Pirat des Herzens
alles. Liam hatte sie nicht gehen lassen, und ihr Verlangen hatte seine Leidenschaft immer wieder entfacht. Das erste Mal war unendlich sanft, unendlich zärtlich gewesen, das zweite Mal zügellos und wild. An den Rest erinnerte sie sich nur verschwommen. Seine Hände, seine Lippen, sein mächtiges Eindringen, seine geflüsterten Zärtlichkeiten und sündigen Lüsternheiten, alles verschwamm ineinander. Doch kein einziges Mal hatte Liam seinen Samen in sie gespritzt, nicht einmal.
Trauer spülte Katherines satte Trägheit fort. Sie hatte sich immer Kinder gewünscht. Und jetzt war sie seine Frau. Warum verweigerte er ihr seine Kinder? Welche dunklen Dämonen trieben ihn zu diesem unnatürlichen Verhalten? Jeder Mann wünschte sich Erben: Unsterblichkeit. Nur er nicht.
»Ich bin nicht so verantwortungslos, meine Bastarde in die Welt zu setzen. Ich will keine Kinder, und ich werde keine Kinder haben.« Seine Worte hallten in ihrem Kopf wider.
Katherine öffnete die Augen. Sonnenlicht strömte ins Zimmer. Es mußte bald Mittag sein. Sie sah den Mägden zu, die duftende Rosmarinzweige ins dampfende Badewasser streuten. Sie sollte sich freuen, doch eine tiefe Niedergeschlagenheit bemächtigte sich ihrer. Sie richtete sich auf, hielt das Laken vor ihre Blöße. Und dann erschrak sie.
Liam stand in der Tür. Als ihre Augen einander trafen, flog ein zaghaftes Lächeln über seine Gesichtszüge.
»Guten Morgen, Kate.« Er trat ans Bett, küßte die Innenseite ihrer Hand und blickte ihr dabei tief in die Augen. Die Mägde beeilten sich tuschelnd, die Kammer zu verlassen. Katherines Wangen glühten. Sein Blick war so zärtlich, ließ sie wissen, daß er mehr für sie empfand, als er bisher eingestanden hatte. Diese Erkenntnis machte sie aber um so trauriger.
Er setzte sich neben sie aufs Bett. »Du machst ein trauriges Gesicht. Welche dunklen Gedanken quälen dich?«
Sie musterte ihn prüfend, dann platzte sie heraus. »Liam, jetzt sind wir verheiratet, und du willst sicher Kinder haben, oder?«
Sein Lächeln gefror. Abrupt stand er auf. Seine Augen sprühten Funken.
»Nein, Katherine. Ich dachte, du hast das begriffen. Ich setze keine Kinder in die Welt.«
Katherine zog die Bettdecke bis zum Hals. »Das verstehe ich nicht.«
»Das kann ich mir denken«, entgegnete er barsch.
»Aber ich bin deine Frau.« Verzweiflung und Zorn stiegen in ihr hoch. »Ich habe weiß Gott nicht darum gebeten, aber nun ist es geschehen. Und ich habe gewisse Rechte.«
»Ich will nicht, daß meine Söhne gezwungen sind, als Seefahrer die Meere zu durchkreuzen, weil sie keine Heimat haben. Und eine Tochter hätte noch weniger Chancen. Nein, ich will keine Kinder.«
Katherine schüttelte verständnislos den Kopf. »Bitte, Liam. Es ist sehr wichtig. Wir müssen darüber reden. Wir müssen...«
»Nein!«
Katherine zuckte unter seinem scharfen Ton zusammen.
Seine Augen glühten. »Nein. Ich werde keine Huren und Piraten in die Welt setzen.«
Katherine schrie auf - als die Tür hinter ihm ins Schloß krachte.
25
Der Brief traf einen Monat später ein, im August. Liam brachte ihn, als er von seiner zweiten Reise zurückkehrte, die nicht länger als eine Woche dauerte. Katherine erkannte das Siegel des Grafen von Desmond. Ihr Herzschlag setzte aus. Der Absender war ohne jeden Zweifel ihr Vater, der nach wie vor die Insignien benutzte, auf die er kein Recht mehr hatte.
Liam beobachtete sie prüfend, als sie den Brief anstarrte. »Ich gehe nach oben und nehme ein Bad.« Dann lächelte er verführerisch. »Vielleicht wäschst du mir den Rücken, wenn du den Brief gelesen hast.«
»Danke, Liam«, entgegnete Katherine leise und blickte ihm nach, wie er die Treppe hinaufstieg. Sie war ihm dankbar, daß er ihr Zeit gab, das Schreiben in Ruhe zu lesen. Seit ihrer Entführung und noch mehr seit ihrer Heirat hatte sie aufgehört, an die Welt außerhalb ihrer Insel zu denken. Ihr Vater gehörte zu dieser Welt, und eigentlich wollte sie gar nicht wissen, was er ihr zu sagen hatte.
Sie trat an den Kamin. Zögernd brach sie das Siegel.
1. Juli 1571
Liebste Katie, warum schreibst du mir nicht? Was ist geschehen? Der Hof war in Aufruhr über deine Entführung, die Königin zornentbrannt, ebenso John Hawke. Doch Ihre Majestät schlug ihm die Bitte ab, Dich und O’Neill festzusetzen.
Beherzigst du meine Bitte? Ist O’Neill ein feuriger Verehrer? Wird er sich für meine Sache einsetzen? Meine Situation ist unverändert. Meine Sorgen werden immer
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