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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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ein verrücktes Gedicht!«
    Tannenberg riss seinem Bruder die Karte aus der Hand, drehte sie um und begann mit fester Stimme laut vorzulesen, was auf der Rückseite stand:
Es war einmal ein Kätzchen klein,
So schwarz, so süß, so zart wie Samt;
Und fraß so gerne aus der Hand.
Doch jetzt wohnt es im Himmelein!

Genieß noch schön den Jubeltag,
Doch hör mir zu, wenn ich Dir sag:
Man tritt nicht wie Rumpelstilzchen
Herum auf armen Speisepilzchen!

Auch wenn du es nicht hören magst,
Es naht der Tag, wo du versagst!
Denn eins steht fest, o Tannenberg:
Du bist nur ein mickriger Zwerg!

Ein kleiner Wicht, ein kleines Nichts,
Ein kleines Licht, ein kleines Nichts.
Siehst nur die Gicht, Du kleines Nichts!
Ein Irrlicht nur, Du kleiner Wicht!
    »Das ist ja der blanke Wahnsinn! Das gibt es einfach nicht! Jubeltag! Woher weiß dieser Dreckskerl, dass ich heute Geburtstag habe?«, schrie Tannenberg, während er mit hektischen, kleinen Schritten vor dem Schreibtisch seiner Sekretärin herumstapfte. Dabei streckte er seine beiden Hände flehend in Richtung Zimmerdecke, so als ob er höhere Mächte um Hilfe bitten wollte. »Rumpelstilzchen – Speisepilzchen! Woher weiß der Kerl das? Woher weiß der, dass ich gestern aus lauter Wut mitten im Wald Pfifferlinge kaputtgetreten hab?«
    »Wolf, es gibt nur eine schlüssige Erklärung dafür«, sagte Schauß. »Dieser Typ beobachtet dich die ganze Zeit über.«

12
    Dr. Hollerbach wartete nun schon über eine Viertelstunde auf dem Parkplatz.
    Aber sie kam einfach nicht.
    Von den ewigen Vorwürfen seiner Exfrau hatte er noch sehr gut in Erinnerung, dass die schlimmsten strategischen Fehler, die ein Mann im Umgang mit dem anderen Geschlecht begehen konnte, darin bestanden, die Angebetete massiv zu bedrängen oder gar zu kritisieren. Also blieb dem vermeintlichen Herren der Schöpfung nichts anderes übrig, als zu versuchen, sich zwar als engagierter Verehrer in Szene zu setzen, gleichzeitig aber den Eindruck von vorsätzlicher Freiheitsberaubung zu vermeiden.
    Als Eva Glück-Mankowski sich endlich im äußeren Eingangsbereich des Hotels zeigte, sprang der Oberstaatsanwalt sofort wie ein junger brünstiger Hirsch aus seiner dezenten Luxuslimousine der neuen Dame seines Herzens entgegen, begrüßte sie freundlich und öffnete ihr zuvorkommend die Beifahrertür.
    »Die haben ja gestern im Ministerium ziemlichen Druck gemacht«, begann die Profilerin, als sie auf dem schwarzen Nappaledersitz Platz genommen hatte.
    »Ist ja auch nicht verwunderlich, liebe Frau Kollegin. Schließlich befinden sich der Herr Innenminister und seine Untergebenen mitten im Wahlkampf; und da kann man eine ungelöste Mordserie, die den Bürgern Angst und Schrecken einjagt, ganz und gar nicht gebrauchen. Aber ich denke, wir haben die Damen und Herren im Ministerium mit unserer Trittbrettfahrer-Idee ziemlich beeindruckt.«
    »Ich finde auch, dass wir sehr überzeugend waren.«
    Dr. Hollerbach reagierte umgehend auf die pointierte Satzbetonung: »Entschuldigen Sie bitte die unbedachte Verwendung des Plurals, liebe Frau Kollegin. Es war ja wohl vor allem Ihr Verdienst, die hohen Herrschaften davon überzeugt zu haben, dass man diesen mysteriösen Serienmörder nur dann enttarnen und unschädlich machen kann, wenn man ihn mit unvorhersehbaren Ereignissen konfrontiert, die ihn dann möglicherweise aus dem Konzept bringen. Und die zu Panikreaktionen seinerseits führen, ja vielleicht sogar dazu, dass er tatsächlich versuchen wird, den vermeintlichen Trittbrettfahrer zu bestrafen. Weil der sein Kunstwerk entweiht hat.«
    »Genau! Dann wollen wir mal hoffen, dass unser Plan auch funktioniert!«
    »Also ich bin wirklich begeistert von der Professionalität, mit der man bei Ihnen im LKA vorgeht. Da merkt man einfach, dass jeder Mitarbeiter bis in die Haarspitzen motiviert ist. Zum Beispiel dieser Kommissar Borngesser, der sich als Köder für unseren Frauenmörder zur Verfügung stellt. Hat der denn überhaupt keine Angst, dass bei der Aktion etwas schief gehen könnte?«
    »Aber lieber Dr. Hollerbach, was soll denn da schon passieren? Die Kollegen observieren rund um die Uhr das Haus; einige befinden sich direkt in der Wohnung in einem Nebenzimmer. Und wenn der Täter dann kommt, schnappt die Falle zu. Da kann eigentlich nichts schief gehen.«
    »Sie haben ja recht. Ich bin hier unten eben nur diesen schrecklichen Dilettantismus gewohnt. Aber was ist, wenn er nicht kommt?«
    »Was soll’s: Dann haben wir es wenigstens

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