Pinien sind stumme Zeugen
doch nur drei Uniformen«, entgegnete Bruno.
»Das macht nichts«, erwiderte Sollfrei. »Wir drei Helden haben einen verwundeten deutschen Soldaten aufgelesen und uns bei seiner Ablieferung immer wieder verfahren.«
»Nur so kommen wir weiter«, erklärte Kopetzky.
»Kannst du Englisch?« fragte Bruno.
»Wir werden nicht reden, sondern fahren«, versetzte der Oberfeldwebel und begann sich auszuziehen. Er begutachtete die drei Amerikaner, stellte fest, daß der Sergeant der längste war, und sagte: »Seine Uniform für mich.« Die Hose war zu kurz, der Battledress zu eng und der Stahlhelm zu klein. Die beiden anderen hatten mehr Glück mit der Beute-Garderobe.
Man sah den überwältigten Amerikanern an den Augen an, daß sie eine Blitzausnüchterung hinter sich hatten. Bruno stand mit der MP im Anschlag, als Kopetzky dem bulligen Sergeant die Fesseln abnahm. Der Amerikaner versuchte erfolglos, den Knebel auszuspucken. Dann tippte er sich mit dem rechten Zeigefinger an die Stirn und fuhr mit der linken flachen Hand unter dem Kinn durch, um anzudeuten, daß man die Deutschen dafür hängen würde.
»You are right.« Der Oberleutnant packte sein Englisch aus dem Schulranzen. »We are damned krauts, but we have no other possibility.«
Der Gorilla streifte dem Sergeant seinen Waffenrock über.
»Sorry«, schloß Sollfrei seine Sprachprobe.
Dann wechselten auch er und Bruno die Uniformen. Sie luden sich die gefesselten und geknebelten Yankees über die Schultern und trugen sie tiefer in das Wäldchen hinein.
»Schön schattig«, sagte der Gorilla beim Abschied. »Und nun seid liebe Kameraden und laßt euch nicht so bald finden.«
»In ihrer Haut möchte ich nicht stecken«, bemerkte Panizza.
»Aber noch lieber als in unserer«, dämpfte Sollfrei voreilige Schadenfreude.
»Hü!« rief Kopetzky. »Auf nach Tombolo.«
»Im Namen des Unsinns, mitten unter die Amis!« rief Bruno und preßte die Lippen aufeinander.
»Was bist du jetzt?« erwiderte der Gorilla.
»Ein Ami«, antwortete Bruno und schaute an der ungewohnten Uniform entlang.
»Vergiß das nicht!«
»Und überzeug die Alliierten davon, falls sie dich schnappen«, warf Sollfrei ein.
Als der Wagen langsam über den Feldweg rollte, erlebten sie die erste Überraschung. Statt nach Norden, rumpelte die Troßkolonne, je zwei Fahrzeuge nebeneinander, jetzt nach Süden zurück.
»Rückzug?« fragte Bruno.
»Denkste«, erwiderte Sollfrei; er begriff als erster, daß die Alliierten die Straße für den Rücklauf der entladenen Fahrzeuge gesperrt und andere Rollbahnen für eine Art Kreisverkehr zur Hauptkampflinie eingerichtet hatte.
»Scheiße!« schimpfte Panizza.
»Das heißt jetzt shit!« prahlte Kopetzky mit seinem geballten Wortschatz.
Der Jeep erreichte die Straße.
Panizza fädelte sich links ein.
Keiner achtete im nächtlichen Durcheinander auf den Wagen der US-Military-Police, der im breiten Strom des Rücklaufs von der Front immer tiefer in das alliierte Hinterland zurückrollte.
Gewaltsam versuchte Panizza auszuscheren, doch alle Kreuzungen waren von echten Militärpolizisten besetzt, die mit der Hand nach Süden wiesen, immer weiter weg von Tombolo.
Erst in der Morgendämmerung gelang es Panizza, vor einem Depot sich in westliche Richtung zu verkrümeln und sich in einer anderen Kolonne einzureihen, die seit Sonnenaufgang unter dem Störfeuer der deutschen Artillerie lag. Schon um acht Uhr morgens brannte die Sonne erbarmungslos vom Himmel, was Kopetzky nicht hinderte, im Vorbeifahren von einem Lastauto einen Verpflegungskarton und zwei Stangen Zigaretten zu stibitzen. Da er nicht wußte, wie lange diese Teufelsfahrt noch gut ging, verschlang der Gorilla vorsichtshalber auch noch eine dritte Ration.
»Friß nicht soviel!« warnte Bruno.
»Neidhammel«, brummte Kopetzky und nestelte weitere Schätze aus der wasserfesten Verpackung. »Schau dir das an!« sagte er. »Streichhölzer haben die sogar und Klopapier.« Er fuhr sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn. »Kein Wunder, daß die den Krieg gewinnen.«
Bruno hing schlapp am Steuer; er hatte den US-Helm nach hinten geschoben, schwitzte und fluchte. Der Gorilla hinter ihm, unrasiert und verschwitzt, sah zum Fürchten aus; dabei hatte er selbst Angst, nur zeigte er es weniger. Sollfrei blieb gespannte Aufmerksamkeit hinter seinem Rücken, und der kleine Kopatsch lag fiebernd unter den Decken und fror trotz der Hitze.
Der Jeep rollte an Panzern, an Infanteristen vorbei,
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