Pinien sind stumme Zeugen
gerade fertiggestellt.«
Um Zeit zu sparen, hat Steel auf das Hotel verzichtet und sich in einem provisorischen Gästezimmer des Pentagon einquartiert. Er kommt sowieso kaum zum Schlafen.
Partaker läßt ihm offensichtlich freie Hand am langen Zügel. Einer, der gewohnt ist zu befehlen, gibt allenfalls Empfehlungen; ein Koloss versucht, leise aufzutreten. Unter normalen Umständen würde den Ex-Major die Charade belustigen, aber er ist zu erschöpft und entschließt sich, als er zum zweiten Mal am Schreibtisch einnickt, widerwillig zu ein paar Stunden Bettruhe.
Bereits in der ersten Nacht wird er von Gipsy besucht; er spürt ihre Nähe, streckt die Arme nach ihr aus – und greift ins Leere. Träume sind Schäume. Die schwarze Madonna ist großartig, doch hintergründig. Es ist nicht die Zeit, sich mit ihr zu befassen, aber irgendwie spricht sie nicht nur seinen Sex, sondern auch seinen sechsten Sinn an. Schon jetzt weisen viele Spuren darauf hin, daß die Falschgeldaffäre in Italien ihren Anfang genommen hat. Gipsy fährt nach Rom und läßt ihn wissen, daß sie im Hotel ›Excelsior‹ auf der Via Veneto, gleich neben der amerikanischen Botschaft, wohnen wird. Kannte sie vielleicht schon vor ihm sein nächstes Reiseziel? Bei den Informationsmöglichkeiten, die sich für ihn unerwartet ergeben haben, könnte er mühelos alles Wesentliche über Herkunft und Lebensumstände von Mrs. Sandler erfahren, aber er widersteht der Versuchung, seine Macht zu mißbrauchen, sei es aus Anstand oder aus einer untergründigen Vorahnung, enttäuscht zu werden.
Es gelingt Steel, Gipsy gewaltsam aus Sinn und Vorstellung zu schütteln, aber er kann nicht wieder einschlafen. Er steht gähnend auf, um weiterzuarbeiten, doch die Verführerin rutscht immer wieder zwischen die Zeilen seiner Unterlagen.
Er sieht auf die Uhr und überlegt, ob er jetzt schon Fred Nimble anrufen kann, der vor fünf Monaten vom CIC-Germany in das Privatleben entlassen wurde und nunmehr in New York lebt.
»Mensch, Bob!« meldet sich der aus dem Schlaf Gerissene. »Mitten in der Nacht – bist du besoffen oder pleite?« Als der Mitarbeiter von einst erfährt, daß ihn Steel für seine Spezialtruppe anheuern will, bedauert er: »Ich hab' jetzt einen Bombenjob bei der Werbefirma ›Miller & Millers‹ und die ist so ziemlich die größte im Geschäft. Das möchte ich nicht aufgeben, Bob. Sonst sehr gern – du wirst das schon verstehen. Schade, wirklich schade.«
Werbeunternehmen? Das größte im Geschäft?
»Kennst du die Firma ›Myers & Niggel‹, Fred?« fragt Steel.
»Unsere direkte Konkurrenz.«
»Hast du zu deinen Rivalen Beziehungen?«
»Unter der Hand natürlich, das sind patente Burschen und wirklich auf Draht.«
»Ich weiß«, erwidert der Anrufer. »Sie zeigen gerade eine Präsentation bei ›GM‹ in Detroit. An ihr nimmt eine Mrs. Gipsy – eigentlich Mary – Sanders teil, Mitte Zwanzig, dunkelhaarig …«
»… langbeinig und geil«, ergänzt Fred Nimble lachend.
»Sei nicht so direkt«, erwidert Steel, nicht ohne Stolz. »Aber prächtig gewachsen ist die Dame schon. Eine Reisebekannte – ich möchte wissen …«
Ich rufe dich im Lauf des Tages zurück«, verspricht er.
Als Morgengabe überreicht ihm Craig Ginty die Donovan-Liste. Steel überfliegt zuerst die Namen mit dem Kreuz. »Was, fünfzehn Gefallene bei der ›Operation Blow up‹. Auf einen Schlag?«
»Füsiliert«, erklärt der FBI-Mann trocken. »Die Männer wurden bei Viareggio und bei Tombolo abgesetzt, achtzehn Mann. Sie sollten die Eisenbahnlinie unterbrechen und einen Tunnel hochjagen – und sind direkt in die Falle gelaufen. Fünfzehn Mann wurden geschnappt und eineinhalb Tage später auf Befehl des deutschen Generals Dostler ohne Gerichtsurteil erschossen.« Ginty lächelt wie ein Clown, der weint. »Nicht die einzige, aber so ziemlich die schlimmste Pleite, die wir während des Kriegs in Italien erlebten. Nur drei Mann konnten damals entkommen: Charly Poletto, Jack Panizza und Herbie Miller.«
»Herbie kannte ich, ein guter Mann, er hat für mich gearbeitet«, erwidert Steel. »Und die beiden anderen?«
»Panizza ist nach Rom entkommen, Poletto wurde nach einigen Fluchttagen vermißt –«
»Und Herbie Miller ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen«, ergänzt Steel.
»Natürlich haben wir uns dabei etwas gedacht«, erwidert Ginty. »Herbie war morgens um zwei Uhr in New York unterwegs, um einen V-Mann zu treffen, und wurde dabei auf
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