Pirat des Herzens
den Galgen bringen wollt, so soll er im Kerker verrotten.« Und wie nebenbei setzte er hinzu: »Und überlaßt mir das Mädchen. Sie ist meine Halbschwester. Wer könnte sie besser beschützen als ich? Ich werde sie zu einem meiner Brüder nach Kilkenny Castle bringen, dort ist sie in guten Händen.«
Elisabeth warf Cecil einen Blick zu.
Er hatte geduldig gewartet, bis die Reihe an ihm war zu sprechen. »O’Neill hat sich bisher nichts zuschulden kommen lassen. Wir haben keinen Grund, ihn wie einen Verbrecher einzusperren«, gab er ruhig zu bedenken.
»Er ist der Piraterie schuldig.« Der Schwarze Tom lachte böse. »Ich kann Euch ein Dutzend Zeugen für seine Greueltaten bringen.«
Elisabeth hob abwehrend die Hände. Sie war sehr bleich. »Nein. Wir werden keine Klage wegen Piraterie gegen ihn erheben.«
Ormond wandte sich wutentbrannt ab, ohne den Blick zu bemerken, den Elisabeth und Cecil tauschten. Cecil legte seine Hand auf den Arm der Monarchin. »Eine weise Entscheidung, Majestät«, sagte er leise. »Wenn wir O’Neill einkerkern und das Mädchen Ormond überlassen, werden wir nie erfahren, ob FitzGerald eine neue Verschwörung gegen Euch plant. Laßt beide gehen. Meine Spione werden sie beobachten.«
Ormond blickte die Monarchin und ihren Ratgeber finster an. »Ihr begeht einen folgenschweren Fehler!«
Elisabeth achtete nicht auf ihn. »Ja, Cecil, der Plan ist gut. An ihrem Verhalten werden wir ihre Absichten erkennen. Ihr seid ein bedächtiger Mann, Cecil.«
Cecil lächelte.
»Wir werden beide freilassen.« Sie tätschelte Tom Butlers Schulter. »Und Wir werden bald wissen, ob sie sich gegen Uns verschworen haben oder nicht. Wenn sie nach Irland reisen, verdichtet sich der Verdacht ihrer Schuld.« Sie machte eine Pause. »Und wenn Liam das Mädchen heiratet, dann wissen wir, daß Tom recht hatte - damit wäre der Beweis ihrer Schuld erbracht.«
Katherine hatte kaum ihre Morgentoilette beendet, als sie erneut zur Königin gerufen wurde: Mit bangem Herzen folgte sie dem Leibwächter die endlosen Flure des Palastes entlang. Hatte die Königin sich entschlossen, sie der Konspiration oder gar des Hochverrates anzuklagen? Und was geschah mit Liam O’Neill? Sie wurde nicht in den Audienzsaal geführt, sondern in die Privatgemächer der Königin. Sie betrat einen holzgetäfelten Salon mit reichverzierter Stuckdecke und frischem Binsenreisig auf den polierten Eichendielen. Wieder stand William Cecil an der Seite der Königin. Eine zweite Person war anwesend, ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann, der Katherine mit kalten, schwarzen Augen entgegenblickte. Es waren viele Jahre vergangen, seit sie ihn zum letzten Mal gesehen hatte, doch sie erkannte ihren Halbbruder -den ältesten Sohn ihrer Mutter aus erster Ehe. Der erbittertste Feind ihres Vaters: Thomas Butler, Graf von Ormond.
»Lady Katherine«, empfing Königin Elisabeth sie lächelnd.
Katherine sank in einen tiefen Hofknicks. Sie fragte sich bang, was Ormonds Anwesenheit zu bedeuten habe und warum die Königin sie so freundlich empfing. Sie erhob sich und sah die Königin auf sich zukommen. »Ihr braucht keine Angst mehr zu haben, meine Liebe«, sagte die Monarchin sanft. »Wir sind zu der Überzeugung gelangt, daß Eure Geschichte wahr ist.«
Katherines Augen weiteten sich. »Wirklich?« Im selben Augenblick wurde ihr bewußt, daß ihre Reaktion den Anschein eines Schuldbekenntnisses hatte. Sie errötete. »Ich meine... vielen Dank, Eure Hoheit.« Wieder versank sie in einen Hofknicks.
Doch diesmal hielt die Königin sie am Ellbogen fest. »Bitte verzeiht Unser Mißtrauen. Aber Euer Vater hat mit seiner verräterischen Haltung Unser Mißfallen so sehr erregt, daß wir stets auf der Hut sein müssen.«
Katherine zog es vor, nichts darauf zu entgegnen.
Lächelnd fuhr die Königin fort: »Glücklicherweise geratet Ihr nicht nach Gerald, sondern nach Eurer lieben verstorbenen Mutter.«
»J... ja«, stammelte Katherine.
»Tom!« rief die Königin im Befehlston, und Ormond näherte sich. »Erinnert sie Euch nicht an Eure Mutter?«
Ormonds Miene war undurchdringlich. »Ja.«
»Eure Mutter war eine wunderbare und schöne Frau«, fuhr Elisabeth fort. »Wir waren gute Freundinnen. Als Euer Vater das erste Mal Unsere Geduld auf die Probe stellte und Wir gezwungen waren, ihn in den Tower zu werfen, wandte sie sich tief besorgt direkt an Uns und setzte sich für ihn ein. Wir versicherten ihr, der junge, eigenwillige Graf habe einen Denkzettel
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