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Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik

Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik

Titel: Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Olivier Exquemelin
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gesetzt und bestraft. Sobald aber der spanische Priester sieht, daß sie nichts mehr aufzubringen vermögen, zieht er ab, und, wenn er fort ist, begehen die Indianer ihren Gottesdienst wiederum auf ihre eigene Weise.
    Jeder unter ihnen hat seinen besonderen Götzen, dem er nach Belieben Dienst und Anbetung zollt. Wenn bei ihnen ein Kind geboren wird, so bringt man es schleunigst in ihren Tempel, wo sie täglich ihren Göttern Opfer darbringen. Dort wird Asche (durchgesiebt, damit kein Schmutz darein vermischt sei), kranzförmig ausgestreut und das Kind in die Mitte solchen Aschenkranzes gelegt. Es muß dann die ganze Nacht daselbst bleiben und der Tempel ist ringsum offen, so daß alle Tiere nach Gefallen hereinkommen können. Am nächsten kommen die Verwandten, um nach dem Kind zu sehen und festzustellen, ob auch etliche Tiere des Nachts dagewesen sind: war dies nicht der Fall, so lassen sie es noch weiter liegen, so lange, bis sie bemerken, daß Tiere bei dem Kinde gewesen sind. Das sehen sie an den Fußtapfen: und nun halten sie das Tier, das dort war – mag es eine Katze, ein Hund, ein Pferd oder auch ein Löwe sein, welcher Art Tier es auch immer sein mag – für den Schutzpatron des Kindes, der es behüten und ihm in allen Widrigkeiten zu Hilfe kommen muss; ihm zu Ehren zünden sie dann ein stark riechendes Harz an, das sie Copal nennen und das bei uns Gomma Caragna genannt wird. Wenn das Kind zu Jahren gekommen ist, teilen ihm die Eltern mit, wen es anbeten müsse, worauf es sich in den Tempel begibt und demjenigen Tiere opfert, das ihm seine Eltern genannt haben. Wenn ihnen irgendein Leid widerfahren ist, oder einer von anderen bestohlen worden ist, geht der Geschädigte gleicherweise hin und bringt seinem Schutzpatron Opfer, klagt ihm auch das Leid, das ihm geschehen, und bittet, daß solche Unbill gerächt werde. In der Tat kommt es des öfteren vor, daß zwei oder drei Tage nachher demjenigen, der die Unbill getan, von dem angebeteten Tier, der Hals gebrochen oder ein Biß oder Schlag zugefügt wird. Woraus man erkennen mag, wie diese unwissenden Menschen vom Teufel verführt und geplagt werden.
    Ein Spanier hat mir hierüber eine kleine Geschichte erzählt, die hier an der rechten Stelle stehen wird: dieser Mann war gekommen, etwelchen Handel mit den Indianern zu treiben, und, dieweil er einige Zeit dableiben musste, die Spanier aber so geartet sind, daß sie ohne Frauen nicht leben können, hatte er ein indianisch Weib zur Bedienung aufgenommen, die er aber recht eigentlich zu seiner Lust (wenn man solches Lust nennen mag) hielt. Es begegnete nun einmal, daß dieses Indianerweib in die Plantage gegangen war, um einiges Obst von dort zu holen, wobei sie so lange ausblieb, daß der Spanier ihr nachging, um zu sehen, wo sie denn bliebe. Als er zu der Plantage kam, sah er die Indianerin mit einem löwenähnlichen Tiere, das sein Gelüste an ihr stillte. Hierüber entsetzte sich der Spanier dermaßen, daß er sogleich wieder nach Hause lief. Als dann das Indianerweib nach Hause gekommen war, frug er sie, was sie mit dem Löwen, den er bei ihr gesehen, getan habe. Anfangs schien sie sich zu schämen und wollte die Sache ableugnen, aber schließlich gestand sie es zu, wobei sie sagte, der Löwe sei ihr Schutzpatron gewesen. Der Spanier jagte sie dann fort und wollte seitdem nicht mehr mit ihr zu tun haben.
    Diese Indianer wohnen auf allen im Golfe von Honduras gelegenen Inseln, wie auch an der Festlandküste von Yucatan, wo sie an verschiedenen schönen Orten ihre Wohnplätze haben. Sie halten untereinander nicht zusammen, so daß sie genötigt sind, ihre Felder tief im Waldesinnern anzulegen, ohne Kenntnis ihrer Mitgesellen. Sie haben auch bestimmte Heiratsgebräuche. Wenn nämlich jemand unter ihnen ein Mädchen zur Ehe begehrt, so hält er zunächst um sie bei ihrem Vater an. Er wird dann von dem Vater ausgefragt: ob er noch keine andere Frau zur Ehe genommen, ob er ein großes Feld habe, sich wohl auf die Fischerei verstünde, und viel dergleichen mehr. Wenn er dann alles nach dem Sinne des Vaters beantwortet hat, überreicht ihm dieser einen Pfeil samt Bogen. Nun geht er so gleich zu der Tochter und gibt dieser einen aus Blättern geflochtenen Kranz mit einigen Blumen darin; den muß sie aufsetzen und den anderen, den sie vorher getragen, wegwerfen (es ist nämlich Brauch der Mädchen, die noch Jungfrauen sind, einen geflochtenen Kranz auf dem Kopfe zu tragen). Worauf alle beide ihren Schutzpatronen

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