Pippi Langstrumpf
sich. Es war Pippi, die angerannt kam.
„Sie können mir glauben, daß Großmutter trauerte, als sie Malli verlor. Denken Sie nur, eines Dienstagmorgens, als Malli kaum mehr als ein Dutzend Teetassen zerschlagen hatte, rückte sie aus und ging zur See. Und Großmutter mußte an dem Tag das Porzellan selbst zerhauen. Und sie war es ja nicht gewohnt,die Ärmste, sie bekam Blasen an den Händen. Von Malli hat sie nie wieder etwas gesehen. Und das war schade, es war so ein prima Mädchen, hat Großmutter gesagt.“
Dann ging Pippi, und die Damen eilten weiter. Aber als sie ein paar hundert Meter gegangen waren, hörten sie von weitem Pippi aus voller Lunge schreien:
„Sie – hat – nie – mals – un – ter – den – Bet – ten – ge – fegt!“
Pippi tritt als Lebensretterin au f
Eines Sonntagnachmittags saß Pippi da und überlegte, was sie anfangen könnte. Thomas und Annika waren mit ihren Eltern zu einer Teegesellschaft eingeladen, so daß sie also nicht kommen konnten.
Der Tag war mit allerlei angenehmen Beschäftigungen ausgefüllt gewesen. Pippi war zeitig aufgestanden und hatte Herrn Nilsson Saftwasser und Brötchen ans Bett gebracht. Er sah so niedlich aus, wie er in seinem hellblauen Nachthemd dasaß und das Glas mit beiden Händen festhielt. Dann hatte sie das Pferd gefüttert und gestriegelt und ihm eine lange Geschichte von ihren Reisen auf dem Meer erzählt. Danach war sie ins Wohnzimmer gegangen und hatte ein großes Bild auf die Tapete gemalt. Das Bild stellte eine dicke Dame in rotem Kleid und schwarzem Hut dar. In der einen Hand hielt sie eine gelbe Blume und in der anderen eine tote Ratte. Pippi fand, daß es ein sehr schönes Bild war. Es schmückte das ganze Zimmer. Dann hatte sie sich an ihre Klappkommode gesetzt und alle ihre Vogeleier und Schnecken angesehen. Da waren ihr alle die wunderbaren Plätze eingefallen, wo sie und ihr Vater das alles gesammelt hatten, und die kleinen, netten Läden in der ganzen Welt, wo sie die vielen schönen Sachen gekauft hatten, die jetzt in den Schubladen der Kommode lagen. Danach hatte sie versucht, Herrn Nilsson Schottisch tanzen zu lehren, aber er hatte nicht gewollt. Einen Augenblick lang hatte sie überlegt, es mit dem Pferd zu versuchen, aber dann war sie lieber in den Holzkasten gekrochen und hatte den Deckel über sich zugemacht. Sie hatte gespielt, daß sie eine Sardine in einer Sardinenbüchse sei, und es war bloß schade gewesen, das Thomas und Annika nicht dabei waren, dann hätten sie auch Sardinen sein können.
Aber jetzt fing es an, dunkel zu werden. Sie preßte ihre kleine Kartoffelnase gegen die Fensterscheiben und sah in die Herbstdämmerung hinaus. Da fiel ihr ein, daß sie schon seit ein paar Tagen nicht geritten war, und sie entschloß sich, jetzt gleich einen Ritt zu machen. Das würde ein netter Abschluß für einen angenehmen Sonntag sein.
Sie setzte ihren großen Hut auf, holte Herrn Nilsson, der in einer Ecke saß und mit Murmeln spielte, sattelte das Pferd und hob es von der Veranda herunter. Und dann ritten sie los, Herr Nilsson auf Pippi und Pippi auf dem Pferd.
Es war ziemlich kalt, die Wege waren gefroren, und es klirrte ordentlich, als sie angeritten kamen. Herr Nilsson saß auf Pippis Schulter und versuchte, ein paar Zweige von den Bäumen zu erfassen, an denen sie vorbeikamen. Aber Pippi ritt so schnell, daß es ihm nicht gelang. Die vorbeisausenden Zweige klatschten ihm nur ein paarmal tüchtig um die Ohren, und er hatte Mühe, seinen Strohhut auf dem Kopf zu behalten.
Pippi ritt durch die kleine Stadt, und die Menschen drückten sich ängstlich gegen die Hauswände, als sie vorbeigestürmt kam.
Die kleine Stadt hatte natürlich einen Marktplatz. Da standen ein kleines, gelb gestrichenes Rathaus und auch einige alte, hübsche, einstöckige Häuser. Ein großes Haus war auch dort. Das war ein dreistöckiger Neubau, der „Wolkenkratzer“ genannt wurde, weil er höher war als alle anderen Häuser der Stadt.
An so einem Sonntagnachmittag wirkte die kleine Stadt sehr still und friedlich. Sie schien vor sich hin zu träumen. Aber plötzlich wurde die Stille von lauten Rufen unterbrochen:
„Es brennt im Wolkenkratzer! Feuer! Feuer!“
Von allen Seiten kamen Menschen mit erschrockenen Augen angelaufen, ein Feuerwehrauto fuhr unter beharrlichem Getute durch die Straßen, und die kleinen Kinder der Stadt, die sonst immer fanden, daß es so lustig war, das Feuerwehrauto zu sehen, weinten vor Schreck, weil sie
Weitere Kostenlose Bücher