbeiter dazu, bei ihm zu Hause vorbeizufahren und bei seiner Mutter ein Fotoalbum abzuholen, das er dringend benötigte.
    Tannenberg brauchte unbedingt die geräuschlose Einbruchskompetenz Mertels, denn ihm war sonnenklar, dass er hier nicht wie in der Kantstraße einfach so mit brachialer Gewalt die Wohnungstür aufbrechen lassen durfte, schließlich konnte er bislang höchstens einen vagen Verdacht hinsichtlich einer möglichen Täterschaft des Wohnungsinhabers anführen.
    Was sollte er denn als Beweis für seine Vermutung anführen: Die Inspiration etwa, dass eine Herz-Schmerz-Schnulze aus den 70er Jahren in direktem Zusammenhang mit den grausigen Taten eines Serienmörders stand? Für den Oberstaatsanwalt wäre das sicherlich ein gefundenes Fressen gewesen. Und selbst der ihm ansonsten sehr wohlgesonnene Polizeipräsident hätte dann wohl keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als ihn umgehend in die geschlossene Abteilung der Landespsychiatrie einweisen zu lassen.
    »Herr Hauptkommissar, Sie wissen schon, dass Sie immer noch einer spekulativen Hypothese nachrennen?«, gab die Kriminalpsychologin, die sich nun sprachlich ebenfalls der akademischen Umgebung anzupassen schien, zu bedenken.
    »Also, pass mal auf«, entgegnete Tannenberg und blickte über das schwarze Verdeck seines BMWs hinweg der Profilerin direkt in die Augen. »Du hast natürlich vollkommen recht; deswegen hab ich dir bisher auch noch nichts über meine, möglicherweise total unbegründeten, Spekulationen gesagt, obwohl ich dich eigentlich vorhin genau aus dem Grund hoch in meine Wohnung gerufen hab. Ich mach dir einen Vorschlag: Wir gehen jetzt in die

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