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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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und er erklärt mir dann vielleicht, daß seine Scheidung den Zusammenbruch seiner Firma bedeuten würde.« Sie unterbricht sich. »Vielleicht doch einen Drink?« fragt sie. »Heiß hier, nicht wahr?« bemerkt die Stellvertreterin des Hausherrn. »Dieses Haus gehört zu einer US-Siedlung, und die Amerikaner müssen doch immer überheizen.«
    Wie auf der Skala eines Fieberthermometers liest die Baronin im Gesicht des jungen Captains den obersten Hitzegrad ab. Sie schlüpft aus ihrem Morgenmantel, steht in einem durchsichtigen Nighty vor ihm. »Sehen Sie mich nicht an wie die Schlange im Paradies! Sie brauchen nicht in den sauren Apfel zu beißen, Freddy-Boy.«
    »Na, sauer ist er sicher nicht«, antwortet er hölzern mit dümmlichem Grinsen. »Vielleicht jetzt doch einen Bourbon«, setzt er mit trockenem Mund hinzu.
    In hohen Stöckelschuhen geht sie an die Zimmerbar, mixt einen Drink.
    »Aber in Berlin waren Sie doch mit Ihrem Mann zusammen«, bohrt Gambler weiter.
    Sie nickt.
    »Da haben Sie doch sicher Telefonanrufe entgegengenommen.«
    »Ganz selten«, versetzt die Baronin. »Das war Sache seiner Sekretärin.«
    »Erinnern Sie sich an die Namen von Anrufern?«
    »Momentan nicht.«
    »Wissen Sie, daß Ihr Mann in Kreisen des RSHA den Decknamen Bessermann führte?«
    »Ich hatte mit diesen Kreisen nichts zu tun – nicht das geringste. Nun passen Sie auf, Freddy-Boy: Mein Gedächtnis ist nicht so berühmt, aber es fällt mir sicher noch das eine oder andere ein. Ich werde Ihnen zuliebe Unterlagen, Briefe und dergleichen zusammensuchen.« Sie dreht sich zu Gambler um. »On the rocks?« fragt sie.
    »Bitte«, entgegnet er. »Haben Sie Fotos und andere Unterlagen hier – im Haus?«
    »Nun seien Sie nicht so schrecklich etepetete!«
    »Was ist etepetete?« fragt der Captain.
    »It's a different word in Germany for stiff and correct …«
    »Ich bin im Dienst, Madame«, erwidert er verwirrt. Er hat bis jetzt bei Frauen vorwiegend hinhaltenden Widerstand erlebt, mit aggressivem Sex fehlt ihm die Erfahrung. Die Baronin betrachtet ihn belustigt. »Ich gebe Ihnen, was ich habe«, versetzt sie mit moussierender Zweideutigkeit. »Und was Sie wollen.«
    Sie reicht ihm das Glas.
    »Danke«, erwidert er. »Leider sind meine Recherchen furchtbar eilig.«
    »Ohne Eile«, entgegnet sie. »Ihr Amerikaner seid richtig verklemmt«, stellt sie fest. »Ihr denkt immer an Sodoma und Gomeuropa. Hoffentlich stoße ich Sie nicht zu sehr ab, Freddy-Boy. Wenn Sie wollen, biete ich Ihnen auch Candlelight nebst Schlummerschmalz und schließe die Augen.«
    Sie schaltet AFN Munich ein.
    »Und wenn sich der Colonel nach seiner Rückkehr trotz drohenden geschäftlichen Ruins scheiden läßt?« Gambler klammert sich an seine Frage wie an einen Rettungsring.
    »Dann werden wir es ihm nicht auf die Nase binden«, entgegnet die Baronin. »Sie halten den Mund, weil sonst Ihre Karriere futsch ist, und ich werde zum zweiten Mal eine strahlende Braut.«
    Er steht vor ihr wie der Stier vor dem Torero, kurz vor dem Todesstoß – aber manchmal siegt auch der Bulle, und Stiere wollen bluten. Schließlich ist er nicht der Hauseunuch des Colonel Brown.
    »Was – was ist mit dem Mädchen?« Er errichtet einen letzten Schutzwall vor sich selbst.
    »Die hab' ich weggeschickt«, erklärt die Unschuld von Bad Tölz.
    Der Damm bricht. »Jesus Christ«, keucht Gambler und reißt die Sanftrote an sich. »I´ ll fuck you.«
    Er erschrickt über die Worte, aber sie befreien ihn. Der junge Captain hebt das Biest hoch, trägt es nebenan in das Schlafgemach. Die Welt bricht über ihm zusammen – aber er landet weich auf dem Pfuhl. Und das Verlangen rauscht ihm so in den Ohren, daß er den Piepston des Signalgebers in seiner Uniformjacke im Clinch mit der Provokateurin überhört.
    Ihre Körper verkeilen sich ineinander, geben und nehmen, toben und besänftigen, greifen an und ziehen sich zurück. Der Sturm wird zum Orkan.
    Die Explosion mündet in Erschöpfung.
    Die Frau, die in Gamblers Armen liegt, wirkt bei Windstille zärtlich und friedlich.
    »Irgendwo im Keller stehen die Sachen, Freddy«, sagt sie. »Ich suche sie dir zusammen, was du willst. Du kannst es gleich mitnehmen.«
    Er nickt, will aufstehen.
    »Sag mal.« Die Baronin hält ihn noch einen Moment lang fest. »Ich weiß ja nicht, warum ihr Ralph sucht, aber in einem solchen Fall läßt man wohl auch die geschiedene Frau des Verdächtigen nicht aus den Augen.«
    »Exakt«, bestätigt der Ermittler und

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