Pinguin Mord
Fernsehsessel fallen.
»Wie Sie wissen,
ist Peggy seit einiger Zeit verreist«, begann
Finke.
»Hier wartet
niemand auf sie«, erwiderte Thea emotionslos und nippte an
ihrem Wasser. »Sie ist frei und ungebunden und kann tun und
lassen, was sie will.« Die Eiswürfel klimperten leise im
Glas.
Peer wusste es besser,
doch er schwieg. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er zaghaft
nickte. »Stimmt. Aber sie hat ein Problem mit der Polizei.
Deshalb hat sie mich angerufen und um Hilfe
gebeten.«
»Was ist
passiert? Wird sie gesucht?« In Thea schrillten
sämtliche Alarmglocken. Schweißperlen glänzten auf
ihrer Stirn, und in ihren braunen Augen stand das blanke Entsetzen.
Hörte dieser Albtraum denn niemals auf?
»Na ja,
eigentlich wird nur ihr Wagen gesucht.« Finke druckste herum.
»Jemand hat damit eine Straftat begangen, und Peggy hat mich
gebeten, den Autoschlüssel an mich zu nehmen, damit sich die
Polizei das Auto anschauen kann.«
»Soll das
heißen, dass Sie meine Frau verdächtigen
…«, brüllte Gatz und fuhr von seinem Sessel in
die Höhe. Eine steile Falte hatte sich zwischen seinen
buschigen Augenbrauen gebildet. Seine Augen schienen Blitze in Peer
Finkes Richtung zu versprühen. Seine aufbrausende Art war
seiner Gesundheit nicht zuträglich, doch das vergaß er
gern in Momenten wie diesem. Gatz hatte sich drohend vor Finke
aufgebaut und beugte sich zu ihm herunter. Peer konnte jede Pore
seiner Haut erkennen. Auch die kleinen roten Äderchen an
seinen Wangen, ein Zeichen von zu viel Alkohol.
»Robert, lass
gut sein.« Thea stand auf und legte eine Hand auf seinen
Unterarm. »Peggy hat mir tatsächlich vor einiger Zeit
ihren Autoschlüssel gegeben. Und es spricht nichts dagegen,
ihn Herrn Finke auszuhändigen.«
»Kann ich dich
kurz unter vier Augen sprechen?«
»Sicher.«
Sie folgte ihm in die Küche.
»Was ist
eigentlich in dich gefahren?«, flüsterte er und hatte
Mühe, seine Erregung zurückzuhalten. »Kennst du
diesen Kerl da draußen?«
»Nein, nicht
persönlich, aber Peggy hat mir von ihm erzählt. Finke ist
so etwas wie ihr Exfreund. Es war ziemlich ernst, bis sie …
aber egal, das spielt jetzt keine Rolle.«
»Und deshalb
händigst du ihm gutgläubig den Autoschlüssel aus?
Den Schlüssel zu Peggys heißgeliebtem Cabrio, das sie
dir anvertraut hat?« Er schlug sich mit der flachen Hand vor
die hohe Stirn. »Wie blauäugig bist du eigentlich?
Glaubst du, dass der Knabe im Wohnzimmer clean ist, nur weil er
einen scheißteuren Anzug trägt und scheinbar über
gute Manieren verfügt?«
»Vielleicht hast
du Recht.« Thea nickte. »Ich sollte erst mit Peggy
Rücksprache halten und mich versichern, ob es in Ordnung ist,
dass Finke den Schlüssel mitnimmt.«
»So sehe ich das
auch«, nickte Gatz zufrieden.
»Ich rufe sie
an.«
»Ist gut. Ich
kümmere mich in der Zeit um Finke.« Gatz marschierte
zurück ins Wohnzimmer. Er räusperte sich. »Es geht
nicht gegen Sie, Herr Finke. Aber Thea sollte den Schlüssel
nicht aus der Hand geben, ohne mit ihrer Freundin gesprochen zu
haben. In der heutigen Zeit hört man zu viel. Und Sie
könnten ja theoretisch…«
»Kein Problem,
natürlich«, erwiderte Finke und hob beschwichtigend
beide Hände. »Sie kann gern mit Peggy sprechen. Immerhin
muss sie sich absichern.«
Die Männer hatten
nicht bemerkt, dass Thea wieder ins Wohnzimmer zurückkam.
»Ich erreiche sie nicht«, sagte sie leise. »Tut
mir leid, aber ohne sicher zu sein, dass …«
Finke nickte
verständnisvoll. »Kein Problem, Frau Gatz.« Er
griff in die Innentasche seines Jacketts und zog eine Visitenkarte
aus dem Etui hervor. »Hier ist meine Karte. Sie können
mich jederzeit anrufen. Ich wünsche Ihnen
noch einen schönen Tag, und entschuldigen Sie bitte die
Störung.«
»Kein
Problem.« Thea und Robert Gatz begleiteten Finke zur
Tür.
»Ein seltsamer
Kauz«, sagte Gatz leise zu seiner Frau, als er die Tür
hinter dem Besucher ins Schloss gedrückt hatte.
»Warum?«
»Nun, erst
taucht er völlig unangemeldet hier auf und verlangt nach dem
Autoschlüssel einer gemeinsamen Bekannten, und dann
verschwindet er, ohne etwas erreicht zu haben.«
»Er hatte
Verständnis dafür, dass …«
»Trotzdem«, unterbrach
Gatz sie. »An der Sache ist etwas faul, glaub mir.« Er
wusste, dass er sich nicht täuschte.
31
Sonntag, 15:50 Uhr,
Wichlinghauser Markt
In der gelben
Telefonzelle am Wichlinghauser Markt herrschte eine Affenhitze.
Schweiß rann ihm in feinen Bahnen
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