Pirat des Herzens
festgenommen?«
»Nein.«
Elisabeth rang nach Luft. »Was?! Seid Ihr nicht in der Lage, eine Verrückte festzunehmen? Eine Wahnsinnige, die mich ermorden wollte?« kreischte die Königin.
Leicester war an die Anrichte getreten, um der Königin ein Glas Branntwein einzugießen, das er ihr nun reichte. »Trinkt!« befahl er.
Elisabeth gehorchte.
Leicester wartete, bis die Königin einen kräftigen Schluck genommen hatte. »Wer weiß, wohin die Wahnsinnige flieht.«
»Zu ihrem rebellischen Vater selbstverständlich.«
»Hawke war in St. Leger House. Dort ist sie nicht.«
Elisabeths Hand krallte sich an seinem Wams fest. »Und Ihr, Robin? Habt Ihr sie gesehen? Lehmbespritzt und mit zerzaustem Haar? Habt Ihr die Augen gesehen? Das Flackern des Irrsinns?«
»Elisabeth«, versuchte er sie zu beschwichtigen.
»Antwortet mir!« herrschte die Königin ihn an.
»Ja.«
»Wollt Ihr noch immer mit ihr ins Bett?«
Er blickte ihr unverwandt in die Augen. »Erwartet Ihr von mir, wie ein Mönch zu leben, wenn Ihr mir verwehrt, was ich begehre?«
Wütend schleuderte Elisabeth das kostbare Glas zu Boden, das in tausend Scherben zersplitterte. »Sie ist zu ihm gelaufen. Zu O’Neill. Vielleicht liegen sich die beiden bereits in den Armen. Dabei habe ich dem Schuft gesagt, er würde sie nie bekommen!«
»Wen liebt Ihr eigentlich, Bess?« fragte Leicester scharf. »Ihn oder mich?«
Elisabeth preßte die Lippen aufeinander.
Er seufzte. »O’Neills Schiff wurde auf hoher See gesichtet. Katherine hält sich mit Sicherheit noch in der Nähe der Stadt auf. Die beiden können nicht zusammen sein.«
»Ich will sie hängen sehen«, kreischte Elisabeth.
»Liebste, bitte, denkt doch nach! Die Frau ist vor Kummer wahnsinnig - sie wußte nicht, was sie tat. Sie...«
»Schweigt! Wagt bloß nicht, das Frauenzimmer zu verteidigen, Robin. Ich warne Euch!«
Leicester schwieg.
Elisabeth trat ans Fenster und blickte auf die graue, träge fließende Themse. »Sie wird wegen Hochverrat verurteilt, Robin. Ich muß sie hängen.«
»Sie hat versucht, die Königin zu töten. Sie kann nicht hierbleiben!«
»Sie ist meine Tochter. Ihr Ehemann ist auf der Flucht. Sie bleibt, Eleanor, wenigstens so lange, bis ich einen sicheren Ort weiß, wohin ich sie schicken kann.«
Katherine hörte sich die Auseinandersetzung zwischen ihrem Vater und Eleanor teilnahmslos an. Sie war zu schwach, um den Kopf zu heben, den sie auf ihre verschränkten Arme auf die Tischplatte gebettet hatte. Liam war die Flucht gelungen, das machte sie glücklich. Er war gerettet. Doch nun mußte sie ihren Teil der Abmachung erfüllen, die sie mit Graf Leicester getroffen hatte.
»Sie ist wahnsinnig - sieh sie dir an!« zischte Eleanor.
Den Mund seiner Tochter umspielte ein seltsames Lächeln, gleichzeitig liefen ihr die Tränen über die Wangen. »Sie hat vor kurzem entbunden, und du weißt, was man ihr angetan hat. Laß sie in Frieden!«
Katherines Fingernägel kratzten auf der Tischplatte. War sie wahnsinnig? Sie war selbst zutiefst erschrocken, daß sie versucht hatte, die Königin zu töten. Sie hatte in irrsinnigem Zorn gehandelt, wegen ihres neugeborenen Kindes, das die Königin ihr geraubt hatte. Ein trockenes Schluchzen schüttelte ihren Körper.
Würde ihr Kind unter den Verbrechen seiner Eltern leiden? Liam, der Verschwörer, war entflohen. Und Katherine hatte versucht, die Königin zu töten. Was hatte Elisabeth mit ihrem kleinen Sohn vor?
Vielleicht würde Leicester ihr noch einmal helfen.
Gerald beugte sich über sie. »Katie«, sagte er leise, »geh zu Bett. Du brauchst dringend Schlaf.«
Katherine lächelte unter Tränen zu ihrem Vater auf. »Werde ich je mein Kind Wiedersehen, Vater? Wird es ernährt und umsorgt und geliebt? Wie soll ich bloß weiterleben?«
Er strich ihr über das zerzauste Haar. »Wir sprechen morgen darüber, Kind, wenn du ausgeruht bist.«
Er half ihr aufzustehen. »Und Liam?« preßte sie mit erstickter Stimme hervor. »Werde ich ihn je Wiedersehen?«
Gerald lächelte zuversichtlich. »Daran habe ich keinen Zweifel.«
»Ich weiß, daß sie hier ist.«
Gerald, eine Kerze in der Hand, stand dem Grafen von Leicester in der düsteren Halle gegenüber. »Die Soldaten der Königin waren zweimal hier und haben das Haus vom Speicher bis zum Keller durchsucht. Katherine ist nicht hier, Mylord.«
Leicester lächelte. Das Kerzenlicht flackerte über seine dunklen, schönen Gesichtszüge. »Gerald, Ihr Vergeßt, daß ich Euer Freund
Weitere Kostenlose Bücher