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Pink Hotel

Pink Hotel

Titel: Pink Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Stothard
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für einen denn?«, fragte ich, gerade als die jüngere Kellnerin
von hinten mit meinem Milchshake wiederkam.
    »Wahnsinnspartys«, sagte sie lächelnd. »Ich hab gesehen, wie Sie
durch die Fenster reinsehen wollten. Haben Sie nicht gewusst, dass es
geschlossen ist?«
    »Ich hab mich nur gefragt, warum es zu ist«, sagte ich. »Es sieht
doch ganz nett aus.«
    [140]  »Das war es nicht wirklich«, sagte die Ältere. »Früher schon,
bevor es die neuen Geschäftsführer vor ungefähr fünf Jahren übernommen haben.«
    »Was hat mit denen nicht gestimmt?«
    »Sie haben das falsche Publikum angelockt. Nicht gerade anständige
Leute, verstehen Sie? Miese Typen. Drogen, Motorräder und alles irgendwie
schmuddelig. Natürlich tut es mir leid, dass sie tot ist, schlimm ist das, aber
dass ihr Mann das Hotel geschlossen hat, tut mir nicht leid.«
    »Waren Sie mal auf so einer Party?«, fragte ich die Kellnerin mit
den Zöpfen.
    »Nein, aber meine Freundin Daria hat dort geputzt. Sie hat gesagt,
was man da manchmal am Morgen zu sehen bekam, war einfach eklig, na ja, Sie
verstehen schon.«
    »Sie isst gerade, Missy, du sollst nicht so reden, wenn jemand beim
Essen ist«, rügte die Mutter ihre Tochter, während ich den kalten Schaum von
meinem Milchshake schlürfte. »Jedenfalls war das Hotel nicht gut für das Image
unseres Cafés: Sonntagmorgens tauchten hier die seltsamsten Gestalten zum Frühstück
auf, und die meisten von denen waren vorher nicht im Bett gewesen.«
    »Nicht zum Schlafen«, grinste Missy, und ihre Mutter tat schockiert
und schaute weg. »Ich hab gehört, wie ein Gast gesagt hat, der Typ – Mr Harris – schließt nur die eine Saison, um wieder klarzukommen mit sich. Der Tod seiner
Frau hat ihn total fertiggemacht, das ist alles. Armer Kerl. Sie war umwerfend.«
    »Wer schließt ein Strandhotel in der Hochsaison?« [141]  Missys Mutter
klang gereizt, während sie sich an der Sandwichtheke zu schaffen machte. »Ich
hab gehört, es soll ziemliche Geldprobleme geben.«
    »Was für Geldprobleme?«, fragte ich.
    »Sie waren ganz schön verschwenderisch. Da haben Leute umsonst
übernachtet, und sie haben jede Menge Partys geschmissen«, sagte Missy.
    »Sie haben nicht ausgesehen wie die Sorte Leute, die eine solide Buchführung
haben, Sie verstehen«, sagte ihre Mutter.
    »Sie wissen nicht zufällig, wo der Geschäftsführer hin ist, oder?«,
fragte ich. Aus dem Fenster des Cafés sah man eine Skateboardrampe, über deren
Kante Kids sprangen wie Fett, das aus einem Wok spritzt.
    »Wir haben ihn nicht persönlich gekannt«, sagte Missy, »nur ab und
zu hier in der Gegend gesehen. Manchmal sind sie ins Café gekommen, aber nicht
oft. Ein paarmal haben sie am Strand Händchen gehalten, oder manchmal, wenn ich
morgens hier aus dem Fenster geschaut hab, hatten sie sich auf der Feuerleiter
oder auf dem Dach in der Wolle, noch in Partyklamotten. Wenn Sie mich fragen,
er muss total durch den Wind gewesen sein, als Lily gestorben ist – der wollte
bestimmt überall sonst sein, nur nicht im Pink Hotel.«

[142]  17
    Am Dienstagabend kurz vor sechs Uhr zündete ich mir vor
dem Serena Hostel eine Zigarette an, während ich darauf wartete, dass David
mich abholte. Von Tag zu Tag wurde es heißer in Los Angeles. Den Schulrucksack
über einer Schulter, stand ich in Lilys roten Stilettos, ihrem weißen
Neckholder-Top und mit ihren Silberohrringen da und sah die Straße rauf und
runter, ob ich Davids Auto entdecken konnte. Ein heranfahrender schwarzer SUV sah dem von David ähnlich, aber drinnen saß ein
blonder Mann, der gereizt in ein Headset redete. »Du hast mich gefragt, wie es
mir geht«, quengelte er bei heruntergelassenem Fenster, so dass jeder den
Streit mithören konnte, »und wenn ich’s dir sage, fängst du sofort wieder von
dir an. Es ist immer das Gleiche.« Dann setzten sich die Autos in Bewegung, der
blonde Nörgler fuhr davon, und mein Blick wanderte zum nächsten Auto, in dem
eine junge Frau zum Radio sang, und wieder dem nächsten, auf dessen Rückbank
sich Kinder zankten.
    Ein paar Wagen parkten am Bordstein gleich rechts vom Hostel, und
mir fiel eine alte grüne Karre auf, kein Vergleich zu Davids schickem SUV . Der Beifahrersitz war mit Fast-Food-Verpackungen
übersät, und vor einem [143]  Mann mit Stiernacken und akkurat gescheiteltem
schwarzem Haar hingen Duftbäume vom Rückspiegel. Gerade als ich den Fahrer
ansah, schaute auch er von der Zeitschrift auf, in der er las, und mir direkt
in die Augen.

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