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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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klar gemacht hatte, dass sie nur allzu offensichtlich den falschen Beruf gewählt hatte.
    Inzwischen hatten sich zwei jüngere Frauen an einem Nebentisch niedergelassen, die gleich ihre Wünsche äußerten. Tannenberg hörte nur die Worte ›Eier im Glas‹; Worte, die ihn innerlich sofort erschaudern ließen, denn ihm war völlig unbegreiflich, wie man so etwas Unappetitliches essen konnte.
    Er musste sich dringend ablenken. Obwohl er sich wie immer vorgenommen hatte, sich während des Mittagessens einen radikalen Denkstopp bezüglich dienstlicher Angelegenheiten aufzuerlegen, spielte ihm diese undisziplinierbare graue Masse hinter seiner Schädeldecke wieder einmal einen Streich und ließ ihm keine Chance.
    ›Der Frauentod ist Liebesfron – Eröffnet ist die Pilzsaison‹ stand da auf dem zusammengefalteten Blatt, das er aus seinem Sakko gezogen und vor sich ausgebreitet hatte. Sein kriminalistischer Spürsinn signalisierte ihm eindeutig, dass es sich bei dem Verfasser um den Mörder handeln musste. Er konnte dieses Gefühl nicht objektiv begründen, gab es doch bislang kein Indiz, das diese Vermutung erhärtete. Aber sein Mentor, der alte Kriminalrat Weilacher, hatte ihn immer darin bestärkt, seiner Intuition zu folgen und alles daran zu setzen, diese wertvollen Inspirationen mit unwiderlegbaren Fakten zu erhärten.
    Tannenberg ließ seinen leeren Blick gedankenversunken im Café umherschweifen, bis er sich selbst auf der recht weit von seinem Sitzplatz entfernten Spiegelleiste auf der anderen Raumseite erkannte.
    Ist dieser Mensch da drüben überhaupt der richtige Ermittler, um solch einen mysteriösen Mordfall aufklären zu können?, fragte er sich, verscheuchte die aufkeimenden Selbstzweifel aber sofort erfolgreich, indem er sich die Frage nach einer Alternative stellte. Wer außer mir hätte denn nach dem Tod Weilachers die Leitung des K 1 übernehmen sollen? Da bin doch wohl nur ich in Frage gekommen, stellte er selbstbewusst fest. Schauß ist noch zu jung, erst am Anfang der Karriereleiter. Und sonst war weit und breit niemand in Sicht, dem man guten Gewissens diese verantwortungsvolle Aufgabe übertragen konnte. Das hat der Polizeipräsident schließlich auch so gesehen, sonst hätte er mich wohl kaum für dieses Amt vorgeschlagen, beruhigte Tannenberg die an ihm nagende Unsicherheit hinsichtlich seiner Befähigung zur Ausübung dieser Leitungsposition.
    Das lukullische Mahl auf seinem Nebentisch zog Tannenberg magisch an. Aus den Augenwinkeln beobachtete er fasziniert, wie eine der Frauen die silberne Messerspitze an das obere der geschälten, sonst aber unversehrten Hühnereier legte und leichten Druck ausübte. Die Spitze des Messers erzeugte zwar sofort eine Delle in dem unbefleckten Eiweiß, die dicke Haut verhinderte allerdings das Eindringen. Da sich die Frauen während ihres intensiven Diskurses über irgendeinen Mann gegenseitig in die Augen blickten, bemerkte die Braunhaarige diese skurrile Situation zunächst nicht. Erst als die andere Frau ihre Kaffeetasse in die Hand nahm und zum Mund führte, beendete die Eierfetischistin diesen unerträglichen Schwebezustand abrupt dadurch, dass sie die Messerspitze kräftig in das wehrlose Ei drückte – und so dem eingesperrten Eigelb den Weg ins Freie bahnte. Als Tannenberg die zähe gelbe Masse über das stählerne Messer rinnen und auf das jungfräuliche untere Ei tropfen sah, wandte er sich angewidert ab. Die nun folgende unästhetische Vermischungsprozedur hätte er nicht mehr ertragen.
    Wieder fiel sein Blick auf das eigene Spiegelbild an der gegenüberliegenden Wand. Spielerisch hob er seinen rechten Arm und registrierte mit spitzbübischer Freude, dass der Mann im Spiegel ebenfalls seinen Arm hob und nun sogar leicht mit der Hand winkte. Diese Bewegung musste relativ auffällig gewesen sein, denn für einen kurzen Augenblick wandte sich eine der beiden Frauen zu Tannenberg um, allerdings ohne ihre Rede zu unterbrechen, drehte ihren Oberkörper aber gleich wieder zurück, um sich erneut an dieser ekligen weißgelben Masse zu schaffen zu machen. Erheitert führte er nun seine linke Hand an die Kinnunterseite und ließ die Finger nacheinander auf seinen Wangenknochen herumtrommeln – und nötigte damit seltsamerweise sein Konterfei zur genau derselben Aktivität.
    Aber es war ja gar nicht dasselbe, schoss Tannenberg plötzlich eine Leuchtrakete ins Bewusstsein. Ich habe gerade meinen linken Arm bewegt, aber der Kerl im Spiegelbild hat seinen

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