Piratenblut
nicht
wissen.«
»Was tue ich während der Zeit?«
»Ausruhen«, lachte van Groot. »Auf die Bärenhaut legen. Das ist doch eine der angenehmsten Beschäftigungen, die es gibt. — Aber kommen Sie doch hinüber ins Wohnzimmer. Ich habe nämlich noch zwei Herren da, die sicher begierig sein werden, den Kommodore der ersten preußischen Handelsflotte kennenzulernen.«
Michel gelüstete es gar nicht nach solcher Bekanntschaft. Er sorgte sich, daß man ihn
durchschauen könnte. Aber jetzt und hier war es nicht mehr gut möglich, die Aufforderung
abzulehnen. So folgte er dem Pflanzer in das angrenzende Zimmer.
Die beiden Herren erhoben sich.
Es waren Laarsen und Hendrick.
Van Groot machte sie miteinander bekannt.
»Setzen wir uns, meine Herren, ich werde Katje sagen, daß sie uns zu essen und zu trinken bringen soll.«
Er griff zur Tischglocke. Auf ihren Klang hin erschien ein uraltes, zahnloses Malaienweib. »Hol Katje«, meinte van Groot. »Die Herren möchten sie kennenlernen.«
Michel und die beiden Kapitäne musterten einander geraume Zeit.
»Sie sind mit drei Schiffen hier?« fragte Laarsen.
Michel bestätigte dies.
»Sie verzeihen die Indiskretion«, schaltete sich Hendrick ein, »wir konnten Ihre Schiffe draußen liegen sehen. Sie sind von eigenartigem und vor allem ganz verschiedenem Bau.«
»Sie wissen wohl, daß Preußen keine eigenen Reedereien hat. Der König kaufte die Schiffe von drei verschiedenen Ländern.«
»Ach so«, nickten die Kapitäne. Sie wußten keineswegs, daß Preußen keine Reedereien hatte. Aber ihr gesunder Menschenverstand sagte ihnen, daß ein König mit ebenso gesundem Menschenverstand seine Schiffe von Reedern in Hamburg oder Lübeck gekauft hätte. Nun, es ging sie ja nichts an. Van Groot mischte sich ins Gespräch.
»Ja, die Herren Hendrick und Laarsen, Kapitäne der Reederei meines Bruders, haben großes Pech gehabt. Statt mit vier Schiffen sind sie nur mit zweien angekommen.«
»Sie haben die anderen beiden im Sturm verloren?« fragte Michel bedauernd.
»Man kann auch Sturm dazu sagen«, antwortete Laarsen grimmig. »Es war ein Sturm, den der Pirat Dieuxdonné entfesselt hat, mit seinen Kanonen nämlich. Der Teufel soll ihn holen, den Gottgegebenen!«
»Dieuxdonné? Ist er ein berühmter Pirat? Ich habe noch nie von seinem Dasein gehört«, meinte Michel.
»Dann seien Sie froh und danken Sie Gott«, entgeg-nefe Laarsen. »Der Schuft war frech genug, vier Schiffe anzugreifen und zwei davon zu versenken. Ich glaube, unsere Kugeln haben noch nicht einmal einen Riß in seine Planken gerissen.«
Michels Interesse erwachte. Sollte ihm der Zufall wieder einmal dazu verhelfen, mit seinen
Leuten auf Piratenjagd zu gehen?
»In welchen Breiten treibt sich Dieuxdonné herum?«
»Wenn wir das wüßten, hätten wir ihm längst die Flotte auf den Hals gehetzt. Uns griff er nicht weit von hier an, zwischen Java und den Weihnachts-inseln.« »Er muß doch zu kriegen sein«, sagte Michel.
»Versuchen Sie es einmal. Das schlimmste ist, daß er vielleicht morgen schon Schiffe unserer Reederei im Atlantik versenkt.«
»Das ist nicht gut möglich. Er braucht immerhin einige Wochen, bis er in den Atlantik kommt.« »Pah, das wissen wir besser. Er fährt doppelt und dreifach so schnell wie ein normales Schiff. Vor einem Jahr hat er einen Frachter Benjamin van Groots am zehnten Januar bei Madagaskar zu Neptun geschickt und bereits vierzehn Tage später zwei weitere Frachter im Englischen Kanal.« »Unmöglich! — — Das heißt, unmöglich, wenn es nur einer ist.« Die beiden Kapitäne und van Groot starrten ihn an.
»Sie meinen«, stotterte Laarsen, »daß Dieuxdonné zwei Schiffe hat?«
»Wenn Ihre Daten stimmen, dann kann man das mit Gewißheit annehmen. Auch das modernste Schiff kann nicht in vierzehn Tagen von Madagaskar in den Kanal segeln.«
»Donnerwetter«, meinte der Pflanzer. »Ihr seid mir vielleicht schöne Seeleute! Was Herr Baum sagt, leuchtet sogar mir ein. Bruder Benjamin scheint ja da eine ganze Menge Freunde zu haben.« Er dachte nach. Plötzlich blickte er auf. »Teufel, ich habe eine großartige Idee. Sie fragten mich doch vorhin, Herr Baum, wie Sie sich bis zur Lieferung der Muskatnüsse die Zeit vertreiben könnten. Ich weiß es jetzt. Segeln Sie ein bißchen kreuz und quer im Indischen Ozean herum und suchen Sie Dieuxdonné. Sie wird er nicht angreifen. Sie sind neutral. Aber vielleicht können Sie Verbindung mit ihm aufnehmen, vielleicht können Sie uns einige
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