Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
sah ihn mit Verwunderung an, denn er war fett und glatt und gesünder als damals, wo er von seinem Meister ging und war des rohen Fleisches dermaßen gewohnt, dass er gekochtes weder essen noch vertragen konnte, denn sobald er solches gegessen, klagte er ein oder zwei Stunden über Magenweh und spie das Fleisch wieder aus, wie ers hineingegessen; wenn er aber rohes Fleisch aß, war er jederzeit wohl zu paß. Wir hielten ihn zwar davon ab, soviel wir konnten, allein er ließ nicht ab davon zu essen, wenn wir es nicht sahen.
Dasselbe habe ich auch an wilden Hunden bemerkt, die ein oder zwei Monate alt waren, dass sie kein gekochtes Fleisch essen wollten.
Diese Historie habe ich hier beigebracht, die Grausamkeit und Unbarmherzigkeit vorzustellen, welche diese Leute gegen ihre Knechte verüben, zugleich auch hieraus zu erweisen, wie die menschliche Natur sich zu allen Speisen gewöhnen lasse, ja ich glaube, daß ein Mensch von Gras leben könnte, sowohl als die Tiere, wovon ich anderorts mehr Exempel anführen will.
Die Bukanier werden zuweilen von den Spaniern ausgekundschaftet und manchmal um ihre Hälse gebracht, wie zu verschiedenen Malen geschehen ist, denn aus San Domingo allein sind fünf Kompagnien Spanier an die Nordseite gekommen, die Bukanier aufzusuchen, (beten aber gemeiniglich, daß sie selbe nicht antreffen). Doch besitzen die Spanier nicht die Courage zu einem offenen Kampf; sie versuchen vielmehr die Jäger in ihren Schlupfwinkeln aufzuspüren und sie dort im Schlaf zu ermorden. Einem französischen Bukanier lauerten einmal frühmorgens, als er mit seinem Knecht zur Jagd aufbrach, zwölf berittene spanische Soldaten im Busch auf. Er bemerkte wohl ihre Hufspuren, doch gelang es ihm trotzdem nicht, seinen Verfolgern zu entkommen, da ihn das Gekläff seiner Hunde verriet. Als der Bukanier sah, daß er nicht entkommen konnte, blieb er stehen und schüttete Pulver und Blei in seinen Hut, den er vor seine Füße legte. Desgleichen tat sein Knecht und erwartete Rücken an Rücken die Verfolger. Die zwölf spanischen Reiter kreisten sie ein und riefen ihnen zu, sie möchten sich ergeben. Obwohl ihnen die Spanier versprachen, sie am Leben zu lassen, traute der Bukanier ihren Worten nicht, denn er selbst hatte den Spaniern schon manche Posse gespielt und wußte wohl, daß sie ihn bei lebendigem Leibe verbrennen würden, sobald sie ihn gefangen hätten. So antwortete er ihnen, daß er keine Gnade verlange; der erste aber, der ihm zu nahe komme, müsse dies mit seinem Leben bezahlen. Zugleich legte er seine Flinte an und tat, als wolle er schießen. Als die Spanier dies sahen, ließen sie ihn unbehelligt und ritten ihres Wegs. Ein anderer von den Spaniern überraschter Bukanier half sich auf ebenso listige Weise in der Not. Er legte seine Flinte an und begann zu schreien und zu rufen, als seien noch viele andere Jäger in seiner Nähe. Da die Spanier dieses hörten, wurden sie bestürzt und nahmen Reißaus; und also kam er mit dem Leben davon.
Die anderen Jäger tun nichts als wilde Schweine schießen, das Fleisch einsalzen und an die Pflanzer verkaufen. In ihrer Lebensart sind sie von den ersten in nichts unterschieden. Doch will ich, dem wißbegierigen Leser genug zu tun, von ihrer Manier zu jagen erzählen, die freilich sehr unterschieden ist von der der Jäger hierzulande, wenn sie auf die Wildschweinhatz gehen. Sie haben feste Plätze, wo sie drei bis vier Monate, ja manchmal wohl ein ganzes Jahr verbleiben, und diese nennen sie in ihrer Sprache Boucan. Es sind insgemein fünf oder sechs beieinander, es sei denn, dass ein Jäger sich einem Pflanzer verbindet (wie da Brauch ist), sein Haus ein ganzes Jahr lang mit Fleisch zu versehen. Wenn einer sich so verbindet, erhält er im Jahr zwei- bis dreitausend Pfund Tabak, dazu noch einen Knecht ihm zu helfen, auch ist der Pflanzer gehalten, ihm Pulver, Blei und Hunde zu stellen; alles übrige aber, was der Jäger sonst vonnöten hat, muß er sich selbst beschaffen. Sie haben außerdem noch einiges Pläsier, denn wenn sie am Morgen ihre Arbeit verrichtet haben, gehen sie nachmittags Pferde schießen, von denen sie das Fett nehmen und schmelzen, um Lampenöl daraus zu machen, das sie an die Pflanzer für hundert Pfund Tabak den Topf verkaufen. Noch mehr Verdienst haben sie, wenn sie Hunde großziehen, denn die verkaufen sie zu ihrem eigenen Profit. Jeder Hund, der zum Jagen tüchtig ist, wird für sechs Stück von Achten verkauft, das ist der festgesetzte Preis bei
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