Pinien sind stumme Zeugen
passierte brasilianische, französische, australische und farbige US-Verbände. Verspätet und überstürzt wurde die deutsche Verteidigungsstellung auf Florenz-Pisa-Livorno als Grüne Stellung zurückgenommen. In Livorno tobten bereits blutige Häuserkämpfe, bevor sich auch hier die Verteidiger von der Steinwüste über den Arno zurückzogen.
Die Decken hatten sich verschoben, die Sonne stach dem verwundeten Kopatsch ins Gesicht.
Vorübergehend kam er zu sich, fror. Die offene Wunde am Arm brannte wie Höllenstein, und jede Umdrehung der Räder schien seinen Arm zu überfahren. Er versuchte sich aufzurichten, und fiel stöhnend zurück. Er war sichtlich am Ende und stemmte sich verdämmernd gegen die neue Ohnmacht. Seine drei Begleiter hatten längst erfasst, daß Kopatsch in Lebensgefahr war, und wollten etwas unternehmen; sie waren willige, aber hilflose Samariter.
»Deck ihn doch wenigstens richtig zu!« fuhr Sollfrei den Oberfeldwebel an.
Panizzas Schneidezähne verbissen sich in die Unterlippe. Er hielt das Steuer so gewaltsam fest, als wollte er es zerbrechen. Vor ihm bremste ein Sattelschlepper. Bruno mußte so fest auf die Bremsen treten, daß der Jeep mit quietschenden Reifen querstand.
»Paß doch auf!« fluchte Kopetzky. »Du bringst den Pikkolo ja noch um.«
Anfahrt, Bremse, Gaspedal, Stopp. Noch dreißig Meter.
Die Spannung sägte an ihren Nerven.
Drei MPs gingen auf den Jeep zu.
»Are you from the 21th?« fragte der vordere.
»Yes«, erwiderte Panizza, nickte lebhaft und deutete mit der Hand nach vorn.
Der Einweiser erkannte an seiner blauen MP-Armbinde den vermeintlichen Kameraden und winkte.
»We have a wounded German here.« Er schob die Decken beiseite. »We have to leave him, he needs help.«
Die Amerikaner nickten.
Kopetzky und Sollfrei sprangen vom Jeep und luden den kleinen Kopatsch um. Es war keine Zeit für Abschiedsworte, aber der Fiebernde fing den Blick des Oberleutnants auf und erfasste, daß ihm geholfen werden sollte.
»Mensch, hast du Nerven«, sagte Bruno beim Weiterfahren.
»Aus Verzweiflung«, erwiderte Sollfrei. »Aber quatsch keine Opern, schau lieber auf die Straße!«
›Lightnings‹ rasten im Tiefflug über sie hinweg. Der Gefechtslärm verstärkte sich. Die Kolonne wurde wieder angehalten. Auf Lastautos wurden Infanteristen geladen und nach vorn gekarrt.
»Klemm dich hinter den Tankwagen!« empfahl Kopetzky. »Ganz dicht – da trau'n sie sich nicht so nah ran.«
»Aber wenn wir in einen Luftangriff geraten?« fragte Bruno.
»Deutsche Flugzeuge sind hier so selten wie weiße Elefanten«, tröstete Sollfrei.
»Genügt ja auch schon 'ne Granate.«
»Hast du immer noch Zeit für ein Stoßgebet«, behauptete der Gorilla.
Ein Trupp deutscher Kriegsgefangener zog, nach hinten geführt, an der Straße entlang. Die Soldaten hatten abgerissene Uniformen und müde Gesichter, in denen sich die Strapazen des Kampfes spiegelten.
»Die haben's überstanden«, zischte Panizza voller Neid.
Der Gorilla warf ihnen eine halbgerauchte Zigarette vor die Füße. Sofort bückte sich einer, hob sie auf und wurde von seinem Bewacher angebrüllt.
»Meinst du?« fragte Kopetzky lachend.
Die Granateinschläge kamen näher. Wer konnte, flitzte ins Gelände und warf sich auf den Boden. Die drei kauerten im Jeep, wie hineingedrückt. Endlich rollte der Tankwagen vor ihnen langsam weiter.
Sie schlossen wieder ganz dicht auf.
»Wahnsinn«, stöhnte Bruno.
»Nur Mut«, antwortete Sollfrei. »Nur eine Katastrophe kann uns retten.«
»Wenn wir nur diese Fetzen vom Leib hätten!« fluchte der Gorilla.
»Fortsetzung der Flucht in Unterhosen, was?« grinste Panizza.
Sie wunderten sich, daß sie nicht von allen Seiten gejagt wurden. Die drei Überfallenen MPs mußten doch längst gefunden worden sein. Bei der amerikanischen Angst vor der fünften Kolonne würde ihr Aufmarsch zu wilden Panikszenen führen.
Flugzeuge dröhnten so dicht am Boden über sie hinweg, daß sie unwillkürlich die Köpfe einzogen. Durch die höllische Geschwindigkeit verwechselten die Piloten die Fronten und beschossen die eigene Kolonne.
»Weiterfahren!« brüllte Kopetzky und starrte wie gelähmt auf den Tankwagen. Er wußte, daß es höchste Zeit war, auszusteigen, aber alle Gehöfte und Ortschaften links und rechts der Rollbahn waren von US-Infanteristen besetzt, und so karrten sie weiter durch ihre selbstgewählte Hölle.
Vor dem nächsten Dorf war die Straße verstopft. Ein schlaksiger Leutnant
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