Pink Christmas (German Edition)
wir gehen in die Stadt und kaufen uns Fladenbrot mit gebratenem Schweinefleisch und gekochten Rüben. Ach, bitte komm! Ich hab solchen Hunger!“
Juri sah, wie stolz und glücklich es seinen Freund machte, etwas spendieren zu können.
Er schlug ihm auf die Schultern. „Na gut. Aber ich warne dich: Ich kann eine Menge vertragen. Das wird ein teurer Morgen für dich.“
Die beiden gingen in eine der bunt geschmückten Einkaufsstraßen Moskaus, das im Schnee fast versank. Sie verdrückten Unmengen von Fleisch, Gurken, Zwiebeln und scharfen Paprikas. Da sie fast immer Hunger gelitten hatten, gab es für die beiden nichts schöneres, als sich mit Essen vollzustopfen. Mit einer Tüte gerösteter Kastanien schlossen sie ihr Mahl ab. Langsam bummelten sie durch die weißen Straßen der eiskalten Stadt. Die vielen hastenden Menschen nahmen keine Notiz von ihnen. Juri sah sich verständnislos um.
„Bei der Kälte würde ich doch lieber zu Hause sitzen ...“ Juri hauchte sich in die klammen Hände. Verfluchte Kälte. Dann zog er seine Strickmütze über die Augenbrauen.
Petja lachte ein silberhelles Lachen.
„Es ist doch Weihnachten! Heute! Dummkopf! Heute ist Heiligabend!“
Aus einem der Hinterhöfe klang laute Akkordeonmusik, frohes Singen und Lachen. Viele junge Paare heirateten am Heiligen Abend. Das sollte der Ehe Glück bringen.
Petja hatte plötzlich Tränen in den Augen. Die schmalen Lippen, die eben noch gelächelt hatten, verzogen sich zu einem traurigen Kindermund.
Juri, selber noch Kind genug, um den Schmerz mit zu fühlen, schlug Petja mit der Faust gegen die Schulter. „Jetzt wein nicht wie ein Baby. Ist doch nichts dabei, an Weihnachten. Das ist nur was für die fetten Schweine, die mit ihren dicken Ärschen auf ihrem Plüschsofa sitzen und sich unterm Weihnachtsbaum Geschenke zuschieben. Wer will denn so leben?“
Kaum hatten die Worte seinen Mund verlassen, wurde ihm klar, dass es genau das war, was er sich sehnlichst wünschte. Und Petja auch.
Schweigend machten sie sich auf den Heimweg. Langsam brach die Nacht herein. Große, weiße Flocken schwebten lautlos zu Boden. Im Licht der Neonreklamen glitzerte der Schnee, als wären Tausende und Abertausende von Juwelen darauf ausgeschüttet.
Petja hatte die schmale, kalte Hand in Juris Jackentasche geschoben, wo sie Juris Kraft begegnete.
Petja zog den widerstrebenden Juri zu einem Schaufenster.
„Komm! Komm mit! Ich muss dir was ... Sieht das nicht aus wie im Himmel!“
Juri schaut in die Auslage des Pfandleihers. Ihn berührten die kitschigen goldenen Spiegel und die gestickten Tischtücher nicht. Nicht einmal die goldenen Ohrringe gefielen ihm. Kristallgläser, Silberbestecke, purpurne Samtkissen mit goldenen Fransen. Es war ihm gleich. Er freute sich aber über die strahlende Miene Petjas, der seine Nase gegen das Schaufenster drückte und verzückt all die Herrlichkeiten betrachtete. Der kleine Narr!
„Was gefällt dir am besten, Kleiner?“
Petja zögerte. Dann zeigte er seltsam schüchtern auf einen kleinen Bajazzo mit Porzellankopf. Mit einer Halskrause und weißem seidenem Anzug. Ein wenig fürchtete er, Juri könnte ihn auslachen. Aber Juri lachte nicht.
„Komm, Kleiner, wir gehen nach Hause.“ Juri legte den Arm um Petjas schmale Schultern und zog ihn weg von dem erleuchteten Schaufenster.
Petja sah verträumt hinauf zum Himmel. „Ob es stimmt? Das mit Weihnachten und dem Jesuskind? Ob das Kind in der Krippe auch so gefroren hat?“
Petjas Zähne schlugen laut aufeinander vor Kälte.
Juri antwortete nicht. „Los, komm jetzt. Beeil dich!“
Petja blieb wie angewurzelt stehen.
„Ich muss noch zum Bahnhof. Der wartet auf mich.“
Juri fühlte heiße Wut in sich aufsteigen.
„Hast du nicht gehört, was ich sage: Ab nach Hause. Du hast auf dem Bahnhof nichts verloren. Wenn ich dich jemals dort erwische, breche ich dir jeden einzelnen Knochen im Leib. Hast du verstanden! Los jetzt! Mach, dass du heim kommst!“
„Kommst du nicht mit?“ Gewöhnt dem Stärkeren zu gehorchen, stapfte Petja durch den tiefen Schnee heimwärts.
„Später, ich komme später!“
Juri kam erst mitten in der Nacht.
Er stolperte über zwei Kinder, die auf dem Boden schliefen. Fluchte. Hastete zu Petjas Bett und schüttelte ihn. „Wach auf, los! Schnell! Wir müssen verschwinden!“
Petja rieb sich die Augen. Atmete tief durch die Nase ein. „Du riechst nach Wodka! Komm ins Bett und schlaf deinen Rausch aus.“
Juri packte mit der Linken
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