Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
gestanden, wie auch heutigen Tages noch, jedoch nicht ohne Unlust und Widerstreben. Im Jahre 1664 hat die Französisch-Westindische Kompagnie auch eine Kolonie auf Tortuga gepflanzt, worin die Pflanzer von Hispaniola mit einbegriffen waren. Diese wurden unwillig, dass man sie in einem Lande, das weder dem König noch der Kompagnie zugehört, in Untertänigkeit bringen wollte, so dass sie resolvierten, lieber nicht zu arbeiten, als unter der Botmäßigkeit der Kompagnie zu stehen. Diese, da sie hier keinen Vorteil, sondern vielmehr nur Schaden fand, ist bald wieder aus der Sache geschieden. Der Gouverneur von Tortuga, der bei den Pflanzern wohl gelitten war, vermeinte bessere Mittel zu finden, sie zu zwingen als die Kompagnie. Macht ihnen also weis, wie er ihnen allerhand Gut, so sie nötig haben, zu viel besserem Kaufpreis geben wolle als die fremden Nationen, die dahin kamen Handel zu treiben, und weil er ihnen sonderlich geneigt sei, wolle er auch bewerkstelligen, dass viermal des Jahres Schiffe kommen und ihre Waren nach Frankreich bringen sollten. Auf diese Weise würden sie, was ihnen vonnöten sei, von dort her besser beziehen und vorteilhafter, als wenn sie ihr Gut an fremde Nationen verkauften. Zugleich brachte er die Vornehmsten auf seine Seite, den übrigen ließ er das Nachsehen; sie konnten nicht eine Elle Leinwand bekommen als mit Bitten und Flehen, und auch ihre Waren konnten sie nicht wegsenden; denn alle Schiffe, die dahin kamen, waren an den Kommandeur empfohlen und er selbst war Teilhaber an ihnen. Zuerst wurde sein Gut eingeschifft und dann das seiner Freunde; war dann noch Platz übrig, so wurden Anweisungen ausgegeben an die, denen er es gewährte.
Unterdessen bekamen die Pflanzer im Jahr 1669 Zeitung, daß an der Küste von Hispaniola zwei holländische Schiffe angelangt seien. Sie beschlossen also mit diesen zu handeln und dem Gouverneur ein Schnippchen zu schlagen, was sie denn auch taten. Kurz danach kam auch der Gouverneur mit seinem Schiff, allein sie verboten ihm das Land und schossen sogar auf ihn, so daß er nicht zu landen wagte, sondern gezwungen ward, wieder nach Tortuga zurückzukehren und seine Schiffe nur halb beladen nach Frankreich zu senden. Inzwischen kamen die holländischen Schiffe zu den Pflanzern. Die Freunde und Offiziere des Gouverneurs wollten zwar diesen Handel verbieten, mußten aber schweigen, man hätte ihnen sonst die Hälse gebrochen. Mittlerweile haben die Pflanzer mit den Holländern gehandelt und beide Schiffe fuhren von dannen mit einer vollen Ladung von Häuten und Tabak und dem Versprechen wieder zu kommen, was sie ohne Zweifel getan hätten, wenn sie nicht durch den Krieg daran verhindert worden wären. Es waren aber die Pflanzer so sehr erbittert über den Gouverneur von Tortuga, daß sie sich versammelten, aus jedem Haus ein Mann, mit dem Vorhaben in Kanoes nach Tortuga überzufahren, die Insel einzunehmen und dem Gouverneur den Hals zu brechen. Sie vertrauten darauf, von den Holländern jederzeit Beistand und Notdurft zu erlangen, was, wie ich glaube, auch geschehen wäre, wenn der Krieg solches nicht verhindert hätte.
Während dieser Begebnisse hatte der Gouverneur von Tortuga einen nach Frankreich gesandt und um Assistenz angehalten, indem er dem König vorstellte, wie diese Meuterer leicht verursachen könnten, daß alle seine Inseln von ihm abfielen. Das alles wurde noch einmal so schlimm vorgebracht, als es in der Tat war. Er erhielt also vom König zwei Kriegsschiffe, die Insel Tortuga zu schützen. Diese Schiffe, daselbst angelangt, gingen auf die Rebellen los, um sie wieder unter Gehorsam zu zwingen. Jedoch anstatt Gehorsam zu bezeugen, flüchteten alle Mann beim Ansichtigwerden der Kriegsschiffe in den Busch, worauf ihre Häuser von dem Kriegsvolk in Brand gesteckt wurden. Der Gouverneur kam ihnen gleichwohl wieder mit Milde entgegen, und weil die Pflanzer sahen, daß sie ihrerseits von niemand Hilfe oder Beistand zu gewärtigen hatten, begaben sie sich auf gewisse Bedingungen wieder unter dessen Gehorsam. Dessen ungeachtet ließ der Gouverneur ein oder zwei ihrer vornehmsten Rädelsführer aufhängen, begnadigte aber alle die anderen und gab ihnen Freiheit mit allen Nationen nach ihrem Wohlgefallen zu handeln. Sie haben also ihre Plantagen wieder angebaut und erzeugen eine große Quantität guten Tabaks, so daß sie alle zusammen jährlich fünfundzwanzig- bis dreißigtausend Rollen Tabak liefern.
Die Pflanzer haben da wenig Sklaven, sie
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