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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Schuld Mussolinis plötzlich auch in Mittel- und Norditalien Mafia-Ausläufer gab. Bekanntlich war der sizilianische Geheimbund etwa in der Zeit entstanden, da sich im übrigen Europa der Dreißigjährige Krieg austobte. Die Mafia hatte sich ihre Kultform erhalten und entsprach voll der Inselmentalität. Tatsächlich war sie lange Zeit eine Nebenregierung, die Schwachen und Hilflosen zu ihrem Recht verhalf. Der Pate erwies sich als eine Art italienischer Robin Hood. So etwas kommt bei der Bevölkerung an. Mussolini lieferte den Mafiosi einen Schaukampf, den man lächerlich finden könnte, hätte er nicht so viele Unschuldige verfolgt. ›Die Mafia ist zerschlagen‹, verkündete der Duce vollmundig, aber es war der gleiche Showeffekt, der ihn auf einem Schimmel die Stufen zum Kapitol hinaufreiten ließ. Den Kern der Mafia traf er niemals. Er ließ sich aus gutem Grund in Sizilien nicht sehen. Damals hatte der Geheimbund keinerlei Einfluß, der über die Insel und Süditalien hinausreichte. Zwar gab es ein paar bestochene Abgeordnete und einige korrupte Minister in Rom, die ohnedies aus dem Mezzogiorno kamen, aber die Paten fanden kaum Rückhalt bei der Bevölkerung. Mussolini hatte eine Zwangsaussiedlung in großem Maße vorgenommen und damit die Mafia über das ganze Land ausgedehnt. Es war wie eine schlampige Krebsoperation, bei der der ganze Körper dann mit Metastasen überschwemmt wird. Keiner von uns dachte damals daran. Jeder hielt die Mafia für ein Problem, das sich von selbst erledigte, wenn wir erst Sizilien und Neapel eingenommen hätten.«
    »Und da ging's erst richtig los«, versetzt Steel. »Dann kam die Rauschgift-Connection mit den USA, und wir schickten ihnen erst noch den richtigen Organisator: ›Lucky‹ Luciano.«
    »Fraglos wurde viel falsch gemacht«, räumt Plesco ein. »Aber ich würde heute noch behaupten: Per Saldo war unsere vorübergehende Zusammenarbeit kein schlechtes Geschäft.«
    »Das gilt nicht für Männer, die dafür die Zeche bezahlen mußten, Mike«, entgegnet der Chef der ›Task Force‹. »Sie kannten Herbie Miller persönlich?«
    »Sehr gut sogar – er hatte ja ›Blow up‹ überlebt.«
    »Der FBI-Fahnder ist über einen V-Mann an die Lupino- oder Moretti-Familie herangekommen; und das war sicher die erste Spur zu diesen aufgetauchten Lardos. Deshalb gab der Mob Weisung, Herbie auszuschalten. Der Trick dabei war, keinen gewerbsmäßigen Killer zu nehmen, sondern einen Außenseiter und Amateur damit zu beauftragen. Die New Yorker Polizei ist darauf hereingefallen, und auch das FBI kam trotz seiner Verdachtsmomente keinen Schritt weiter. Ausgerechnet in dem Moment, da wir den Täter Bluesmith noch einmal durch die Mangel drehen wollen, wird er ermordet.« Steel zündet sich eine Zigarette an, pafft den Rauch in Wölkchen aus. »Für ihn jedenfalls war eure Kooperation doch kein so gutes Geschäft.«
    »Ich meine nur Sizilien und Unteritalien«, schränkt Plesco ein. »In Mittel- und Oberitalien sah es ganz anders aus, und der Geheimbund geht uns aus dem Ruder. Es war Satans eigenes Revier: ein undurchdringliches Durcheinander von Patrioten und Profiteuren, von Heißspornen und Hasenfüßen, von Heuchlern und Meuchlern. Die Deutschen würden beim Rückzug das Wirtschaftspotential sprengen; italienische Patrioten wollten es verhindern. Doch als geborene Individualisten waren sie sich uneinig, und so hatten die Kommunisten, die Bürgerlichen, die Monarchisten, und weiß Gott wie viele andere Gruppen, ihre Partisaneneinheiten, die sich untereinander oft heftig bekämpften. Nicht zu vergessen die neofaschistischen Brigaden, die plünderten, raubten und mordeten, daneben noch die turkmenischen und slowenischen Hilfstruppen der Deutschen. Zudem gab es ganz gewöhnliche Räuberbanden, die sich politisch maskierten und zunehmend von Mafia-Satrapen geführt wurden. Niemand kannte sich mehr aus. Auf keinen konnte man sich verlassen, deshalb haben wir ja Panizza, den Gus Cassidy als Funker begleitete, hinter den deutschen Linien abgesetzt. Während dieser Operation hielt Craig Ginty bei einer Vorausabteilung der Front mit Jack und Gus Kontakt; aber er brauchte nicht mehr einzugreifen, die beiden stießen auf Herbie Miller und erledigten die Verräterbande.«
    »Waren an den Aktivitäten auch Mafiosi der Lupino- und Moretti-Familien beteiligt?«
    »Mit Sicherheit«, entgegnet Plesco. »Wenn ich Ihnen nicht weiterhelfen kann, steht Ihnen Gus Cassidy zur Verfügung; er kennt sich in

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