Pinguinwetter: Roman (German Edition)
aller Herrgottsfrühe freiwillig in der Küche auftauchte, um die letzten hoffnungslosen Versuche zu unternehmen, mich von meinem Plan abzubringen.
Aber ich war mir sicher, Zweifel hin oder her. Ich würde mit Marc fahren. Und ihn gleich auch mal fragen, was er denn heute früh noch so Wichtiges vorhatte. Und wie die Doppelnamenfrau-Geschichte zu Ende gegangen war. Und überhaupt.
»Versprich mir nur eines«, sagte Trine und nahm meine Hand, »ruf mich an, wenn irgendwas ist, ja?«
Ich konnte den ganzen Bohei nicht ganz nachvollziehen. Immerhin war ich schon tausendmal mit irgendwelchen Männern in den Urlaub gefahren.
»Ja, Mutter. Ich verspreche es«, gab ich schließlich nach, »auch wenn ich euren Hang zur Dramatik hier nicht ganz nachvollziehen kann.«
»Gut«, sagte Trine zufrieden. »Ich rolle dann mal zurück ins Bett. Ich muss jede Sekunde nutzen, in der Finn noch schläft.«
»Mach das«, flüsterte ich mit zusammengepressten Lippen, die immer noch brannten wie Hölle.
Trine legte eine Hand auf ihren melonengroßen Bauch und wuchtete sich hoch, indem sie sich mit der anderen Hand auf den Tisch stützte. Ihr Nachthemd stand durch die große Kugel so weit vom Körper ab, dass es wie ein großes Zelt wirkte. Sie bot ein wirklich eigentümliches Bild, um diese Zeit, morgens, unfrisiert mit ihrer wilden blonden Turmfrisur.
Im Türrahmen drehte sie sich noch einmal um.
»Gestern standen wir noch am Abgrund«, seufzte sie.
»Und wo bitte stehen wir jetzt?«, fragte ich neugierig.
»Na, heute sind wir einen Schritt weiter.«
*
»Macht fünfunzwanzischsiebzisch«, sagte der Taxifahrer schlecht gelaunt, als wir am Flughafen angekommen waren. Anscheinend war er auch kein echter Frühaufsteher.
Wortlos reichte ich ihm das Geld und nickte ihm zu.
Glück gehabt, dachte ich, sogar fünf Euro weniger, als man im Berufsverkehr für die Fahrt zum Flughafen bezahlen musste. Dann hat sich das frühe Aufstehen sogar doppelt gelohnt.
Ich war selbst nicht in der Laune gewesen, Smalltalk zu machen, und die Taxifahrt war dementsprechend wortkarg verlaufen, was mich aber nicht weiter gestört hatte. Ich war sowieso mit meinen Gedanken bei Marc, Marc und mir im Schnee, Marc und mir vorm Kamin, Marc und mir im Bett …
Vor dem Flughafengebäude war der übliche Trubel bereits in vollem Gange, und als der Taxifahrer mein Gepäck aus dem Kofferraum hievte, hielt ein weiteres Taxi direkt neben mir. Noch bevor ich zur Seite springen konnte, öffnete sich die Beifahrertür und rammte sich in meine Wirbelsäule.
»Verdammt!« Gereizt drehte ich mich um. »Haben Sie denn keine Augen im Kopf?«
Eine bekannte Stimme antwortete: »Charlotte? Was machst du denn hier?«
»Die Frage ist wohl eher, was du hier machst!«, entgegnete ich erstaunt, als ich ein kleines rosa Bündel mit Barbierucksack und schläfrigem Blick hinter Eric auftauchen sah. »Ich meine, ihr … was ihr hier macht.«
»Wir fahren zu Mama«, sagte Maya verschlafen und rieb sich die Augen.
Ich spürte einen dumpfen Schlag in die Stelle zwischen Herz und Magen. »Oh …«
»Ja«, erklärte Eric, »wir fliegen, genauer gesagt. Mayas Mutter in L.A. besuchen.
»L.A.?«
Ich stellte mir vor, wie Mayas Mutter als Topmodel und beste Freundin von Heidi Klum in winzigen weißen Hotpants am Strand entlangspazierte, an einer Hand die kleine Maya im weißen Babydoll-Kleidchen und an der anderen Eric in weißen Leinenhosen und offenem Hemd, alle drei barfuß, wie in einer schlechten Raffaello-Reklame. Bei dem Gedanken wurde mir schlagartig speiübel. Na bravo!
»Ja, Mayas Mutter ist für ein längeres Projekt dort. Sie ist Maskenbildnerin. Für einen Kinofilm, irgendwas mit Sex und City , wenn dir das was sagt.«
Und ob mir das was sagt! Das kann man ihr nun wirklich nicht übel nehmen, dachte ich, für ein Paar Manolo Blahniks hätte ich Maya auch … Aber immerhin ist sie kein Topmodel!
»Kannst du dich noch an den Tag erinnern, an dem ihr zum Joggen im Park wart? Da hat mich Susanne angerufen und mich gebeten, darüber nachzudenken, ob ich mit Maya nicht zu ihr kommen will. Für länger …«
Ich nickte betreten. »Dort ist es ja auch sicher traumhaft schön. Immer gutes Wetter und so …« Ich riss mich zusammen und rang mir ein Lächeln ab.
»Und du? Wo geht’s denn hin?«, fragte Eric zögernd, als wolle er gar nicht wirklich wissen, wohin ich unterwegs war.
»Nach Grönland. Na ja, so ’ne verkappte Muttergeschichte regeln«, fasste ich kurz
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