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Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Titel: Pinguinwetter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Sabbag
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Jahre alt werden und mir Ingwer unter die Arme schmieren.«
    »Sie schmiert sich Ingwer unter die Arme?«
    »Na ja, keine Ahnung. Sie trinkt ihn im Tee, legt sich Scheibchen davon ins Gesicht und erzählt was vom salzarmen Essen. Und ständig dieses Gemüse. Das ist alles nichts für mich.«
    Ich wusste genau, was er meinte. Marc war ein Mann, wie man ihn unter der Wikipedia-Definition finden würde, und Steak & Co. gehörten unbedingt zu seiner Ernährung. Einmal hatte er mir erzählt, dass er sogar bereit wäre, für ein gutes Steak den Verlust seiner Muttersprache hinzunehmen. Das war vielleicht ein wenig übertrieben, aber er war eben ein richtiger Kerl. Das Buch Fleisch ist mein Gemüse hätte von ihm sein können. Zumindest der Titel passte auf ihn wie die Faust aufs Auge.
    »Okay, also sie möchte, dass ihr gesünder esst. Aber das ist doch grundsätzlich ein guter Ansatz«, fasste ich zusammen. Ich kam mir dabei vor wie Frau Krähenfuß in der Familienberatungsstelle, von der ich mir als Elfjährige einen Rat erhoffte, als Renate auf Marlenes Anraten hin Tofu in die Familie eingeführt hatte. Ich überlegte kurz, ob ich eine eigene Praxis aufmachen sollte. Ich war grandios. Brillant geradezu. Na ja, das war jetzt vielleicht ein wenig übertrieben. Aber gut war ich schon.
    Marc nahm meine Hand.
    »Bei dir fühl ich mich wohl. Bei dir ist es immer unaufgeräumt, und nichts blendet mich.«
    Was soll das denn jetzt heißen? Wie, unaufgeräumt?
    Mal abgesehen von ein, zwei alten Wäschestücken lag kaum etwas auf dem Boden herum. Eine halbe Bifi hinter der Sofalehne – na und? Gut, seit Frau Tanys Abreise hatte niemand mehr durchgewischt, aber … es war doch quasi … na ja … immerhin fast mittelsauber hier!
    »Es ist blitzblank hier!«, verteidigte ich mich entrüstet.
    »Jaja, so meinte ich das auch nicht«, ruderte Marc zurück. »Deine Frau Chan ist auch sicher super.«
    »Sie heißt Frau Tany, und das ist sie tatsächlich. Auf sie lasse ich nichts kommen!«, wetterte ich kurz.
    »Ich meinte auch eher die Art, wie du lebst. Eher chaotisch, frei. Nicht so … genormt.«
    Hatte Marc nicht bei seinem letzten Besuch gesagt, die Doppelnamenfrau sei anders als alle anderen Frauen? War das alles nur Tarnung von ihr, um ihn einzufangen? Wenn ja, dann hatte sie aber schnell die Hüllen fallen lassen.
    »Sie hat das sicher alles nur gut gemeint.«
    Uah! Da wird einem ja ganz anders, liebe Charlotte.
    »Ich brauch jetzt einen guten Drink. Hast du was da?«
    War das eine ernst gemeinte Frage? Natürlich hatte ich was da. Alkohol war das Letzte, auf das ich verzichten würde, egal, wie groß die Not wäre.
    Mit den Worten: »Ich bringe dir einen Martini. Sogar mit Olive!«, verschwand ich in der Küche.
    Martini ohne Olive war scheiße. Und immerhin hielten sich die Dinger im Kühlschrank ewig. Im Gegensatz zu dem kläglichen Rest eines Goudas, der neben den Oliven lag (unverpackt – das zum Stand der Hygiene in meiner Wohnung) und jetzt jedem Blauschimmelkäse harte Konkurrenz machen konnte. Ich vertagte die Kühlschrank-Entrümpelung auf morgen und machte uns zwei Martinis mit Olive.
    Nach ein paar wohltuenden Schlucken sah Marc mich seltsam an, und mir wurde schlagartig heiß. Ich kannte diesen Blick ganz genau und war mir sicher, dass ich nichts gegen ihn und alles, was danach kommen könnte, einwenden wollte. Man musste die Feste eben feiern, wie sie fallen. Und dieses würde sicher eines für meine vernachlässigte Libido werden, das stand fest.
    »Du bist wunderbar, Liebes …« Marc nahm mein mittlerweile vom Alkohol leicht erhitztes und gerötetes Gesicht in seine Hände und küsste mich.
    Der erste Kuss seit Wochen war lang, intensiv und sehr schön. Ich vergaß die Doppelnamen-Sauberfrau, meine Probleme, die erfolglose Jobsuche und alles um mich herum. Ich genoss den Moment, und alles andere war mir egal. Zum Teufel mit den weißen Möbeln und allen guten Vorsätzen!
    Das war meine ganz persönliche Rache an allen Sauberfrauen dieser Welt! Ich war die Eine , zu der Mann zurückkehrte! Ich war nicht besonders schlank, veränderte meine Kleidergröße alle acht Wochen, hatte matte Haare ohne jegliches Volumen und nie den passenden Slip zum BH an, wenn ich nicht auf ein erotisches Abenteuer vorbereitet war, und der Meinung einer empathischen Douglas-Verkäuferin nach auch extrem fettende Schlupflider. Aber Marc war jetzt bei mir und nirgendwo anders. Was ein paar Wochen Beziehungswohnung mit einer Sauberfrau

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