Piratenblut
Capitain?«
»Dann jagen wir Walfische, Alter; aber bis dahin hat es noch gute Weile.«
Es klopfte.
»Entrez«, rief der Kapitän.
In der Tür erschien ein junger Bursche.
»Gustave winkt vom Vulkan, mon Capitain. Sie kommen.«
In den Augen des jungen Kapitäns blitzte es.
»En avant, mes amis, es ist soweit.«
Er griff hinter sich, hielt dann einen Tonkrug in der Hand, griff hinein, brachte die Hand, die
voller Ruß war, wieder heraus, fuhr sich damit ein paarmal übers Gesicht, nahm aus einer
Schublade eine rote Augenklappe und setzte sie auf.
»Nun, Freunde, erkennt ihr mich noch?«
Der Junge und der Alte lachten.
»Non, mon Capitain«, sagte Pierre. »Ihr seht aus, wie Dieuxdonné immer aussieht.«
Sie gingen nach oben.
»Hallo, Ausguck, kannst du schon etwas erkennen?«
»Non, mon Capitain.«
»Bien, komm herunter, damit dir die Zeit da oben nicht lang wird! Pierre, nimm Ostkurs! Wir verschwinden hinter dem Vulkan.«
Dieuxdonné sprang auf die Kommandobrücke, nahm einen Spiegel zur Hand, suchte die Sonnenstrahlen ein-zufangen und blinkte dann hinüber zu seinem Mann auf dem Vulkan.
49
Sieben Schiffe näherten sich. Sechs gehörten dem Reeder. Das siebente war Eigentum Léon de Mussets.
Noch bevor sie in Sichtweite der Insel kamen, verlangsamten die Holländer ihre Fahrt. Léon führte im Topp ebenfalls die Flagge der van Grootschen Reederei. Er hatte sich erboten, als Lockschiff zu fahren. Er war die Beute, mit der man den Piraten ködern wollte.
Niemand wußte eigentlich so recht, woher man den Glauben nahm, daß Dieuxdonné sich bei den Karimanen-Inseln aufhalte. Irgendwelche unbestimmbaren Gerüchte hatten sich jedoch zur Gewißheit verdichtet. Irgendwo würde man ihn bestimmt finden; denn sieben Flaggen van Groots so dicht beieinander mußten einen besonders starken Reiz auf den Piraten ausüben. Van Groot stand an Bord seines bestausgerüsteten Schiffes. Schweiß perlte auf seiner Stirn. Er konnte es nicht erwarten, den gehaßten Feind in die Ewigkeit zu schicken. Zwei Offiziere und der Kapitän standen neben ihm.
»Ich staune über den Mut des Franzosen«, sagte der Kapitän. »Mir würde die Lust vergehen, mein eigenes Schiff dem Seeräuber als Köder hinzuwerfen.«
Immer weiter zog Leons Schiff seine Bahn. Ganz klein war es schon. Dann tauchte der Rumpf unter, und nur noch die Segel waren zu sehen.
»Ha«, rief der Kapitän, »hört, Mynheer van Groot! — Hört genau hin! Kanonendonner! — Seht — seht Ihr das Blitzen hinterm Horizont?«
Van Groot zitterte. Jetzt war es soweit. Jetzt konnte der Traum seines Lebens in Erfüllung gehen. »Gebt das Zeichen zum Angriff, Kapitän.«
Grüne Leuchtraketen stiegen von der Kommandobrücke auf. Aus sechs verschiedenen Richtungen schössen sechs Schiffe sternförmig auf den Schlachtort zu. Der Donner der Kanonen und das Blitzen der Mündungsfeuer wies ihnen den Weg.
Doch bevor sie noch die kämpfenden Schiffe sichteten, verstummte der Lärm. Als sie näher kamen, bemerkten ,sie nur ein Schiff. Es war dasjenige ihres Verbündeten Léon.
Sie hatten einen etwa zwei Seemeilen im Durchmesser messenden Kreis um das einsame Schiff
gelegt.
Léon ließ hinüberwinken:
»Hatte Feindberührung. Seeschlacht war im Gange. Plötzlich war der Pirat verschwunden.« Auf den anderen Schiffen schüttelte man die Köpfe. War Dieuxdonné ein zweiter Fliegender Holländer?
Das Geschwader lag dicht vor dem Vulkan. Niemand achtete auf den beweglichen Punkt neben dem Kraterrand.
Erst als erneut Kanonendonner aufklang, flogen aller Blicke nach Osten, wo das äußerste Schiff des Halbkreises stand.
Sie sahen, wie die Fetzen flogen, wie Segelmasten niederstürzten und die van Grootsche Flagge auf die Planken sank.
Wie einen Schatten nahmen sie einen dunklen Schiffsrumpf wahr, der aus allen Rohren feuernd an dem unglücklichen Flankenschiff vorbeisegelte.
Van Groot gab sofort Befehl, sich auf diesen Gegner zu stürzen.
Der Pirat beschrieb vor der Insel eine scharfe Wendung um 180° und stürzte sich auf das nächste Schiff. Wiederspien seine Kanonen Tod und Verderben, als er Breitseite an Breitseite vorüberfuhr.
Das nächste Schiff, wenn der Pirat so weiter gemacht hätte, wäre das des Reeders gewesen. Aber Dieuxdonné mußte sich mit den zweien begnügen, die als weithin sichtbare Brandfackeln auf dem Meere standen. Die Hauptstreitmacht des Reeders war dem Seeräuber bedenklich nahe gerückt. Dieuxdonné stand auf der Kommandobrücke und schrie durch das
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