Pink Christmas (German Edition)
Öffentlichkeit mitbekam, was zwischen uns vorgefallen war. Deshalb trat ich zu Julian und flüsterte: „Können wir das bitte woanders klären?“
„Tz …“, machte Julian. „Es gibt nichts zu klären.“
„Oh, doch!“, erwiderte ich. „Da gibt es einiges.“
„Na, dann …“ Julian tauschte einen vielsagenden Blick mit seinen Freunden. „Wenn du zwingend darauf bestehst, gehen wir halt woanders hin.“
Ich musterte die beiden Kerle zu Julians Seiten und forderte schließlich: „Allein.“
Julian lachte höhnisch. „Als ob ich mit dir allein irgendwo hingehen würde …“
Daraufhin grunzten seine Kumpels, als ob durch Julians Aussage ein wirres Kopfkino in ihnen stattfand.
„Allein oder gar nicht“, konkretisierte ich meine Forderung. „Alles andere wäre sowas von albern.“
Julian starrte mich einen ganzen Moment wortlos an. Er wirkte tatsächlich etwas perplex. Fast, als hätte er soeben verinnerlicht, wie kindisch er sich aufführte.
„In Ordnung“, sagte er dann. „Willst du deinem süßen Italiener noch schnell auf Wiedersehen sagen?“
Meine Augenbrauen zogen sich zusammen. Ich wandte mich um und folgte Julians Blick bis zu Ferris, der unbeholfen dastand und nicht zu wissen schien, wie er sich verhalten sollte. Daraufhin machte ich eine flüchtige, winkende Bewegung in seine Richtung und trat anschließend näher zu Julian. Der widmete sich vorerst noch einmal seinen beiden Kumpels: „Ihr könnt schon mal was trinken. Ich komm‘ gleich zurück.“
Die beiden nickten und traten zu einem der Stände, die Glühwein ausschenkten – allerdings nicht zu dem von Ferris.
Julian und ich quetschten uns durch die Menschenmasse. Zwischen den vielen Besuchern des Weihnachtsmarkts stank es nach Schweiß, Parfüms, Alkohol und würzigem Essen. Ich verzog mein Gesicht und folgte meinem ehemaligen Freund bis zum leeren Teil der Fußgängerzone. Dort lehnte ich mich gegen das kühle Schaufenster eines geschlossenen Ladens, winkelte ein Bein an und tat lässig. Natürlich diente mein Verhalten nur dafür, meine Aufregung zu überspielen. In Wahrheit hatte ich weiche Knie und verspürte einen unangenehmen Druck am Hals, als würde ein unsichtbares Band meine Kehle zuschnüren.
„Also, worüber willst du reden?“, fragte Julian.
Ich sah ihn an. Er wich meinem Blick aus. Er wirkte nervöser als ich. Diese Tatsache verwirrte mich.
„Julian …“, begann ich und sprach bedacht ruhig. „Was soll denn der ganze Quatsch?“
„Dasselbe könnte ich dich fragen“, entgegnete Julian. „Erst versuchst du mich zu küssen, outest dich und machst plötzlich mit sämtlichen dahergelaufenen Kerlen rum. Ich erkenn‘ dich überhaupt nicht wieder.“
„Ich hab‘ doch nicht mit dem rumgemacht!“, verteidigte ich mich und konnte mir ein kurzes, fassungsloses Lachen nicht verkneifen. „Der Kerl hat sich bloß mit mir unterhalten.“ Ich pausierte kurz, nahm mein Bein wieder herunter und fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. „Und überhaupt … Was interessiert dich das noch? Ich dachte, du willst nichts mehr mit mir zu tun haben.“
Julian nickte bekräftigend und machte dabei unkontrollierte Gesten mit seinen Händen. „Ja, du hast recht! Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.“
„Und warum stehst du dann hier mit mir und regst dich über Dinge auf, die dir egal sein könnten?“
„Weil … weil …“ Julian senkte den Kopf, nahm seine Hände herunter und seufzte kaum hörbar.
„Ich hatte recht, oder?“, fragte ich. „Wegen der Berührung im Hörsaal, meine ich.“
„Ich hab‘ keine Ahnung, wovon du sprichst!“
„Okay, dann eben anders …“, murmelte ich. Der Alkohol in meinem Blut beflügelte mich zu neuem Mut und trieb mich dazu an, mich meinem besten Freund erneut auf eine intime Art und Weise zu nähern. Julian regte sich nicht. Ich hob meine Hand, umfasste sein Kinn und schob es mit sanfter Gewalt nach oben. Braune Augen trafen auf meine, Spannung lag in der Luft. Mein Verstand schaltete sich aus. Mir wurde schwindelig. In Julians Augen sah ich die Wahrheit. Die ganze Wahrheit. Ich sah, dass er mich liebte, diese Gefühle allerdings zu unterdrücken versuchte.
„Wovor hast du Angst?“, flüsterte ich.
Julian schielte zu meinen Lippen, sah mir dann wieder in die Augen.
„Ich weiß nicht …“, nuschelte er.
Ich schaffte ein kurzes Lächeln, bevor ich die letzten Millimeter zwischen uns überwand und meine Lippen auf die von Julian presste. Sofort explodierte
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