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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Gorilla.
    »Ich weiß«, griff Bruno sein Thema auf. »Früher, da hast du drei Nümmerchen hintereinander geschoben, ohne abzusetzen. Mit einer dicken Luftwaffenhelferin im Kolosseum in einer warmen Sommernacht wie heute …«
    »Achtung!« rief der Pikkolo halblaut. Er hatte ein paar Meter unterhalb der bewaldeten Anhöhe Posten bezogen, zu der ein sanft ansteigernder Feldweg führte.
    »Ein Jeep«, meldete der Kleine zappelig.
    »Einer ist keiner«, tröstete Kopetzky und griff nach seiner Maschinenpistole, um das Fahrzeug anzuvisieren.
    »Bist du wahnsinnig!« zischte Oberleutnant Sollfrei und schob den Lauf beiseite.
    Kopatsch kam nach oben, kroch neben die anderen drei.
    Sie verfolgten gleichzeitig, wie der aus dem Lindwurm ausgebrochene Jeep ohne Licht wie ein dicker Käfer an den Zypressenhain herankroch, genau auf die vier Burschen zu, die sich hinter einen Strauch warfen und auf die Erde pressten, als könnten sie hineinkriechen, blutjunge Veteranen, die kurz vor Torschluss nicht noch in ein nordafrikanisches Kriegsgefangenen-Camp kommen und sich dabei eine üble Malaria holen wollten.
    Langsam brummte der Wagen näher. Der Fahrer schaltete auf den ersten Gang zurück. Der Jeep rollte an den vieren vorbei, so gemächlich, daß sie den weißen Stern und die Aufschrift ›Military-Police‹ lesen konnten. Neben dem Fahrer saß ein wuchtiger Sergeant, quer dahinter lag ein dritter MP-Soldat und schlief vernehmlich. Vermutlich hatte die US-Streife den Befehl, den Zypressenhain nach Versprengten zu durchsuchen, und wenig Lust, ihn auszuführen, bevor es hell wurde.
    In Rufnähe hielt der Jeep.
    »Give me the bottle, Jimmy!« rief der Sergeant.
    »Ay, ay, Sir«, erwiderte der Fahrer, auch kein Freund von Nüchternheit. Der dritte GI mußte bereits im Reich der Whiskyträume sein.
    Die Amerikaner erzählten sich lärmend Märchen aus Tausend-und-einer-(Casa di toleranza)-Nacht. ›Haus der Duldung‹ war die blumige Umschreibung für ein ganz gewöhnliches Soldatenpuff. Die Angetrunkenen verglichen willige Italienerinnen mit ihren überseeischen Freundinnen, die schlecht dabei abschnitten, was vielleicht nicht nur am Whisky lag.
    »Du kannst sagen, was du willst, Cliff«, sabberte Jimmy mit schwerer Zunge. »Diese Segnorinas langen dir zwar in die Tasche, aber sie greifen dir auch noch sonst wohin.«
    Sie lachten wie Männer auf dem Pissoir. Der Sergeant warf die leere Flasche im hohen Bogen aus dem Jeep. Sie flog haarscharf an Panizza vorbei. Zielstrebig öffneten sie eine zweite.
    »Diese Italienerinnen haben's einfach im Blut«, rühmte Cliff. »In Rom war ich mal ein paar Tage bei unserer Botschaft eingeteilt, und weißt du, warum? Hunderte von hochschwangeren Itakerinnen wollten in dem schönen Haus an der Via Veneto, im Gang, im Garten, auf der Toilette oder sonst wo ihre Bastarde zur Welt bringen – und dadurch zu Yankees machen.«
    »Wieso denn das?« fragte Jimmy.
    »Wer auf amerikanischem Territorium geboren wird, ist Amerikaner«, erklärte Cliff. »Wenn wir ein Dutzend von diesen Weibern vorn hinausgeschafft hatten, waren durch den Hintereingang schon wieder fünfzehn neue hereingekommen. Weißt du, warum unsere Boys so lange von Neapel bis Rom gebraucht haben?« Er lachte, daß es sich wie ein Erstickungsanfall anhörte. »Weil sie mehr gepimpert als geschossen haben.«
    Die Spannung der Zuhörer legte sich. Panizza und Sollfrei hatten das Gespräch nicht wörtlich, aber dem Sinn nach verstanden; ohnedies wußten sie, daß der Geschlechtstrieb einen Unterschied zwischen Fliegerblau und Olivgrün so wenig machte wie ein handfester neapolitanischer Hafentripper.
    Die MP-Streife war für sie keine Gefahr, doch eine Versuchung für junge Veteranen einer Elitetruppe, der dieser Krieg Länder vor die Füße, Orden an die Brust und Mädchen an den Hals geworfen hatte.
    »Mensch!« sagte der Gorilla ergriffen und tastete wieder nach seiner MP.
    Panizza schaute sehnsüchtig in den Westen, wo die rettende Pineta lag, zehn, fünfzehn Kilometer noch, ein Katzensprung – mit einem Jeep. Seine Walther 7,65 lag neben ihm, entsichert. Auch Kopatsch würde bei einem Überfall auf die angetrunkene Streife der Militärpolizei seinen Mann stehen.
    »Kinderspiel«, raunte Kopetzky dem Oberleutnant zu.
    »Cheers!« rief der Fahrer und gurgelte einen mächtigen Schluck aus der Pulle.
    »Don't be so selfish!« Sergeant Cliff nahm ihm die Flasche wieder weg.
    Oberleutnant Sollfrei haderte bereits mit seiner

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