Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Titel: Pinguinwetter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Sabbag
Vom Netzwerk:
sofort wieder, und ich überlegte ernsthaft, ob ich Finn vielleicht nicht doch noch die ein oder andere Tüte saure Bärenzungen … Diese unpädagogischen Bestechungstechniken müssen aufhören, Charlotte! Das nahm ich mir fest vor. Für später.
    Ich genoss die folgenden Tage, ohne viel an zu Hause zu denken – und an das, was mir so bevorstand.
    Ich verbrachte die Zeit mit Gartenarbeit (es gab kein Entrinnen) und war abends schwarz von der Erde und zu müde, um mir viele Sorgen zu machen.
    Während meines gesamten Aufenthaltes musste ich Melitta zweiunddreißig Mal versprechen, keine Kinder zu bekommen ( Mit wem auch, zur Hölle?! ) und mir die Sache mit der Buchhaltung im Dorf noch mal zu überlegen.
    Eric hatte mir mehrere Male auf die Mailbox gesprochen, die ich aber nicht abhörte, nachdem ich gesehen hatte, dass er angerufen hatte. Die gesamte Geschichte war derart vermurkst, dass ich sowieso nicht mehr glaubte, dass sich das Ganze noch mal zum Guten wenden würde. Ich war zwar nicht mehr so sauer wie anfangs wegen der Småland-Aktion, allerdings wusste ich auch nicht, wie ich jemandem erklären sollte, dass es bei diesem Theater noch nicht mal um mein eigenes Kind ging.
    An einem warmen Abend saßen Melitta und ich zusammen auf der knarrenden Hollywoodschaukel vor dem Haus und tranken ein Malzbier.
    Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, sie bei der Eric-Sache um Rat zu fragen, und erzählte ihr die ganze Geschichte.
    Melitta konnte die ganze Aufregung nicht verstehen. »Männer mögen Frauen ohne Kinder doch sowieso lieber«, konstatierte sie. »Da können sie ihren Samen noch weitergeben. Das ist von der Natur so bestimmt. Meinst du, dein Opa hätte mir das Haus hier gebaut, wenn ich die Bälger schon gehabt hätte? Nie!«
    Wie immer sehr einfühlsam, die Oma Melitta.
    »Nein, hätte er bestimmt nicht, Oma, aber das war auch vor sechzig Jahren. Heute ist das anders. Und nebenbei hat er ja schon ein Kind, Maya. Ich glaube gar nicht, dass er unbedingt noch mehr Kinder will.«
    »Ja hoffentlich nicht! Du weißt, ich hätte drei Häuser …«
    »… bauen können«, vollendete ich ihren Satz. »Ich weiß. Aber irgendwann will ich das ganze Programm vielleicht doch noch. Und geschiedene Männer sind meistens durch damit. Die haben das schon hinter sich.«
    »Sei froh. Dann überspringst du das und baust direkt ein Haus«, schlussfolgerte Oma Melitta.
    »Ja, vielleicht mach ich das irgendwann«, seufzte ich müde.
    Und dann sitze ich allein und verlassen mit sieben alten Katzen in meinem Haus und werde irgendwann von Müllmännern gefunden, sinnierte ich in Gedanken weiter. Was für eine Traumvorstellung vom Leben!
    »Kind«, nahm Melitta in einem ernsten, fast nachdenklichen Ton, den ich in der Form noch gar nicht von ihr kannte, das Gespräch wieder auf und tätschelte dabei meine Hand, »solche Punkte im Leben nennt man Wendepunkte. Sie tauchen meist aus dem Nichts auf und werfen dein ganzes Leben um. Sie überraschen dich immer genau dann, wenn du am wenigsten mit ihnen rechnest. Auch wenn du jetzt noch nicht weißt, wofür das alles gut war, kann ich dir mit absoluter Sicherheit sagen: Wenn eine Tür zugeht, öffnet sich eine andere. Alles hat einen übergeordneten Sinn. Wir müssen ihn nur erkennen.«
    Ich war viel zu gerührt, um darauf etwas erwidern zu können. So eine Unterhaltung hatten wir überhaupt noch nie geführt.
    Aber Melitta hatte recht: Irgendeinen Sinn hatte das, was mir widerfahren war, sicherlich. Die Frage war nur, ob ich diesen Sinn auch erkennen würde. Und zwar bevor ich als einsamster Mensch auf diesem beschissenen Planeten mit sieben Katzen von einem engagierten Müllmann gefunden werden würde.
    »Mach nicht die gleichen Fehler wie ich«, schob sie leise hinterher. »Ich habe mich damals mit meiner ersten großen Liebe Hans gestritten, weil ich dachte, er hätte mich absichtlich von einer Bank geschubst. Dabei war er einfach nur aufgestanden, das Gewicht hatte sich verlagert – obwohl ich damals wirklich sehr schlank war, das kannst du mir glauben –, und ich kippte um. Danach war ich so sauer, dass ich nicht mehr mit ihm redete. Ein paar Jahre später hat er dann eine andere geheiratet. Ich bereue es bis heute. Wer weiß, was passiert wäre …« Sie seufzte schwer.
    »Aber wie lange ist das mit Hans denn her?«, fragte ich leise. Ich hatte Melitta so noch nie erlebt; es sah so aus, als würde sie ihr Verhalten ehrlich bedauern.
    »Das ist genau fünfundsiebzig Jahre, zwei Monate

Weitere Kostenlose Bücher