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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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schließlich eine üble Scharte auszuwetzen. Bei der Aufklärung von Herbies zweifelhaftem Unglücksfall muß schwer geschludert worden sein …«
    Der Chef der ›Task Force‹ sieht durch das Fenster, daß das Auftanken der DC-6 beendet ist und der Copilot die Maschine startklar meldet.
    »Bob«, hält ihn Partaker noch auf, »ich muß Ihnen leider sagen, daß nunmehr auch Tausend-Dollar-Blüten aufgetaucht sind. In Zürich. Frank ist hinterher. Er hat bereits eine Spur, aber das wird er Ihnen selber sagen. Bob«, setzt Partaker eindringlich hinzu, »ich erwarte keine Wunder von Ihnen, aber wir können die Affäre höchstens noch vier, fünf Tage geheimhalten. Wenn wir dann nicht die Banken im In- und Ausland warnen, wird uns die ganze Welt für den Schaden haftbar machen. You know what I mean – do you?«
    »I do what I can«, versichert Steel und legt auf.
    Er klettert über die Bodentreppe in die Maschine. In seinem Gesicht gären die Gedanken. Am Anfang des langen Tunnels stehen die Fälscher von Oranienburg nebst ihren Uberlebensversuchen; am Ende – wie es nunmehr aussieht – die Cosa Nostra. Die Verbindung zwischen beiden, das Mittelstück, liegt im Dunkel. Der Chef der ›Task Force‹ ist entschlossen, es blitzartig auszuleuchten. Er sagt kein Wort, als er Platz nimmt. Er weist das Tablett mit dem Imbiß zurück, schlägt sogar einen Whisky aus und ordert ein Glas Wasser.
    Mike Plesco überläßt ihn seinen Überlegungen. »Neuigkeiten?« fragt er schließlich doch, als es ihm zu lange dauert.
    Steel nickt.
    »Schlechte?«
    »Es stinkt nach Mafia«, antwortet Steel. »Sie war doch in Italien schon ziemlich angeschlagen, aber unser schlauer Geheimdienst hat sie wieder groß ins Fach gebracht. Nun können wir sehen, wie wir das ausbaden.«
    »Langsam, Bob!« erwidert der Spezialist. »So einfach liegen die Dinge nicht. Die Leute, mit denen wir in Sizilien und Unteritalien zusammengearbeitet hatten, ersparten uns ein paar Monate Krieg und mit Sicherheit Zehntausende von Toten. Sie können darüber denken, wie Sie wollen, aber die ›Onorata Società‹, die Ehrenwerte Gesellschaft, hat uns enorm geholfen.«
    »Aber doch wohl um einen verdammt hohen Preis.«
    »Ich muß es anders formulieren«, erwidert Plesco. »Die gesamte sizilianische Bevölkerung hat uns geholfen …«
    »… und die wird seit Jahrhunderten von der Mafia beherrscht.«
    »Aber es gibt gewaltige Unterschiede zwischen der Muttergesellschaft und ihren US-Ablegern«, erklärt der Spezialist. »Wenn sich unsere Intelligence-Offiziere an die Mafiosi hielten, hatte das mit Korruption zunächst wenig zu tun. Die Helfer zeigten ihnen die kürzesten Wege, das unverminte Gelände, die unzerstörten Brücken, die unbesetzten Räume, die Lücken in der deutschen Verteidigung. Sie überredeten ihre italienischen Landsleute, die Knarre wegzuwerfen und nach Hause zu gehen. Unsere GIs konnten mit ihnen zufrieden sein. Sie kannten den Mob von Amerika und verachteten ihn, aber sie wären nie auf den Gedanken gekommen, daß er von den sizilianischen ›amici degli amici‹ abstammen und eine Verbindung fortbestehen könnte. Die italo-amerikanischen Offiziere waren einfach von der altertümlichen Höflichkeit, von den ritterlichen Umgangsformen, von dieser Grandezza in Lumpen fasziniert und fielen voll darauf herein. Wenn Mafiosi für Gefälligkeiten belohnt werden sollten, lehnten sie ab und beteuerten schlicht: ›E cosa nostra – es ist unsere Sache.‹ Unsere Boys fühlten sich in ihrer Schuld – und wer dachte bei diesem Stichwort schon an die fünf Cosa-Nostra-Syndikate in New York?«
    »Man hat nicht nur die Mafia-Paten von der Sizilien vorgelagerten Sträflingsinsel Favignana befreit, sondern auch ihre Sottocapi und Consiglieri geholt und zu Bürgermeistern und Verwaltungsbeamten gemacht.«
    »In der ersten Zeit«, schränkt Plesco ein. »Als wir dann Befürchtungen haben mußten, haben wir diese Leute wieder abgesetzt und durch andere ersetzt.«
    »Doch da hatten sich die Italo-Abwehroffiziere schon so weit mit ihnen eingelassen, daß auch sie abgelöst werden mußten«, versetzt Steel.
    »Etwa die Hälfte«, bestätigt der Italien-Spezialist. »Sicher ist einigen von ihnen schlimmes Unrecht geschehen. Übrigens spielten unserer Meinung nach die Mafia und ihre Geheimbünde nur in Sizilien und den südlichen Provinzen Italiens eine Rolle. Daß wir uns darauf verließen, das war unser Fehler. Wir wußten damals nicht, daß es durch die

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